Am 2. April 2025 kündigte US-Präsident Donald Trump umfassende Importzölle an. Diese sehen einen allgemeinen Zollsatz von 10 Prozent auf alle Importe sowie spezifische Zölle in Höhe von 20 Prozent auf Waren aus der Europäischen Union vor. Zwar wurden letztere inzwischen für einen Zeitraum von 90 Tagen weitgehend ausgesetzt, dennoch bleibt die Planungssicherheit für Unternehmen und Finanzinstitute stark eingeschränkt.
Die Ankündigung sorgte für erhebliche Unruhe an den globalen Finanzmärkten. Der S&P 500 verzeichnete zeitweise einen Verlust von rund 5 Billionen US-Dollar an Marktwert. Teile dieser Verluste konnten nach der Mitteilung über die temporäre Aussetzung der Zölle jedoch wieder aufgeholt werden.
Angesichts der Entwicklungen warnen Ökonom:innen zunehmend vor einer drohenden Rezession. Goldman Sachs erhöhte die Wahrscheinlichkeit eines wirtschaftlichen Abschwungs in den USA auf 45 Prozent und rechnet für das laufende Jahr mit einem Wachstum von unter 1 Prozent.
Auswirkungen auf den Bankensektor
Die derzeitige Lage stellt den Bankensektor vor Schwierigkeiten - insbesondere, weil die langfristige Strategie der US-Regierung bislang unklar ist. Trotz der vorübergehenden Aussetzung der Zölle ist nicht absehbar, wie sich die wirtschafts- und handelspolitischen Rahmenbedingungen in den kommenden Wochen und Monaten entwickeln werden.
Dr. Matthias Mayer
Partner, Financial Services, FS Chief Solution Officer und Chief Markets Officer
KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft
Herausforderungen:
- Volatilität an den Kapitalmärkten und steigende Marktrisiken: Die angekündigten Strafzölle haben zu einer spürbaren Verunsicherung an den Finanzmärkten geführt. Die Folge: starke Kursschwankungen und zunehmende Marktrisiken, die das Risikomanagement der Banken belasten und potenzielle Bewertungsverluste zur Folge haben können.
- Zinsreaktion: Aufgrund der wirtschaftlichen Unsicherheiten ist mit einem schwankenden Zinsniveau zu rechnen. Denkbar sind auch geldpolitische Reaktionen der Notenbanken auf Inflationsentwicklungen und konjunkturelle Abschwächungen.
- Nachlassende Kreditnachfrage: Die wirtschaftliche Unsicherheit und eine sinkende Investitionsbereitschaft bremsen die Kreditvergabe - insbesondere im Firmenkundengeschäft - spürbar aus.
- Steigendes Kreditrisiko: Die Gefahr von Kreditausfällen wächst, vor allem bei exportorientierten Unternehmen und im Segment der gewerblichen Immobilienfinanzierung.
- Rückschlag im Wertpapier- und Börsengeschäft: Ein anhaltender Rückgang an den Börsen könnte das Handelsgeschäft stark belasten - mit besonders negativen Folgen für Neobroker und kleinere Banken.
- Technologische Abhängigkeiten: Die enge Verflechtung mit US-Technologieanbietern birgt geopolitische Risiken - insbesondere im Hinblick auf IT-Infrastrukturen und Datensicherheit.
Chancen:
- Nachfrage nach Absicherungsinstrumenten: Unternehmen, die von den Zöllen betroffen sind, suchen verstärkt nach Möglichkeiten zur Absicherung gegen Währungs- und Preisrisiken. Banken können in diesem Umfeld durch den gezielten Vertrieb von Derivaten und anderen Hedging-Produkten zusätzliche Erlöse erzielen.
- Deregulierungsmaßnahmen: Die Trump-Administration plant eine umfassende Lockerung der Finanzmarktregulierung, etwa durch die Reduzierung von Kapitalanforderungen und Aufsichtspflichten. Das eröffnet Banken zwar neue Handlungsspielräume, bringt jedoch zugleich Herausforderungen für stark regulierte Geschäftsmodelle mit sich.
- Fusionen und Übernahmen (M&A): Eine Lockerung regulatorischer Vorgaben könnte den Weg für größere Zusammenschlüsse im Bankensektor ebnen. Daraus könnten Skaleneffekte und gestärkte Marktpositionen resultieren.
- Krypto- und FinTech-Integration: Die geplante Schaffung klarer regulatorischer Rahmenbedingungen für Kryptowährungen und FinTechs eröffnet Banken die Möglichkeit, sich in diesen dynamischen Märkten zu positionieren und innovative Angebote zu entwickeln.
Was Unternehmen jetzt tun können
In einem derart volatilen Umfeld sind entschlossenes Handeln und strategische Vorbereitung gefragt. Unternehmen sollten:
- Szenarien planen: Konkrete Reaktionspläne für Zins-, Konjunktur- und Börsenschocks entwickeln und regelmäßig anpassen.
- Kreditportfolios durchleuchten: Frühwarnsysteme für gefährdete Branchen und Auslandsmärkte mit erhöhter Zollexposition aktivieren.
- Technologische Risiken bewerten: Abhängigkeiten in Cloud- und Softwarearchitekturen identifizieren und Alternativen prüfen.
- On-Premise-Lösungen stärken: Strategien zur lokalen Datenverarbeitung entwickeln - mit Fokus auf Resilienz und Ausfallsicherheit statt rein auf Effizienz.
Wie KPMG unterstützen kann
KPMG begleitet Unternehmen bei der Anpassung an die neuen Rahmenbedingungen:
- Analyse & Bewertung: Durchführung fundierter Risikoanalysen, etwa zu Kreditportfolios, Auslandsengagements und technologischen Abhängigkeiten.
- Reshoring & Nearshoring: Strategische Beratung bei der Reorganisation globaler Betriebsmodelle - von Rückverlagerungen (Reshoring) bis hin zu regionalen Anpassungsstrategien (Nearshoring)