Richtlinien-Vorschlag der EU zur Erweiterung des automatischen Informationsaustausches auf Krypto-Assets (DAC 8)

Tax News 11-12/2022

Sonstiges

Kletterer

Als Erweiterung des verpflichtenden automatischen Informationsaustausches hat die EU-Kommission am 8. Dezember 2022 einen Vorschlag über die achte Ausbaustufe der Directive on Administrative Cooperation (DAC 8) veröffentlicht. Demzufolge sollen bestimmte Transaktionen iZm Krypto-Assets ab 2026 von den Meldeverpflichtungen erfasst werden – ein großer Schritt zur Schaffung eines regulierten und rechtssicheren Umfeldes. Welche Dienstleister welche Transaktionen ab wann mit welchen Fristen verpflichtend melden sollen, erläutern wir im nachstehenden Beitrag.

Wieso soll gemeldet werden?

Krypto-Assets sind vom Anwendungsbereich des automatischen Informationsaustauschs (EU-Amtshilferichtlinie)1 nach wie vor ausgeschlossen. Veranlagt ein Steuerzahler Geld in Form von Krypto-Assets, ist die Plattform (bspw Börse) oder ein anderer elektronischer Anbieter, der Portfoliodienstleistungen für solche Kunden erbringt, nicht verpflichtet, den Steuerbehörden der EU-Mitgliedstaaten solche daraus resultierenden Einkünfte zu melden. Daher bleibt das in solchen elektronischen Instrumenten gehaltene Geld oftmals unversteuert.

Die meisten Mitgliedstaaten – wie auch Österreich2 – verfügen bereits über Rechtsvorschriften oder zumindest über verwaltungstechnische Leitlinien zur Besteuerung von Einkünften aus Investitionen in Krypto-Assets. Die Datenlage zur Durchsetzung einer konsistenten sowie effizienten Besteuerung ist jedoch oftmals (noch) nicht gegeben.

Mit dem nun vorliegenden Richtlinien-Vorschlag3 soll den Herausforderungen begegnet werden, die sich aus der immer stärkeren Nutzung von Krypto-Assets zu Anlagezwecken ergeben: Denn insbesondere die Eigenschaften der Pseudonymität und Dezentralität von Krypto-Assets erschweren den Steuerverwaltungen die Rückverfolgung und Aufdeckung von Steuertatbeständen erheblich. Die fehlende Meldung von Erträgen iZm Krypto-Assets führt daher zu Steuerausfällen in den Mitgliedstaaten.

Der Vorschlag zielt somit darauf ab, einerseits diese Lücke zu schließen, und andererseits auch darauf, den Verwaltungsaufwand für meldepflichtige Dienstleister, Steuerzahler und Steuerverwaltungen zu minimieren. Im Einklang mit der so genannten "One in one out"-Regel sollen die meldenden Krypto-Assets-Dienstleister von homogenen Meldepflichten in der gesamten EU profitieren, anstatt mehrere Standards in jedem Mitgliedstaat zu implementieren.

Dieser Vorschlag ist – wie die übrigen seitens der EU eingeführten Meldeverpflichtungen – im Zusammenhang mit den parallelen Arbeiten in der OECD zu sehen, die darauf abzielen, einen Standard für den Informationsaustausch zu Steuerzwecken in Bezug auf Krypto-Vermögenswerte (CARF)4 und die Ausweitung des Anwendungsbereichs des Gemeinsamen Meldestandards (Common Reporting Standard; CRS)5 auf E-Geld zu vereinbaren.

Wer soll melden?

Art 8ad legt den Umfang und die Bedingungen für den verpflichtenden automatischen Informationsaustausch fest, welcher von den meldenden Dienstleistern an die zuständigen Behörden zu erfolgen hat.

In einem ersten Schritt sehen die Vorschriften die Verpflichtung des meldenden Krypto-Dienstleisters vor, die Informationen zu sammeln und die Informationen im Einklang mit den im Vorschlag festgelegten Sorgfaltspflichten zu sammeln und zu überprüfen.

In einem zweiten Schritt müssen die meldenden Dienstleister der zuständigen Behörde Informationen über die Nutzer von Krypto-Assets, dh diejenigen, die den Dienstleister für den Handel und den Austausch ihrer Krypto-Assets nutzen, übermitteln. Ein Nutzer von Krypto-Assets ist eine natürliche oder juristische Person, die Kunde eines meldenden Krypto-Asset-Dienstleisters ist, um meldepflichtige Transaktionen durchzuführen. Eine natürliche oder juristische Person, bei der es sich nicht um ein Finanzinstitut oder einen meldenden Anbieter von Krypto-Vermögenswerten handelt, die als Nutzer von Krypto-Assets zugunsten oder für Rechnung einer anderen natürlichen oder juristischen Person als Beauftragter, Verwahrer, Unterzeichner, Anlageberater oder Vermittler handelt, wird nicht als solcher behandelt, sondernd die dahinterstehende natürliche oder juristische Person.

Der dritte Schritt betrifft die Übermittlung der gemeldeten Informationen durch die zuständige Behörde des Mitgliedstaates, welcher die Informationen von dem meldenden Dienstleister erhalten hat, an die zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedstaats, in dem der meldepflichtige Nutzer von Krypto-Assets ansässig ist.

Zur Meldung verpflichtet sind daher die nachstehend angeführten Dienstleister:

  • Krypto-Vermögensverwaltungsdienstleister („crypto service provider“): eine juristische Person oder ein Unternehmen, deren bzw dessen Beruf oder Tätigkeit darin besteht, gewerbsmäßig eine oder mehrere Krypto-Vermögensverwaltungsdienstleistungen für Dritte zu erbringen, und die bzw das in einem Mitgliedstaat zur Erbringung von Krypto-Vermögensverwaltungsdienstleistungen zugelassen ist.
  • Ein Krypto-Vermögensverwalter („crypto-asset operator“) ist eine natürliche oder juristische Person oder ein Unternehmen, dessen/deren Beruf oder Tätigkeit darin besteht, gewerbsmäßig eine oder mehrere Krypto-Vermögensdienstleistungen für Dritte zu erbringen.

Der Richtlinien-Vorschlag sieht eine Meldepflicht für Krypto-Vermögensverwalter aus der EU und aus Nicht-EU-Ländern nur insoweit vor, als diese außerhalb der EU meldepflichtige Nutzer haben, die in der Union ansässig sind. Dies ist unerlässlich, um gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle meldepflichtigen Anbieter von Krypto-Vermögenswerten sowie Dienstleistern zu gewährleisten und unlauteren Wettbewerb zu verhindern.

Die Verpflichtung zur einheitlichen Registrierung und Meldung für Betreiber außerhalb der Europäischen Union kann in Fällen, in denen angemessene Vorkehrungen getroffen wurden, um sicherzustellen, dass entsprechende Informationen zwischen einem Nicht-EU-Staat und den Mitgliedstaaten ausgetauscht werden, unterbleiben.

Was soll gemeldet werden?

Meldepflichtige Transaktionen sollen Börsengeschäfte und Übertragungen von meldepflichtigen Krypto-Assets sein. Sowohl inländische als auch grenzüberschreitende Transaktionen von Nutzern von Krypto-Assets fallen in den Anwendungsbereich des Vorschlags und werden nach Art der meldepflichtigen Krypto-Assets aggregiert.

Daher werden die Kategorien der Einkünfte und des Kapitals, die bereits dem Informationsaustausch unterliegen, um derartige Einkünfte ergänzt. Durch eine Änderung werden die Mitgliedstaaten außerdem verpflichtet, mit anderen Mitgliedstaaten alle Informationen auszutauschen, die über alle Einkommens- und Kapitalkategorien verfügbar sind (Art 8 Ab 1).

Krypto-Assets sind definiert als eine digitale Darstellung eines Wertes oder eines Rechts, die unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie (DLT)6 oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden kann. Erfasst sind daher neben Kryptowährungen auch NFTs und weitere Token-Arten, womit der Anwendungsbereich weiter gefasst ist als jener, welcher in Österreich derzeit für Belange der Kryptowährungen als Kapitalvermögen iSd § 27b Abs 4 EStG gilt.7

Ein meldepflichtiger Krypto-Asset-Dienstleister ist verpflichtet, der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem er zugelassen, steuerlich ansässig oder registriert ist, die Informationen spätestens bis zum 31. Januar des auf das betreffende Kalenderjahr oder einen anderen geeigneten Meldezeitraum der meldepflichtigen Transaktion folgenden Jahres zu melden.

Die von einem meldenden Krypto-Asset-Dienstleister gemeldeten Informationen sind den zuständigen Steuerbehörden der Mitgliedstaaten, in denen der meldende Krypto-Asset-Dienstleister steuerlich ansässig ist oder seine Zulassung erhalten hat oder in denen er registriert ist, innerhalb von zwei Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres, auf das sich die für meldende Krypto-Asset-Dienstleister geltenden Meldepflichten beziehen, zu übermitteln.

Ein Mindeststrafmaß soll gelten, wenn die Meldung nach zwei gültigen Mahnungen nicht erfolgt oder wenn die übermittelten Informationen unvollständige, unrichtige oder falsche Angaben enthalten, die mehr als 25 % der zu meldenden Informationen ausmachen (Artikel 25a).

Ab wann soll gemeldet werden?

Durch die Änderung werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, mit anderen Mitgliedstaaten alle Informationen auszutauschen, die über alle Einkommens- und Kapitalkategorien in Bezug auf Steuerzeiträume, die im Januar 2026 oder später beginnen, verfügbar sind (Art 8 Abs 3).

Darüber hinaus werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, mit anderen Mitgliedstaaten Informationen über grenzüberschreitende Vorabentscheidungen für vermögende Privatpersonen8 auszutauschen, die zwischen dem 1. Januar 2020 und dem 31. Dezember 2025 ergehen, geändert oder erneuert wurden, unter der Voraussetzung, dass sie am 1. Januar 2026 noch gültig waren.

Ausblick

Schätzungen der EU zufolge könnten die zusätzlichen Steuereinnahmen EUR 2,4 Mrd. erreichen. Gemeinsame Meldevorschriften würden ebenfalls dazu beitragen, gleiche Wettbewerbsbedingungen für Anbieter von Krypto-Assets zu schaffen. Im Lichte der seitens der EU oftmals dargelegten „fair share of taxation“ ist die geplante Erfassung von Krypto-Assets vom automatischen Informationsaustausch daher grundsätzlich zu begrüßen. Neben der seit 1. März 2022 geltenden neuen Besteuerung für Kryptowährungen in Österreich iSd § 27b EStG wäre die Einführung dieser Meldeverpflichtungen ein weiterer Schritt in der Annäherung von Krypto-Assets an Kapitalvermögen – und ein weiterer signifikanter Schritt zur Schaffung eines regulierten und rechtssicheren Umfeldes. Abzuwarten bleibt auch, ob der Richtlinien-Vorschlag bei Umsetzung auch Auswirkungen auf den Anwendungsbereich des § 27b EStG mit sich bringen könnte.

 

__________________________________________

Richtlinie 2011/16/EU des Rates vom 15.2.2011 über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Aufhebung der Richtlinie 77/799/EWG, ABl L64/1.

2 Maßgeblich für die Besteuerung von Krypto-Assets in Österreich sind insbesondere die §§ 27, 27a, 27b, 29 Z 3, 31 sowie 33 EStG

3 Proposal for a Council Directive amending Directive 2011/16/EU on administrative cooperation in the field of taxation, COM/2020/314 final vom 8. Dezember 2022.

4 OECD, Crypto-Asset Reporting Framework and Amendments to the Common Reporting Standard vom 10. Oktober 2022.

5 In Österreich umgesetzt im Gemeinsamer Meldestandard-Gesetz (GMSG), BGBl I 116/2015 idgF.

6 Die Distributed Ledger Technology (DLT) kann vereinfacht als eine Art dezentral verteiltes Geschäftsbuch bezeichnet werden. Die Blockchain ist dabei die am häufigsten vorkommende Ausprägungsform. Dabei speichert jeder Teilnehmer eine Kopie der gesamten Blockchain dezentral auf seinem Rechner. Die jeweilige Blockchain wird dadurch auf die Rechner verteilt. Die Teilnehmer sind über das Netzwerk miteinander verbunden und stehen zur Aktualisierung und Wartung der Blockchain miteinander im Austausch.

7 In § 27b Abs 4 EStG wurde die Definition der 5. Geldwäsche-RL der EU (RL EU/2018/843) übernommen. Demnach handelt es sich bei einer Kryptowährung um „eine digitale Darstellung eines Werts, die von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht zwangsläufig an eine gesetzlich festgelegte Währung angebunden ist und die nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen als Tauschmittel akzeptiert wird und die auf elektronischem Wege übertragen, gespeichert und gehandelt werden kann.“ Nach einhelliger Auffassung sind daher nur solche Krypto-Assets zu erfassen, bei denen der Zahlungs- und Tauschmittelcharakter im Vordergrund steht.

8 Darunter zu verstehen sind Einzelpersonen, welche ein Finanzvermögen von mindestens MEUR 1 in investierbarem Vermögen oder verwaltetem Vermögen besitzen, mit Ausnahme des privaten Hauptwohnsitzes dieser Person.

Weitere Inhalte