Neue Grenzgängerregelung im Doppelbesteuerungsabkommen Österreich-Deutschland

Tax Personnel News 04/2023

Tax Personnel News 04/2023

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Am 21. August 2023 wurde zwischen Österreich und Deutschland ein Änderungsprotokoll zum Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart. Darin enthalten ist auch eine Anpassung der Grenzgängerregelung. Zukünftig erfüllen Personen bereits dann die Grenzgängereigenschaft, wenn sie in der Grenzzone arbeiten und dort ihren Hauptwohnsitz haben. Ein tägliches Pendeln über die Grenze ist nicht mehr erforderlich. Damit soll für die Beschäftigten in der Grenzzone mehr Flexibilität, insbesondere i. Z. m. Homeofficetätigkeiten, geschaffen werden. Neu ist auch, dass die Grenzgängerregelung auf Beschäftigte im öffentlichen Dienst ausgeweitet wurde. Die Neuregelung soll mit 01. Jänner 2024 in Kraft treten.

Das österreichische Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland (im Folgenden: DBA) enthält eine Sonderregelung für die Arbeitnehmereinkünfte von Grenzgängern:

Als Grenzgänger gilt demnach eine Person, die

  • in einem Staat in der Nähe der Grenze ihren Wohnsitz hat und
  • im anderen Staat in der Nähe der Grenze ihren Arbeitsort hat und
  • täglich von ihrem Arbeitsort an ihren Wohnsitz zurückkehrt

Der Status als Grenzgänger hat zur Folge, dass die Einkünfte aus unselbständiger Arbeit trotz Erbringung der Tätigkeit im anderen Staat zur Gänze im Wohnsitzstaat (= Ansässigkeitsstaat) besteuert werden. Grund dafür war historisch die durch die grenznahe Tätigkeit und das tägliche Heimpendeln im Vergleich zu anderen grenzüberschreitend tätigen Arbeitnehmern größere Nahebeziehung des Grenzgängers zu seinem Wohnsitzsstaat.

Das Hauptkriterium für den Grenzgängerstatus – das „arbeitstägliche Pendeln über die Grenze“ – wird in Zeiten von Homeoffice allerdings zum Stolperstein für den Grenzgängerstatus: Nach einer in einer Konsultationsvereinbarung zwischen den beiden Staaten abgestimmten Regelung bleibt die Grenzgängereigenschaft nämlich nur dann bestehen, wenn an höchstens 45 Arbeitstagen pro Kalenderjahr bzw. 20 % der tatsächlichen Arbeitstage kein Grenzübertritt erfolgt (und somit sog. „Nichtrückkehrtage“ vorliegen).

Kein Grenzübertritt findet naturgemäß auch dann statt, wenn der Arbeitnehmer vom Homeoffice aus tätig wird. Dies führt zu dem grotesken Ergebnis, dass bei einer Homeofficetätigkeit an mehr als 45 Arbeitstagen im Kalenderjahr (bzw. an mehr als 20 % der tatsächlichen Arbeitstage) die Grenzgängerbestimmung nicht zur Anwendung kommen kann, obwohl die Bindung an den Ansässigkeitsstaat dann ja noch enger ist als bei einem arbeitstäglich pendelnden Grenzgänger.

In der Folge muss nach der allgemeinem Regelung des Art. 15 DBA eine Aufteilung der Besteuerungsrechte zwischen dem Arbeitgeberstaat und dem Ansässigkeitsstaat erfolgen (sog. „Steuersplit“).

Um dieser für viele Homeoffice-affinen Grenzgänger unerfreulichen Situation Rechnung zu tragen, wurde zwischen Deutschland und Österreich am 21. August 2023 eine Neufassung des Art. 15 Abs. 6 DBA vereinbart. Arbeitstage im Homeoffice sollen danach keine schädlichen Nichtrückkehrtage mehr sein. Nach dem Wortlaut der neuen Bestimmung gelten als Grenzgänger Personen, die

  • in der Nähe der Grenze ihren Hauptwohnsitz haben und
  • ihre unselbständige Tätigkeit üblicherweise in der Nähe der Grenze ausüben.

Nach Art. IX des Protokolls zum DBA gelten als Orte „in der Nähe der Grenze“ weiterhin Gemeinden, deren Gebiet ganz oder teilweise in einer Zone von je 30 Kilometern beiderseits der Grenze (Grenzzone) liegt. Die Tätigkeit wird „üblicherweise“ in der Grenzzone ausgeübt, wenn die Person während eines Kalenderjahres an höchstens 45 Arbeitstagen (bzw. an 20 % der tatsächlichen Arbeitstage) ganz oder teilweise außerhalb der Grenzzone tätig wird.

Da das Homeoffice von Grenzgängern definitionsgemäß in der Grenzzone liegt, führt die Neufassung dazu, dass Homeoffice-Tage in Zukunft nicht mehr als schädliche Nichtrückkehrtage gelten. Diese Änderung sollte zu einer wesentlichen Vereinfachung und zu mehr Flexibilität für Grenzgänger und deren Arbeitgeber im Zusammenhang Homeoffice führen.

Eine entsprechende Regelung wurde zudem auch in Art. 19 aufgenommen, und so der Anwendungsbereich der Grenzgängerregelung auch auf Arbeitnehmer im Öffentlichen Dienst ausgedehnt.

Die neuen Regelungen sollen am 1. Januar 2024 in Kraft treten.

Zu beachten ist, dass die dargestellten Grenzgängerregelungen nur für steuerliche Zwecke, aber nicht für die Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften in der Sozialversicherung gelten. Zu den aktuellen Entwicklungen im europäischen Sozialversicherungsrecht im Zusammenhang mit grenzüberschreitender Telearbeit verweisen wir auf unsere Tax Personnel News 03/2023.

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