DBA-Deutschland: Anwendung der Grenzgängerregelung bei mehreren Arbeitsverhältnissen

Tax News 4/2024

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Bergsteigergruppe bei Aufstieg

Mit 31.8.2023 erfolgte eine Anpassung der Grenzgängerregelung im Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Deutschland (siehe Tax News Beitrag 04/2023 Neue Grenzgängerregelung im Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Deutschland). Die Änderung ist mit 1.1.2024 in Kraft getreten. Im Rahmen des „Express Antwort Service“ (EAS) hat das BMF nunmehr seine Rechtsansicht zur Anwendung der Grenzgängerregelung bei gleichzeitiger Tätigkeit für mehrere Arbeitgeber mitgeteilt.  

Im EAS 3450 vom 22.4.2024 befasste sich das BMF mit der Frage, ob eine Grenzgängereigenschaft gegeben ist, wenn eine Person mehrere aufrechte Arbeitsverhältnisse hat. Art. 15 Abs. 6 DBA-Deutschland regelt, dass in einem Vertragsstaat ansässige Personen, die Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit beziehen, nur in diesem Staat besteuert werden dürfen, wenn ihr Hauptwohnsitz in diesem Vertragsstaat nahe der Grenze gelegen ist und sie ihre unselbständige Tätigkeit üblicherweise in der Nähe der Grenze ausübt. Es kann davon ausgegangen werden, dass die Tätigkeit „üblicherweise“ in der Nähe der Grenze ausgeübt wird, wenn die Person während eines Kalenderjahres höchstens an 45 Arbeitstagen bzw. an 20 Prozent der tatsächlichen Arbeitstage ganz oder teilweise außerhalb der Grenzzone tätig wird.

Sofern mehrere nicht-selbständige Arbeitsverhältnisse vorliegen, stellt sich die Frage, ob die tageweise Ermittlung je Arbeitsverhältnis isoliert oder gesamt zu erfolgen hat. Im Erlass des BMF vom 22.12.2023 zur Konsultationsvereinbarung zu Zweifelsfragen hinsichtlich der Auslegung der Grenzgängerregelung ist diesbezüglich festgehalten, dass jedes Arbeitsverhältnis isoliert zu betrachten ist. Die isolierte Betrachtung der Arbeitsverhältnisse hat nach der in EAS 3450 vom BMF vertretenen Auffassung dabei auch unabhängig davon zu erfolgen, ob eine Person in einem Kalenderjahr zeitlich nacheinander mehrere Arbeitsverhältnisse eingegangen ist oder ob die Arbeitsverhältnisse zeitlich gleichzeitig bestehen (z. B. Vorliegen mehrerer Teilzeitbeschäftigungen). Sofern eines der Arbeitsverhältnisse nach den obenstehenden Kriterien außerhalb der Grenzzone ausgeübt wird, ist die Grenzgängerregelung für die durch dieses Arbeitsverhältnis bezogenen Einkünfte nicht anwendbar. Die Tatsache, dass die Ausübung eines Arbeitsverhältnisses nicht in den Anwendungsbereich der Grenzgängerregelung fällt, ist jedoch für die Beurteilung der anderen Arbeitsverhältnisse unmaßgeblich. Sofern die weiteren Arbeitsverhältnisse – jeweils isoliert betrachtet – die Kriterien der Grenzgängerregelung erfüllen, kann diese weiterhin in Anspruch genommen werden und somit im Ergebnis eine ausschließliche Besteuerung der aus dem jeweiligen Arbeitsverhältnis resultierenden Vergütungen im Ansässigkeitsstaat des Mitarbeiters erfolgen.

Ergebnis

Für Zwecke der Anwendbarkeit der Grenzgängerregelung ist bei Vorliegen von mehreren Arbeitsverhältnissen jedes isoliert für sich zu betrachten und daraufhin zu überprüfen, ob dieses die Voraussetzungen der Grenzgängerregelung erfüllt. Wir empfehlen Arbeitnehmern und Arbeitgebern eine detaillierte Prüfung, um eine möglicherweise zu erfolgende Besteuerung im Tätigkeitsstaat festzustellen und gegebenenfalls entsprechend durchzuführen.