Ein überwiegender Teil der gesetzlichen Änderungen im Konzernsteuerrecht der letzten zehn Jahre geht auf das BEPS-Projekt (Base Erosion and Profit Shifting) der OECD zurück. Im österreichischen Körperschaftsteuerrecht hat dies bisher zB in Form der Hinzurechnungsbesteuerung, der Zinsschranke und der Vorschriften über hybride Gestaltungen Niederschlag gefunden. Mit diesen Regelungen soll aggressiven Steuergestaltungen Einhalt geboten werden. Obwohl praktische Erfahrungen (zB im Rahmen von Betriebsprüfungen) mit diesen Neuregelungen noch kaum vorhanden sind, werden sie von der OECD und der EU bereits jetzt als noch nicht ausreichend angesehen, um dem Phänomen BEPS habhaft zu werden. Daher wurden kurz vor Weihnachten 2021 Musterregelungen vorgestellt, die eine globale effektive Mindestbesteuerung von 15 Prozent sicherstellen und damit aggressive Steuergestaltungen (endgültig?) unattraktiv machen sollen.

Die Regelung im Detail

Ziel der präsentierten Musterregelungen ist es, eine globale Mindestkörperschaftsteuer von 15 Prozent für solche Unternehmen sicherzustellen, die zu einer multinationalen Unternehmensgruppe mit weltweit mindestens 750 Millionen Euro konsolidiertem Jahresumsatz gehören. Die Mindestbesteuerung soll durch eine Ergänzungssteuer (top-up tax) sichergestellt werden. Zu diesem Zweck wird zunächst der effektive Steuersatz (effective tax rate, ETR) sämtlicher in einem Staat ansässiger Konzerngesellschaften (jurisdictional blending) ermittelt und mit dem Mindeststeuersatz von 15 Prozent verglichen. Liegt der effektive Steuersatz in einer Jurisdiktion oder mehreren Jurisdiktionen unter dem Mindeststeuersatz, wird für die betroffenen Jurisdiktionen eine Ergänzungssteuer in jener Höhe fällig, die für das Erreichen der Mindestbesteuerung erforderlich ist.

Zur Berechnung der effective tax rate einer Konzerngesellschaft sind deren adjusted covered taxes dem GloBE income or loss gegenüberzustellen. Die Ausgangswerte für diese beiden Größen sind dem noch keine Konsolidierungsmaßnahmen berücksichtigenden Einzelabschluss (also der Handelsbilanz II) zu entnehmen, der in den auf Ebene der Konzernobergesellschaft zu erstellenden Konzernabschlusses eingeht. Um zu den adjusted covered taxes und dem GloBE income or loss zu gelangen, sind einige Anpassungen erforderlich. Somit orientiert sich die effective tax rate zwar maßgebend an Rechnungslegungswerten, kann (und wird oftmals) aber aufgrund der vorgeschriebenen Anpassungen vom Nominalsteuersatz eines Staates abweichen.

Was bringt die Mindestbesteuerung mit sich?

Aufgrund der eigenständigen Definition dieser Größen führt die globale Mindestbesteuerung für betroffene Konzerne vor allem zu organisatorischen und administrativen Herausforderungen. Zum einen ist Ausgangsbasis der Berechnungen ein vollwertiger Einzelabschluss auf Basis des Konzernrechnungslegungsstandards. In der Praxis liegen für Zwecke der Konzernabschlusserstellung zwar entsprechende Reporting Packages der vollkonsolidierten Konzerngesellschaften vor. Zum Teil handelt es sich dabei aber um keine vollwertigen Abschlüsse, weil bestimmte Anpassungsbuchungen erst auf Konzernebene vorgenommen werden (zB Leasingverhältnisse nach IFRS 16). Die Reporting Packages sind in solchen Fällen als Ausgangsbasis für die globale Mindestbesteuerung nicht ausreichend.

Zum anderen sehen die Musterregelungen zahlreiche Anpassungen sowohl des im Einzelabschluss ausgewiesenen Ergebnisses als auch des Steueraufwands vor. Da sie global einheitlich vorgenommen werden sollen, sind die Anpassungen unabhängig vom nationalen Rechnungslegungs- und Steuerrecht. Daher ist es unwahrscheinlich, dass alle dafür erforderlichen Daten „auf Knopfdruck“ verfügbar sind. Erste praktische Erfahrungen stützen diese These: In vielen Fällen müssen die erforderlichen Daten erst generiert werden.

Bei der globalen Mindestbesteuerung handelt es sich daher auch um kein alleiniges Thema der Steuerabteilungen von Konzernen. Um die notwendigen Vorbereitungen treffen zu können, bedarf es vielmehr einer Zusammenarbeit von Steuer- und (Konzern-) Rechnungslegungsabteilungen sowie einer grenzüberschreitenden Kooperation und Koordination der einzelnen Konzerngesellschaften. Diese organisatorischen Herausforderungen werden durch die hohe Komplexität der Musterregelungen noch verschärft.

Fazit

Insgesamt wird die globale Mindestbesteuerung die (Steuer-)Welt von Konzernen verändern. Für österreichische Konzerne weniger deshalb, weil sie eine hohe Ergänzungssteuer erwarten müssen, sondern weil die notwendigen Vorbereitungen einen nicht zu unterschätzenden Ressourcenaufwand erfordern und auch entsprechende Kosten verursachen.