Pillar II/GloBE: OECD veröffentlicht Informationen zu Safe Harbours

Tax Flash 3/2022

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Tax Flash

Vor wenigen Tagen hat die OECD erste Informationen zur Ausgestaltung der für GloBE-Zwecke (Pillar II) anzuwendenden Safe Harbours veröffentlicht. Gleichzeitig wurden öffentliche Konsultationen zur GloBE-Steuererklärung (GloBE Information Return) und zu Streitbeilegungsmechanismen iZm GloBE initiiert. Die Safe Harbours sind vor allem deshalb von praktischer Relevanz, weil sich basierend darauf uU Erleichterungen für Unternehmen ergeben können.

Safe Harbours

Überblick

Die OECD differenziert zwischen einem temporären Safe Harbour, der nur für Wirtschaftsjahre gelten soll, die vor dem 31.12.2026 beginnen, und einem permanenten Safe Harbour, an dessen konkrete Ausgestaltung zum Teil noch gearbeitet wird. In beiden Fällen muss eine von drei Bedingungen erfüllt werden und wenn dies der Fall ist, kann für die betreffende Jurisdiktion von einer Top-Up Tax von null ausgegangen werden. Es ist in diesem Fall also nicht erforderlich, die umfangreichen und komplexen GloBE-Berechnungen für die betreffende Jurisdiktion anzuwenden.

Sowohl beim temporären als auch beim permanenten Safe Harbour sollen folgende Möglichkeiten vorgesehen werden:

Test Temporärer Safe Harbour Permanenter Safe Harbour
De-minimis Test Betragen die einer Jurisdiktion zuordenbaren Erträge laut CbCR weniger als EUR 10.000.000 und die der Jurisdiktion zuordenbaren Vorsteuergewinne laut CbCR weniger als EUR 1.000.000 ist der Safe Harbour erfüllt. Anders als beim temporären Safe Harbour werden nicht die Daten aus dem CbCR herangezogen, sondern die GloBE Revenues und das GloBE Income sind im Wege einer simplifizierten Berechnung zu ermitteln.

Vereinfachte Berechnung des Effektivsteuersatzes

Es ist das Verhältnis zwischen dem der Jurisdiktion zuordenbaren (qualifizierten) Steueraufwand laut Rechnungslegung einerseits und dem Vorsteuergewinn oder -verlust laut CbCR andererseits zu bilden. Beträgt die sich daraus ergebende Effektivsteuerbelastung mindestens 15% (für 2023 und 2024), 16% (für 2025) bzw 17% (für 2026) ist der Safe Harbour erfüllt. Die Effektivsteuerbelastung kann im Wege einer vereinfachten Berechnung ermittelt werden.
Routinegewinn-Test Entspricht der in der jeweiligen Jurisdiktion erzielte Vorsteuergewinn laut CbCR maximal dem Substanzfreibetrag iSd Artikel 5.3. OECD-Musterregelungen, wobei nur Konzerneinheiten zu berücksichtigen sind, ist der Safe Harbour erfüllt. Ein simplifiziert berechnetes GloBE Income wird dem Substanzfreibetrag gegenübergestellt.

Temporärer Safe Harbour

Der temporäre Safe Harbour bringt in jenen Fällen eine Vereinfachung, in denen es darum geht, eine drohende Top-Up Tax von vornherein abzuwenden. Wesentlicher ist jedoch die Frage, ob sich dadurch die Vorbereitungszeit für die Umsetzung von Pillar II im Konzern verlängern lässt:

  • Durch den De-minimis Test lässt sich vermeiden, dass in betraglich unwesentlichen Jurisdiktionen vorläufig keine Detailberechnung des GloBE Income vorgenommen werden muss. Die Vorbereitungszeit für die Umsetzung von Pillar II im Konzern wird allein dadurch aber nicht insgesamt verlängert, wenn die maßgeblichen Grenzen zumindest in einzelnen Jurisdiktionen (zB im Headquarter-Staat) überschritten werden.
  • Die vereinfachte Berechnung eines (alternativen) Effektivsteuersatzes macht es uU möglich, auch in betragsmäßig wesentlichen Jurisdiktionen, in denen sich eine entsprechend hohe Steuerbelastung ergibt, temporär auf eine detaillierte GloBE-Berechnung zu verzichten. Da den Erträgen lt CbCR der Steueraufwand laut Rechnungslegung gegenüberzustellen ist, kann aus den CbCR-Daten nicht geschlossen werden, ob dieser Test erfüllt wird. Vielmehr ist ein zusätzlicher Berechnungsschritt erforderlich.
  • Für Jurisdiktionen mit niedriger (alternativer) Effektivsteuerbelastung kann letztlich noch auf den Routinegewinn-Test zurückgegriffen werden, der hilfreich ist, wenn in den betreffenden Jurisdiktionen ein Verlust vorliegt oder hohe Personalkosten anfallen und hohe Buchwerte materieller Vermögenswerte vorliegen.

Da die drei Tests sich gegenseitig nicht ausschließen und es ausreicht, wenn für eine Jurisdiktion einer der drei Tests erfüllt wird, wäre es zwar denkbar, dass sich durch den temporären Safe Harbour für manche Konzerne eine Verlängerung der Vorbereitungszeit für die Umsetzung von Pillar II ergibt. Es ist aber zu prüfen, ob dies nur punktuell (also für einzelne Jurisdiktionen) der Fall ist oder ob sich ein genereller Zeitgewinn für den Gesamtkonzern ergibt. Letzteres setzt voraus, dass für 2024 in allen Jurisdiktionen Safe Harbours greifen. Sollte ein Risiko bestehen, dass dies nicht der Fall ist, sollte mit der Implementierung von Pillar II nicht generell zugewartet werden. Der temporäre Safe Harbour hilft in diesem Fall aber, den Fokus auf die wesentlichen Jurisdiktionen zu legen.

Permanenter Safe Harbour

Wie die simplifizierten Berechnungen des GloBE Income, der GloBE Revenues und der Effective Tax Rate iRd permanenten Safe Harbours konkret vorzunehmen sind, ist derzeit (abgesehen von einer Ausnahme) noch unklar. Ziel ist es aber, dass diese entweder zum selben Ergebnis wie die vollständigen Berechnungen führen sollen oder ein sich daraus ergebendes abweichendes Ergebnis die Integrität der GloBE-Regelungen nicht unterlaufen soll. Dabei soll es offenbar auch akzeptiert werden, wenn sich eine vergleichsweise höhere Effective Tax Rate ergibt, solange „the reduction in compliance burden as a result of the safe harbour would sufficiently outweigh the risk of a small loss in top-up tax liability“. Im Zentrum der Überlegungen sollen dabei jene Anpassungen sein, die den größten Berechnungs- und Compliance-Aufwand mit sich bringen.

Auf den ersten Blick erscheint es zweifelhaft, ob der permanente Safe Harbour wesentliche Erleichterungen bringen wird. Dies zeigen die für Non-Material Constituent Entities (kurz: NMCE) vorgesehenen simplifizierenden Berechnungen. Unter NMCE werden jene Konzerneinheiten (sowie ihre jeweiligen Betriebsstätten) verstanden, die grundsätzlich vollkonsolidiert werden müssten, aber aufgrund ihrer Größe und/oder Wesentlichkeitsüberlegungen nicht vollkonsolidiert werden. Die simplifizierenden Berechnungen stehen nur dann zur Verfügung, wenn der Konzernabschluss extern geprüft wird (external audit requirement):

  • Eine Vereinfachung besteht darin, als beim GloBE Income die Erträge der NMCE heranzuziehen sind, die auch für Zwecke des CbCR relevant sind. Das GloBE Income wird dadurch wesentlich höher sein, wie wenn man die vollumfänglichen Berechnungen entsprechend den OECD-Musterregelungen vornimmt. Denn die Erträge laut CbCR beinhalten Umsatzsatzerlöse, Erträge und sonstige Einkünfte, sodass es sich dabei um keine einem Gewinn, sondern eher einem Umsatz vergleichbare Größe handelt.
  • Als Adjusted Covered Taxes ist der Betrag der Accrued Income Tax entsprechend CbCR (also die zu zahlenden Ertragsteuern des laufenden Jahres) heranzuziehen, sodass zB latente Steuern, Verrechnungspreisanpassungen oder Rückstellungen iSv IFRIC 23 unberücksichtigt bleiben.

Insgesamt ist zu erwarten, dass sich aus diesen Berechnungen eine wesentlich niedrigere Effective Tax Rate ergibt, sodass der Safe Harbour wohl nur in Ausnahmefällen greifen wird.

Weitere Neuerungen

Transitional Penalty Relief

Während des Übergangszeitraums (also für Wirtschaftsjahre, die vor dem 31.12.2026 beginnen), sollen im Zusammenhang mit der Einreichung eines GloBE Information Returns keine Strafen oder Sanktionen verhängt werden, wenn die Abgabenbehörde davon ausgeht, dass ein multinationales Unternehmen „angemessene Maßnahmen“ ergriffen hat, um die korrekte Anwendung der GloBE-Regeln sicherzustellen.

Konsultation zur GloBE-Steuererklärung

Neben ersten Aussagen zur Ausgestaltung der Safe Harbours wurde von der OECD auch eine öffentliche Konsultation zum GloBE Information Return initiiert. Basis der Konsultation ist ein Muster, wie das Steuererklärungsformular nach derzeitigem Stand aussehen sollte sowie dazugehörige Erläuterungen. Das Formular gliedert sich in mehrere Teile:

  • Allgemeine Informationen: In diesem Teil sind der Name der MNE Group, das betreffende Jahr, Informationen über die einreichende Gesellschaft (zB Name, Steuernummer, zugeordnete Jurisdiktion) sowie rechnungslegungsbezogene Informationen (insb Rechnungslegungsstandard des Konzernabschlusses, funktionale Währung) anzugeben.
  • Gruppenstruktur: Es soll die Eigentumsstruktur jeder einzelnen Konzerneinheit bekannt gegeben werden und zusätzlich, ob die jeweilige Konzerneinheit die Income Inclusion Rule (IIR) anwenden muss und ob die Undertaxed Profits Rule (UTPR) in Bezug auf dieses Unternehmen angewendet werden kann. Demnach liegt es nicht primär an der Abgabenbehörde, die Erhebungsform (IIR, UTPR) festzustellen, sondern an der MNE Group, dies bekannt zu geben.
  • Berechnung des Effektivsteuersatzes und der Top-Up Tax: Es sind sämtliche Daten zur (a) Anwendung und Anwendbarkeit etwaiger Safe Harbours, (b) Berechnung des Effektivsteuersatzes und der Top-Up Tax für die betreffende Jurisdiktion (dies beinhaltet auch die eine Jurisdiktion betreffenden aggregierten Daten zur Berechnung des GloBE Income or Loss, der Adjusted Covered Taxes, der Substance-Based Income Exclusion sowie einer allfälligen Additional Current Top-Up Tax) und (c) Berechnung des GloBE Income or Loss und der Adjusted Covered Taxes je Konzerneinheit heranzuziehen.
  • Verteilung und Zuordnung der Top-Up Tax: Darüber hinaus sind im GloBE Information Return die notwendigen Informationen zur Identifikation jener Jurisdiktionen, in denen eine Top-Up Tax erhoben wird, sowie zur Verteilung der Top-Up Tax auf Basis der IIR oder der UTPR anzugeben.

Konsultation zu Streitbeilegungsmechanismen

Der OECD ist bewusst, dass der Umfang und die Komplexität der GloBE-Regelungen unterschiedliche Interpretationen zulassen. Dadurch kann es in verschiedenen Staaten zu unterschiedlichen Ansichten darüber kommen, wie die GloBE-Regelungen anzuwenden sind und wie hoch die sich daraus ergebende Top-Up Tax ist. Der damit einhergehenden Rechtsunsicherheit und der Gefahr einer Doppelbesteuerung soll sowohl durch präventive als auch nachgelagerte Streitschlichtungsmechanismen begegnet werden. Im Rahmen einer öffentlichen Konsultation wurden erste Überlegungen dazu angestellt:

  • Multilateraler Review zur Feststellung qualifizierter Umsetzungsregelungen: Es soll ein multilateraler Review sämtlicher eingeführter Regelungen betreffend IIR, UTPR und DMTT vorgenommen werden, um festzustellen, ob diese jeweils im Einklang mit den OECD-Musterregelungen stehen und damit als qualifizierte Regelungen angesehen werden können.
  • Vorlage von Rechtsfragen an das Inclusive Framework: Staaten sollen die Möglichkeit haben, Auslegungsfragen an das OECD Inclusive Framework heranzutragen und klären zu lassen. Anlässlich solcher Fragen kann vom Inclusive Framework eine Agreed Administrative Guidance veröffentlicht werden, um eine einheitliche Auslegung sicherzustellen. Dies betrifft aber nur allgemein Auslegungsfragen und nicht die Anwendung der GloBE-Regelungen in einem konkreten Fall. 
  • Nutzung von ICAP: ICAP steht für International Compliance Assurance Programme und ist ein freiwilliges Programm zur Risikobewertung und -sicherung, das offene und kooperative multilaterale Gespräche zwischen multinationalen Konzernen und den Steuerverwaltungen der Länder, in denen die Konzerne tätig sind, erleichtern soll. Es ist ein kooperativer Compliance-Ansatz auf internationaler Ebene, der auf nationaler Ebene in Österreich sein Pendant in Form der begleitenden Kontrolle hat. Die OECD stellt dafür ein Handbuch zur Verfügung und es wird überlegt, dieses Instrument auch für GloBE-Zwecke zu nutzen.
  • Advance Pricing Arrangements: Es ist angedacht, einen common standard zur Einführung eines APA-vergleichbaren Instruments zu schaffen, um Steuerpflichtigen die Möglichkeit zu geben, rechtsverbindliche Auskünfte zu erhalten. Es handelt sich dabei augenscheinlich um eine bloße Absichtserklärung ohne nähere Detailinformationen.
  • Streitschlichtungsverfahren: Basierend auf Artikel 25 OECD-MA soll ein vergleichbares Streitschlichtungsverfahren für GloBE-Zwecke etabliert werden. Die Einleitung eines solchen Verfahrens soll durch die MNE Group erfolgen. Die involvierten Staaten sollen dann zunächst in gegenseitigem Einvernehmen eine Lösung der Streitfrage suchen und im Erfolgsfall umsetzen. Das Konsultationsverfahren soll unter anderem helfen zu klären, welchen Anwendungsbereich ein solches Verfahren haben soll und wie dies rechtlich ausgestaltet werden kann (zB in Form einer multilateralen Konvention, auf Basis bestehender Streitschlichtungsinstrumente (zB DBA, MAAC) oder durch Einführung unilateraler Streitschlichtungsverfahren).

Wir werden Sie über weitere Entwicklungen selbstverständlich am Laufenden halten.