VwGH zur Forschungsprämie: Kürzung der Forschungsprämie um „steuerfreie“ öffentliche Zuwendungen?
Tax News 01-02/2023
Bilanz- und Konzernsteuerrecht
Finanzamt und Bundesfinanzgericht (BFG) hoben bei einer Gesellschaft, welche vorrangig Forschungs- und Entwicklungsarbeiten erbringt und an der das Land Steiermark als Hauptgesellschafterin beteiligt ist, abermals hervor, dass die Bemessungsgrundlage der Forschungsprämie um steuerfreie öffentliche Zuwendungen zu kürzen sei. Die Zuschussgewährung begründe sich demnach nicht auf gesellschaftsrechtliche, sondern auf betriebliche bzw. gesellschaftspolitische Erwägungen. Da jedoch das BFG mit Hinblick auf die anzuwendende Steuerbefreiungstatbestands der öffentlichen Zuwendung keinerlei Feststellungen traf, hob der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) das angefochtene BFG-Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts auf. Anzumerken ist, dass die detaillierten Ausführungen des Höchstgerichts zur Berücksichtigung von steuerfreien öffentlichen Subventionen bei der Bemessungsgrundlage der Forschungsprämie, durchaus Rückschlüsse für die Beratungspraxis zulassen (VwGH 17.11.2022, Ra 2020/15/0025).
1. Ausgangssachverhalt
Die Revisionswerberin, eine im Jahr 1986 gegründete GmbH, erbringt Forschungs- und Entwicklungsarbeiten jeglicher Art sowie damit zusammenhängende Dienstleistungen. Ihre Hauptgesellschafterin ist das Land Steiermark, das im Wirtschaftsjahr 2011 zu 90 % an der Revisionswerberin beteiligt war.
Die Finanzierung der Revisionswerberin erfolgte seit der Gründung bis einschließlich 2008 (und wieder ab dem Jahr 2018) auf Grundlage von Beschlüssen der Landesregierung ohne Finanzierungsvereinbarung. Diesen Beschlüssen entsprechend stellte das Land Steiermark der Revisionswerberin in den Jahren 2006 bis 2008 „zur Durchführung der im Gesellschaftsvertrag festgelegten Zielsetzungen“ jährlich einen festgelegten Beitrag zur Verfügung.
Am 26. Mai 2008 genehmigte die Landesregierung einen Maßnahmenplan, um die Revisionswerberin mit einer Finanzierungsstruktur auszustatten, die sich an erfolgreichen internationalen Forschungsinstituten bzw -gesellschaften orientiere. Nach dem Rahmenplan sollte die Gesamtfinanzierung aus einer Förderung durch das Land Steiermark, öffentlichen Förderung und öffentlichen Projektaufträgen sowie Auftragsforschung in unterschiedlicher Gewichtung bestehen. Die Finanzierungsstruktur war im Zeitverlauf unterschiedlich ausgestaltet.
2. Finanzamt: Kürzung der Bemessungsgrundlage der Forschungsprämie um Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln
Im Jahr 2015 fand bei der Revisionswerberin eine Außenprüfung u.a. betreffend die Forschungsprämie 2012 bis 2014 statt. Die Prüfer gelangten zur Ansicht, dass die vom Land Steiermark erhaltenen „Zuwendungen“ aus öffentlichen Mitteln von den als Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie herangezogenen Forschungsaufwendungen in Abzug zu bringen seien. Begründend wurde ausgeführt, die Ausgestaltung des Finanzierungsvertrages und die darin gewählten Formulierungen würden „keinen Spielraum für eine andere Auslegung“ als das Vorliegen einer Subvention zulassen. Darüber hinaus sprächen die Verbuchung und Bilanzierung bei der Revisionswerberin, wonach eine Subventionsforderung an das Land Steiermark eingestellt worden sei, für das Vorliegen einer Förderung. Ein Gesellschafterzuschuss hätte hingegen auf die Kapitalrücklage verbucht werden müssen.
Auch aus der Verbuchung des Zuschusses beim Land Steiermark bzw in den Landesrechnungsabschlüssen ergebe sich nicht das Vorliegen eines Gesellschafterzuschusses. Denn der Finanzierungsvertrag gründe sich nicht, wie die Revisionswerberin behauptete, auf gesellschaftsrechtliche, sondern auf betriebliche bzw gesellschaftspolitische Erwägungen, insbesondere den Nutzen für den Wirtschaftsstandort Steiermark, der Gesellschaftszweck sei.
Mit Bescheid vom 3. Oktober 2016 setzte das Finanzamt die Forschungsprämie für das Jahr 2012 (betreffend das Wirtschaftsjahr 2011/2012) iHv EUR 1,577.293,39 fest (§ 201 Abs 1 iVm Abs 2 Z 3 BAO), wobei es – soweit für das Revisionsverfahren relevant – die Bemessungsgrundlage der Forschungsprämie den Prüfungsfeststellungen entsprechend um die als Basisförderung gewährte „Zuwendung“ des Landes Steiermark verminderte. Daraus ergab sich eine Abgabennachforderung gegenüber der Revisionswerberin iHv EUR 807.768,59. Begründend vertrat die belangte Behörde die Ansicht, es würde sich bei der Basisförderung um Förderungen aus öffentlichen Mitteln des Landes Steiermark handeln, um die die Forschungsaufwendungen zu kürzen seien.
Über die dagegen von der Revisionswerberin erhobene Beschwerde erließ das Finanzamt eine abweisende Beschwerdevorentscheidung, woraufhin die Revisionswerberin die Vorlage der Beschwerde an das BFG beantragte.
3. BFG: Bestätigung der Rechtsansicht der Behörde
Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das BFG der Beschwerde teilweise Folge und setzte die Forschungsprämie mit dem (für den Fall des Obsiegens des Finanzamts zwischen den Parteien der Höhe nach außer Streit gestellten) Betrag von EUR 1,743.330,30 fest.
Strittig sei, ob die vom Land Steiermark im Wirtschaftsjahr 2011/2012 gewährten Zuschüsse als Förderungen aus öffentlichen Mitteln in Form der in Rede stehenden Basisförderung die Bemessungsgrundlage der Forschungsprämie kürzten bzw ob sie als Gesellschafterzuschüsse zu qualifizieren seien.
Nach Wiedergabe des Verfahrensgeschehens schloss sich das BFG mit näherer Begründung, insbesondere gestützt auf die äußere Form der Vertragsgestaltung und die verwendeten Formulierungen, der Rechtsansicht des Finanzamtes an, dass es sich bei den als Basisförderung gewährten Zuschüssen um öffentliche Mittel im Sinne einer Subvention gehandelt habe.
Die Basisförderung sei zur anteiligen Bedeckung des laufenden Aufwands der Revisionswerberin gewährt worden. Auch das BFG erachtete die buchhalterische Behandlung der Zuschüsse bei der Revisionswerberin als Indiz für die Qualifikation des Zuschusses als Förderung. Die budgetäre Behandlung des Zuschusses beim Land Steiermark sei nicht aussagekräftig, um daraus auf einen Gesellschafterzuschuss zu schließen. Aus der von der Revisionswerberin ins Treffen geführten Judikatur zur Unzulässigkeit einer nicht ausreichenden Eigenkapitalausstattung lasse sich nicht ableiten, dass die laufende teilweise Finanzierung der Revisionswerberin aus öffentlichen Mitteln nicht möglich wäre, zumal gerade diese Zuschüsse (auch wenn sie öffentliche Mittel seien) die Gläubigerbefriedigung gewährleisten würden. Das Vorbringen, es liege mangels Bindungswillens seitens des Landes Steiermark ein „Nicht-Vertrag“ vor, sei nicht zielführend, weil tatsächlich eine Auszahlung erfolgt sei.
Die Revision ließ das BFG mit der Begründung nicht zu, es handle sich um eine einzelfallbezogene auf Ebene der Beweiswürdigung zu lösende Streitfrage.
Die Revisionswerberin erhob gegen dieses Erkenntnis auch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde abgelehnt hat (vgl VfGH 24.11.2020, 677/2020-17).
Die gleichzeitig erhobene, vorliegende außerordentliche Revision, zu der das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, legte das BFG unter Anschluss der Akten des Verfahrens dem VwGH vor.
4. VwGH: Rechtswidrigkeit des Erkenntnisses aufgrund mangelnder Ausführungen zum anwendbaren Steuerbefreiungstatbestand
Das BFG ist bei Beurteilung der Anwendungsvoraussetzungen des Abzugsverbots nach § 20 Abs 2 EStG bzw § 12 Abs 2 KStG zur Festlegung der Bemessungsgrundlage der Forschungsprämie von der Rechtsprechung des VwGH abgewichen.
Unter Bedachtnahme auf die Normierungen des § 108c Abs 1 und 2 EStG sowie die einschlägigen Bestimmungen der ForschungsprämienVO1 führt der VwGH aus, dass in solchen Fällen, in denen Aufwendungen bzw Ausgaben in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang mit steuerfreien Subventionen aus öffentlichen Mitteln bei der Ermittlung der Einkünfte nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, diese Forschungsaufwendungen in Folge auch nicht in die Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie als zusätzliche Betriebsausgabe einzubeziehen seien. 2
Unter Bezugnahme auf die Legaldefinition der öffentlichen Mittel, welche iRd AbgÄG 2010 Einzug in das Ertragsteuerrecht fand und in § 3 Abs. 4 EStG normiert ist führt der VwGH aus, das BFG sei davon ausgegangen, dass die vom Land Steiermark der Revisionswerberin im Wirtschaftsjahr 2011/2012 gewährten Zuschüsse als (betrieblich veranlasste) Förderungen aus öffentlichen Mitteln iSd § 3 Abs 4 EStG zu qualifizieren seien, und hat in Anwendung des § 12 Abs 2 KStG ausgeführt, durch den Bezug von „steuerfreien“ Subventionen aus öffentlichen Mitteln komme es zu einer Kürzung der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie. § 3 Abs 4 EStG enthält aber nur eine Legaldefinition des Begriffs der öffentlichen Mittel, trifft jedoch keine Aussage über deren Steuerbefreiung.
Das angefochtene Erkenntnis benennt keine konkrete Steuerbefreiungsbestimmung, durch welche der im gegenständlichen Fall strittige Betrag an öffentlichen Mitteln nach Ansicht des BFG erfasst ist. Die zu einer Reduktion der Bemessungsgrundlage der Forschungsprämie führende Steuerfreiheit der Zuwendung aus öffentlichen Mitteln muss sich aus einem konkreten Steuerbefreiungstatbestand ergeben (vgl zB § 3 Abs 1 Z 3 sowie Z 6 EStG). Insoweit nicht die Voraussetzungen eines konkreten Steuerbefreiungstatbestandes erfüllt sind, wäre die Subvention als Betriebseinnahme zu erfassen, würde aber nichts an den Betriebsausgaben ändern.
Mit dem Vorliegen eines bestimmten Steuerbefreiungstatbestandes hat sich das BFG in Verkennung der Rechtslage nicht auseinandergesetzt und somit sein Erkenntnis mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet.
5. Ergebnis
Die Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie iSd § 108c EStG ist grundsätzlich um steuerfreie Zuwendungen aus öffentlichen Mittel zu kürzen, sofern ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang mit den in die Bemessungsgrundlage einfließenden Aufwendungen bzw Ausgaben gegeben ist. Maßgeblich ist dabei jedoch auch, dass sich die zu einer Reduktion der Bemessungsgrundlage führende Steuerfreiheit der Zuwendung aus öffentlichen Mitteln aus einem konkreten Steuerbefreiungstatbestand ergibt. Wenn das BFG die Kürzung der Bemessungsgrundlage lediglich aufgrund des Verweises auf § 3 Abs 4 EStG zu den öffentlichen Mitteln verweist, ohne jedoch den Zusammenhang zu einem konkreten Steuerbefreiungstatbestand herzustellen, belastet es seine Entscheidung mit einem wesentlichen Verfahrensmangel, der im Verfahren vor dem VwGH erfolgreich geltend gemacht werden kann.
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1 Forschungsprämienverordnung, BGBl II 515/2012.
2 Vgl zum Forschungsfreibetrag Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, § 4 Tz 44.5; zur Berechnung der Bemessungsgrundlage der Forschungsprämie im Anwendungsbereich der Forschungsprämienverordnung siehe im Übrigen deren Anhang II.
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