BFH: Abkommensrechtliche Betriebsstätte eines Taxiunternehmens in den Räumen einer Taxifunkzentrale
Der BFH hat entschieden, dass für die Beurteilung des Vorliegens einer Betriebsstätte die dauerhafte Überlassung personenbeschränkter Nutzungsstrukturen (hier: persönlicher Standcontainer) ein Indiz für das Bestehen einer dauerhaften Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung (hier: Büroraum) sein kann (Az. I R 47/21).
Im Streitfall war fraglich, ob eine abkommensrechtliche Betriebsstätte eines Taxiunternehmens in den Räumen einer Taxifunkzentrale in der Schweiz vorliegt. Der Taxiunternehmer (Kläger) hatte seinen Wohnsitz in Deutschland und war somit in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig. Seine Taxitätigkeit übte er jedoch in der Schweiz aus, wofür er einen in der Schweiz ausgestellten Führerschein, eine schweizerische Taxilizenz sowie drei schweizerische Taxihalterbewilligungen besaß. Sofern er dafür eine abkommensrechtliche Betriebsstätte in der Schweiz unterhält, wären seine Betriebsstätteneinkünfte in Deutschland unter Progressionsvorbehalt freizustellen. In der Schweiz wurde der Kläger mit seinen Einkünften aus dem Taxiunternehmen zur kantonalen Einkommensteuer sowie zur direkten Bundessteuer herangezogen.
Das Taxiunternehmen war im Handelsregister eines schweizerischen Kantons (X) eingetragen und am Geschäftssitz ebenfalls im Kanton X angemeldet. Der Taxiunternehmer war Mitglied einer Taxizentrale, die ein Zusammenschluss selbständiger Taxihalter zu einer Funkzentrale war. Über diese wurden die Fahraufträge abgewickelt.
Der Kläger hatte jederzeitigen Zugang zu den Räumlichkeiten der Taxizentrale. Sie bestanden unter anderem aus einem Büroraum sowie einem gesonderten Raum für die von der Taxizentrale beschäftigten Leitstellen-Mitarbeiter. Zur Ausstattung des Büroraums gehörten drei Schreibtische (jeweils mit PC, Bildschirmen und Telefon), von denen einer im Wesentlichen vom Kläger genutzt wurde. Von dort aus erledigte der Taxiunternehmer ein- bis zweimal pro Woche vor allem administrative Tätigkeiten (Buchführung, schweizerische Steuererklärungen, Bezahlung von Rechnungen, Telefonate sowie sonstige Korrespondenz). Ihm stand zudem ein mit seinem (Firmen-)Namen beschrifteter Standcontainer zur Verfügung, in dem er die für die Buchhaltung und die Überwachung der Fahr- und Ruhezeiten erforderlichen Unterlagen aufbewahrte (zum Beispiel Kundenkarten, Kreditabrechnungen der Großkunden, täglich zu führende Tachoscheiben und Kontrollkarten). Die Taxizentrale unterhielt zudem ein Postfach in der nahegelegenen Postfiliale, in das der weit überwiegende Teil der Post für das Taxiunternehmen des Klägers einging. Neben dem Kläger hatten noch zwei weitere Taxiunternehmer ihre Geschäftsadresse im Büroraum der Taxizentrale und nutzten deren Räumlichkeiten mit jeweils eigenem Standcontainer und Postablagefach.
Der BFH kommt zu dem Ergebnis, dass die Vorinstanz die Einkünfte des Klägers aus seinem Taxiunternehmen zu Recht in voller Höhe von der Besteuerung in Deutschland ausgenommen und lediglich im Rahmen des Progressionsvorbehalts berücksichtigt hat, da das Taxiunternehmen seine Tätigkeit durch eine schweizerische Betriebsstätte im Sinne des Art. 5 DBA-Schweiz ausgeübt hat. Der Büroraum der Taxizentrale stelle eine feste Geschäftseinrichtung dar, über die der Kläger eine ausreichende Verfügungsmacht hatte. Diese könne abgeleitet werden aus der Mitgliedschaft des Klägers in der Taxizentrale, die ihm hinsichtlich des Büroraums einen rechtlich selbständigen, jederzeitigen Mitnutzungsanspruch zu eigenen betrieblichen Handlungen einräumte. Ferner könne berücksichtigt werden, dass sich die Dauerhaftigkeit der Verfügungsmacht in der personenbezogenen Nutzungsstruktur eines ausschließlich dem Kläger überlassenen und entsprechend beschrifteten Standcontainers, für den nur er den Schlüssel besaß, manifestiert hatte.
Die in der Taxizentrale ausgeübten (geschäftsleitende sowie unternehmerisch administrative) Tätigkeiten könnten auch nicht als bloße Hilfstätigkeiten im Sinne des Art. 5 Abs. 3 Buchst. e DBA-Schweiz angesehen werden.
Neben der Taxizentrale in der Schweiz erkannten die Gerichte keine weitere Betriebsstätte in Deutschland, so dass die gewerblichen Gewinne in vollem Umfang der schweizerischen Betriebsstätte zuzuordnen waren.
Fundstelle: BFH-Urteil I R 47/21 v. 18.12.2024
News-Kategorie: Rechtsprechung
Veröffentlichungsdatum: 09.05.2025
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