Selbstanzeige: Voraussetzungen und 7 Praxistipps

Tax News 10/2022

Finanzstrafrecht

Kletterer

Die Selbstanzeige ermöglicht dem Steuerpflichtigen den Weg zurück in die Steuerehrlichkeit. Bei der Erstellung einer Selbstanzeige gilt es die gesetzlichen Anwendungsvoraussetzungen zu erfüllen. Diese werden im Rahmen dieser Tax News samt Tipps & Tricks aus der Praxis dargestellt.

1. Anwendungsvoraussetzungen

Einer Selbstanzeige (§ 29 FinStrG) kommt nur dann strafbefreiende Wirkung zu, wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Sobald auch nur eine der genannten Voraussetzungen nicht vorliegt, ist die Straffreiheit verwehrt und der Selbstanzeige kommt nur mildernde Wirkung bei der Strafbemessung zu („Geständnis“).

a) Darlegung Verfehlung

In der Selbstanzeige ist der Sachverhalt richtig und wahrheitsgemäß darzustellen. Unter dem Titel der Darlegung der Verfehlung sind folgende Informationen zu geben:

  • Vorliegen einer Verkürzung
  • Ursache der Verkürzung
  • Betroffene Abgabe(n)
  • Betroffene Periode(n)

Praxistipp (1): Aus finanzstrafrechtlicher Vorsicht hat die Darstellung in der Regel bis zum erstmaligen Auftreten des Fehlers in der Vergangenheit zu reichen.

b) Offenlegung bedeutsamer Umstände

Dabei handelt es sich um die Darstellung der Bemessungsgrundlagen. Die Aufbereitung hat dem jeweiligen Abgabenanspruch zu entsprechen: Bei UVA-Delikten ist die Bemessungsgrundlage auf Monatsbasis darzustellen, bei DB-Delikten auf Quartalsbasis, bei KöSt-Delikten auf Jahresbasis. Die Abgabenbehörde muss anhand der gemachten Angaben in der Lage sein, die Abgaben unverzüglich festsetzen zu können.

Praxistipp (2): Sollte eine exakte Ermittlung der Bemessungsgrundlagen nicht möglich sein, kann eine Schätzung vorgenommen werden.

c) Rechtzeitigkeit

Durch im Gesetz normierte Sperrgründe wird die Rechtzeitigkeit der Selbstanzeige ausgeschlossen:

  • Betretung auf frischer Tat: Dieser Sperrgrund ist insb im Zollrecht von Bedeutung.
  • Verfolgungshandlungen: Nach außen erkennbare und konkretisierte Amtshandlung (Person, Abgabenart, Tathandlung, Zeitraum). Eine Kenntnis des Täters von der Verfolgungshandlung ist nicht erforderlich. Beispiel: Aufforderung der Finanzstrafbehörde zur schriftlichen Rechtfertigung. Eine Betriebsprüfung (§ 147 ff BAO) ist hingegen KEINE Verfolgungshandlung.
  • Tatendeckung: Notwendig ist die Entdeckung der objektiven Tatseite (Abgabenverkürzung) + die Kenntnis des Täters von der Tatentdeckung. „Entdecker“ können nicht nur Finanzstrafbehörden, sondern auch Abgabenbehörden sein; auch ausländische Behörden kommen in Betracht.
  • Betriebsprüfung: Für vorsätzliche Finanzvergehen kann bei Beginn einer Betriebsprüfung letztmalig eine Selbstanzeige erstattet werden. Für grob fahrlässige Delikte ist eine Selbstanzeige auch noch während laufender BP möglich. Allerdings ist die Abgrenzung von grober Fahrlässigkeit / Vorsatz aufgrund der kasuistischen Rechtsprechung zur subjektiven Tatseite mit Unsicherheiten belastet.
  • KEINE wiederholte Selbstanzeige: Jeder Abgabenanspruch kann nur einmal Gegenstand einer Selbstanzeige sein. Daher muss genau geprüft werden, ob sämtliche Fehler iZm dem selbstanzuzeigenden Abgabenanspruch ermittelt wurden. Ausgenommen sind Vorauszahlungen: Diese können mehrfach angezeigt werden (zB UVA).

Praxistipp (3): Ob eine Selbstanzeige rechtzeitig erfolgt oder nicht, kann nie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bestimmt werden. Es bedarf der genauen Prüfung ist im Einzelfall.

d) Schadensgutmachung: Entrichtung binnen Monatsfrist

Die nicht rechtzeitige Entrichtung ist in der Praxis der Hauptgrund für das Scheitern von Selbstanzeigen. Bei einer verspäteten Schadensgutmachung kommt der Finanzstrafbehörde kein Toleranzspielraum zu. Die Frist beträgt einen Monat.

Praxistipp (4): Ist es dem Abgabepflichtigen nicht möglich, die verkürzten Abgaben innerhalb der Monatsfrist zu entrichten, so kann einen Antrag auf Zahlungserleichterung (Stundung, Ratenzahlung) für maximal 24 Monate gestellt werden. Ein Antrag auf Aussetzung der Einhebung (§ 212a BAO) ist aber NICHT möglich.

e) Täternennung: Wer ist in einer Selbstanzeige zu nennen?

Eine Selbstanzeige wirkt nur für jene Personen strafbefreiend, welche in der Selbstanzeige (explizit) genannt werden. Eine Nachnennung von vergessenen „Tätern“ ist nicht möglich. Da Verbänden (zB GmbH) eine Verbandsgeldbuße droht, sind auch sie anzuführen.

Praxistipp (5): Die Nennung eines Verbandes (zB GmbH) bewirkt nicht automatisch die Strafbefreiung für ihre Organwalter (zB Geschäftsführer). GmbH und Geschäftsführer sind daher eigens zu nennen.

Praxistipp (6): Die Ermittlung der anzuführenden Personen ist eine zeitaufwändige Aufgabe. Erforderlich ist die genaue Kenntnis von Fehlerursache, Organisation und Verantwortlichkeiten. Daher sollte möglichst früh im Erstellungsprozess ein Fokus auf die Personennennung gelegt werden.

2. Selbstanzeige & Betriebsprüfung

Bei Selbstanzeige „anlässlich“ einer Betriebsprüfung ist eine Abgabenerhöhung von bis zu 30 % der Steuernachzahlung zu entrichten (sog Taktiererzuschlag). Die Vorschreibung erfolgt durch die Behörde mittels Bescheid.

Praxistipp (7): Unabhängig von der Festsetzung eines Taktiererzuschlags ist die Erstattung einer Selbstanzeige nach Ankündigung einer Betriebsprüfung besonders heikel: Denn bei laufender Betriebsprüfung können nur mehr grob fahrlässig begangene Delikte, nicht hingegen Vorsatzdelikte selbstangezeigt werden (siehe schon oben).

3. Weitere Fallstricke

  • Einbringung per Email: NICHT strafbefreiend, bewirkt jedoch Tatentdeckung.
  • Einbringung bei unzuständiger Behörde: NICHT strafbefreiend, bewirkt jedoch Tatentdeckung.
  • Zeitlich versetzte Einbringung mehrerer Selbstanzeigen: Sind verschiedene Abgabenbehörden betroffen (Finanzamt, Zollamt), ist auf eine simultane Einbringung der Selbstanzeigen zu achten. Ansonsten Gefahr der Tatentdeckung.

Weitere Informationen zum Thema Selbstanzeige finden Sie auch in unserem Folder „Finanzstrafrecht – Vergangenheit sanieren und Risiken vermeiden.

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