Das Ziel der EU-Richtlinie zur Lohntransparenz ist es, das geschlechtsspezifische Lohngefälle in der EU abzubauen. Die Richtlinie ist bereits in Kraft und betrifft Arbeitgeber im öffentlichen und im privatwirtschaftlichen Bereich. Die EU-Mitgliedstaaten haben 36 Monate Zeit für die Umsetzung in nationales Recht.

EU-weit liegt das Lohngefälle zwischen den Geschlechtern im Durchschnitt bei 13 Prozent. In Österreich ist der „Gender Pay Gap“ wesentlich höher. Hier verdienen Frauen im Schnitt um 19 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen.

Die EU-Richtlinie zur Lohntransparenz wird nun weitgehende Änderungen für Arbeitgeber mit sich bringen. Bei Nichteinhaltung sieht sie abschreckende Sanktionen, Nichtberücksichtigung bei öffentlichen Ausschreibungen und Schadenersatz für Beschäftigte vor.

Mit diesen konkreten Auswirkungen können Arbeitgeber rechnen:

Entgelttransparenz vor der Beschäftigung

  • Arbeitgeber müssen Arbeitssuchende über das Einstiegsgehalt oder die Entgeltspanne der ausgeschriebenen Position informieren. Beides muss auf objektiven und geschlechtsneutralen Kriterien beruhen.
  • Arbeitgeber dürfen Bewerber:innen nicht mehr nach dem aktuellen Gehalt/Lohn bzw. ihrer Entgeltentwicklung in früheren Dienstverhältnissen fragen.

Auskunftsrecht im aufrechten Dienstverhältnis

  • Arbeitnehmer:innen haben das Recht auf Auskunft über die durchschnittlichen Entgelthöhen für die Gruppe von Arbeitnehmer:innen, die gleiche oder gleichwertige Arbeit wie sie verrichten. Diese muss nach Geschlechtern aufgeschlüsselt sein.
  • Arbeitgeber müssen Kriterien offenlegen, die zur Bestimmung des Entgelts und der Laufbahnentwicklung herangezogen werden. Die Kriterien müssen objektiv und geschlechtsneutral sein.
  • Arbeitgeber müssen alle Arbeitnehmer:innen jährlich über ihr Recht auf Auskunft informieren.

Berichtspflicht der Organisation

  • Arbeitgeber mit mehr als 250 Beschäftigten müssen jährlich Bericht über das Ausmaß des geschlechtsspezifischen Lohngefälles ablegen.
  • Für kleinere Organisationen (zunächst ab 150 Beschäftigten) gilt die Berichtspflicht alle drei Jahre.
  • Bei Feststellung eines Lohngefälles von mehr als 5 Prozent, das nicht durch objektive, geschlechtsneutrale Kriterien begründet werden kann, müssen die Organisationen Maßnahmen ergreifen. Dies passiert in Form einer gemeinsamen Entgeltbewertung in Zusammenarbeit mit Arbeitnehmer:innenvertretungen.

Die Richtlinie sieht bei Verstößen von Arbeitgebern unter anderem Schadenersatz für Arbeitnehmer:innen vor. Dazu gehört die vollständige Nachzahlung entgangener Entgelte und damit verbundener Boni und Sachleistungen. Die Beweislast bei Verstößen gegen die vorgeschriebene Lohntransparenz liegt bei den Arbeitgebern.

Die mit der Richtlinie vorgegebenen Pflichten für die Arbeitgeber werden außerdem als Teil der geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Verpflichtungen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge einzuhalten sein.

Ausblick

Arbeitgeber werden sich daher nicht nur die Frage stellen müssen, ob ein Gender Pay Gap vorliegt, sondern inwiefern Maßnahmen gesetzt werden, um diesen zu verhindern.

Die EU-Richtlinie zur Lohntransparenz kann zum Anlass genommen werden, bisherige HR-Prozesse zu hinterfragen und neu zu gestalten. Arbeitgeber werden sich überlegen müssen, ob ihre aktuellen Vergütungssysteme die Anforderungen, die sich durch Lohntransparenz ergeben, abbilden können.

Arbeitgeber, die um das Ausmaß des geschlechterspezifischen Lohngefälles wissen und bereits Maßnahmen zur Behebung des Gender Pay Gap gesetzt haben, sind doppelt im Vorteil: Sie haben nicht nur einen Vorsprung bei der Umsetzung der Verpflichtungen aus der EU-Richtlinie zur Lohntransparenz, sondern sie werden auch als attraktiverer Arbeitgeber wahrgenommen.

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