Hinzurechnungsbesteuerung: Russland als Niedrigbesteuerungsstaat

Tax News 01-02/2023

Bilanz- und Konzernsteuerrecht

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Seit 01.01.2021 hat die von der EU geführte Liste der nicht kooperierenden Ländern auch in Österreich gesetzliche Folgen. Denn gemäß § 10a Abs 11 KStG gelten Länder, die in dieser Liste geführt werden, zwangsläufig als niedrig besteuert.

In der Praxis hatte dies nur in Ausnahmefällen Relevanz, weil sich auf der EU-Liste in der Regel exotische Länder wiederfinden (zB die Marschallinseln, die Bahamas oder Vanuatu). Mit der jüngsten Änderung wurde nunmehr auch Russland dieser Liste hinzugefügt. Da österreichische Unternehmen (zumindest in der Vergangenheit) wirtschaftlich in Russland engagiert waren, stellt sich die Frage, welche praktischen Auswirkungen sich aus der Aufnahme auf diese Liste ergeben.

Österreichische Gesellschaften unterliegen einer Hinzurechnungsbesteuerung, wenn ausländische (direkte oder indirekte) Tochtergesellschaften niedrig besteuerte Passiveinkünfte erzielen, die mehr als ein Drittel der Gesamteinkünfte ausmachen und ein Substanznachweis nicht möglich ist. Eine Niedrigbesteuerung liegt vor, wenn sich aus der Gegenüberstellung der von der Auslandstochtergesellschaft im Ausland entrichteten Steuer und ihrem nach Maßgabe des österreichischen Steuerrechts ermittelten Einkommen eine Effektivsteuerbelastung von nicht mehr als 12,5 % ergibt. Tochtergesellschaften in Staaten, die einen höheren nominellen Körperschaftsteuersatz aufweisen und über keine wesentlichen, über die im österreichische Steuerrecht hinausgehenden Steuerbegünstigungen vorsehen, sind in der Praxis für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung daher nicht im Fokus.

Russland weist (von spezielle Ausnahmen [zB im IT-Sektor] abgesehen) einen Körperschaftsteuersatz von
20 % auf und verfügt (abgesehen von idR bekannten Ausnahmen) über keine augenscheinlichen Steuervergünstigungen. Insofern bestand bisher kein großes Risiko, dass „normal besteuerte“ russische Tochtergesellschaften eine Hinzurechnungsbesteuerung auslösen. Durch die Aufnahme Russlands in die EU-Liste nicht kooperierender Staaten hat sich dies jedoch geändert. Russland gilt damit jedenfalls als Niedrigsteuerstaat. Das Risiko, dass ein (noch) bestehendes wirtschaftliches Engagement in Russland (sei es durch Tochtergesellschaften oder Betriebsstätten), eine Hinzurechnungsbesteuerung auslöst, hat sich damit schlagartig erhöht.

Eine Hinzurechnungsbesteuerung kann zwar nach wie vor vermieden werden, wenn die Passiveinkünfte der russischen Tochtergesellschaft oder Betriebsstätte weniger als ein Drittel ihrer Gesamteinkünfte ausmachen oder wenn ein Substanznachweis erbracht werden kann. Wer bislang aber weniger Augenmerk auf die Prüfung dieser Tatbestandsmerkmale gelegt hat, weil davon ausgegangen wurde, dass in Russland ohnehin keine Niedrigbesteuerung vorliegt, sollte russische Tochtergesellschaften/Betriebsstätten nochmal genauer in den Blick nehmen, um die Risikoeinschätzung diesen jüngsten Entwicklungen anzupassen.

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