Neue Regelungen zur Abzugssteuerentlastung bei Arbeitskräftegestellungen

Tax News 07-09/2022

Internationales Steuerrecht

Kletterer

Mit 1. September 2022 trat die DBA-Durchführungs-Anpassungs-Verordnung (BGBl II 318/2022) in Kraft. Die aus drei Teilen bestehende Sammelverordnung enthält insbesondere die  Verordnung zur Abzugssteuerentlastung bei Arbeitskräftegestellung, mit der die abkommensrechtliche Entlastung von der Abzugsbesteuerung iSd § 99 Abs 1 Z 5 EStG bei Vergütungen für die Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung neu geregelt wird.

1. Zugrunde liegende Rechtslage

Einkünfte ausländischer Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen aus der Gestellung von Arbeitskräften zur inländischen Arbeitsausübung unterliegen in Österreich der beschränkten Steuerpflicht. Die Erhebung der Steuer erfolgt gem § 99 Abs 1 Z 5 EStG durch Steuerabzug idH 20 %. Ist ein dem OECD-MA nachgebildetes DBA anwendbar, so steht aber dem Ansässigkeitsstaat des Arbeitskräftegestellers das Besteuerungsrecht an dessen Einkünften zu, wenn der Gesteller über keine Betriebsstätte in Österreich verfügt. Dem ausländischen Arbeitskräftegesteller ist daher mangels inländischer Betriebsstätte nach Maßgabe des DBA eine Entlastung von der Abzugsteuer zu gewähren.

Der Abzugssteuer auf die Gestellungvergütungen kommt allerdings auch eine Sicherstellungsfunktion in Hinblick auf die Besteuerung der in den Gestellungsvergütungen enthaltenen Lohnanteil zu, da die Bezüge der gestellten Arbeitskräfte DBA-rechtlich regelmäßig in Österreich besteuert werden dürfen.

Eine Entlastung von der Abzugsteuer ist folglich nur insoweit geboten, als die Besteuerung der Einkünfte der überlassenen Arbeitnehmer in Österreich sichergestellt ist (vgl VwGH 23.04.2021, Ra 2020/13/0089).

2. Die Verordnung zur Abzugsteuerentlastung bei Arbeitskräftegestellung ("AKGest-VO")

2.1. Pauschale Sicherstellung der Besteuerung der Arbeitnehmereinkünfte

Nach § 1 AKGest-VO ist pauschal davon auszugehen, dass von der 20 %igen Abzugssteuer auf das gesamte Gestellungsentgelt ein Anteil von 70% auf die Besteuerung der Arbeitnehmereinkünfte entfällt. Die Besteuerung der Einkünfte der gestellten Arbeitnehmer gilt somit mit dem Einbehalt und der Abfuhr von 70 % der Abzugsteuer vom Gestellungsentgelt als sichergestellt. Die Aufteilung orientiert sich am Kommunalsteuergesetz: Bei einer Gestellung von Arbeitskräften von einer nicht inländischen Betriebsstätte zur inländischen Arbeitsausübung ist die KommSt-Bemessungsgrundlage ebenso mit 70 % des Gestellungsentgelts festgelegt.

2.2. Entlastung an der Quelle

In § 3 Abs 1 AKGest-VO wird festgehalten, dass für die Entlastung an der Quelle die §§ 1-6 der DBA-Entlastungsverordnung (also insb. die Dokumentationserfordernisse betreffend Abkommensberechtigung des ausländischen Personalgestellers (ZS-QU-Formular)) gelten.

In § 3 Abs 2 AKGest-VO wird normiert, in welchen Fällen eine Entlastung an der Quelle zulässig ist

  • Im Wesentlichen unverändert zur bisherigen Rechtslage und Verwaltungspraxis ist dies dann möglich, wenn ein freiwilliger Lohnsteuerabzug im Sinne des § 47 Abs 1 lit b EStG durchgeführt wird. Außer bei der konzerninternen Überlassung von Angestellten muss das ausländische Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen zudem die Haftung für Einbehalt und Abfuhr der Lohnsteuer gem § 82 EStG wahrnehmen. Bemerkenswert ist, dass – in Abweichung vom Verordnungsentwurf nicht geregelt ist, wer – ausländisches Gestellungs- oder inländisches Beschäftigungsunternehmen – den Lohnsteuerabzug durchzuführen hat. Die bisherige Praxis, wonach dieser auch vom inländischen Beschäftigerunternehmen durchgeführt werden kann, dürfte daher weiterhin möglich sein. Die Lohnsteuerhaftung trifft aber jedenfalls das ausländische Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen.
  • Neu ist sowohl für konzerninterne als auch sonstige Überlassungen die Möglichkeit der teilweisen Entlastung iHv 30 % der Abzugssteuer an der Quelle, wenn 70 % der Abzugssteuer einbehalten und abgeführt werden.

In beiden Fällen (freiwilliger Lohnsteuerabzug und 70 %ige Abfuhr der Abzugssteuer) setzt die Entlastung an der Quelle außer bei der konzerninternen Überlassung von Angestellten das Vorliegen eines Befreiungsbescheides voraus. Dieser kann vom Finanzamt für Großbetriebe erlassen werden, wenn sichergestellt ist, dass keine Umgehungsgestaltung vorliegt. Gestellungsnehmer können die Arbeitskräftegestellungsvergütungen von der Besteuerung für jene Zeiträume entlasten, für die ihnen eine Kopie des Bescheides vorliegt.

Gemäß § 3 Abs 3 AKGest-VO hat das Arbeitskräftegestellungsunternehmen vor Beantragung des Befreiungsbescheids beim Finanzamt für Großbetriebe mittels eines Webformulars eine elektronische Vorausmeldung abzugeben, deren Inhalt in § 3 Abs 4 AKGest-VO präzisiert wird. Der Befreiungsbescheid selbst soll ausschließlich mittels des mit einer Übermittlungsbestätigung versehenen, unterfertigten und mit der Ansässigkeitsbescheinigung der ausländischen Abgabenverwaltung ergänzten Ausdrucks der Vorausmeldung beantragt werden können.

Trotz des mit der Beantragung verbundenen hohen administrativen Aufwands ist die Entlastung von der Abzugssteuer an der Quelle weiterhin nur in Hinblick auf jene Arbeitnehmer möglich, die im Befreiungsbescheid angeführt sind.

2.3. Rückerstattung

§ 4 AKGest-VO sieht eine Rückerstattungssperre für 70 % der Steuer auf das Gestellungsentgelts vor. Bei Stattgabe der Rückerstattung ist daher – ohne Vornahme einer Ermittlung einer fiktiven Lohn- oder Einkommensteuer – stets ein Betrag iHv 30 % der Steuer auf das Gestellungsentgelt zu erstatten.

Eine Erstattung der gesamten Abzugssteuer ist lediglich dann möglich, „wenn für die überlassenen Arbeitskräfte ein Lohnsteuerabzug im Sinne des § 47 Abs 1 lit b EStG 1988 vorgenommen wurde sowie das ausländische Arbeitskräfteüberlassungsunternehmen die Pflichten des Arbeitgebers im Sinne des § 82 EStG 1988 wahrnimmt.“ Anders als für die Entlastung an der Quelle ist daher für die Rückerstattung die Wahrnehmung der Lohnsteuerhaftung durch den ausländischen Arbeitskräfteüberlasser auch bei der konzerninternen Überlassung von Angestellten Voraussetzung.

Auffällig ist, dass eine Rückerstattung der gesamten Abzugssteuer nur bei Vornahme eines Lohnsteuerabzugs und nicht auch bei Veranlagung des Arbeitnehmers – durch die die Sicherstellung der Arbeitnehmereinkünfte ebenso gegeben ist – möglich sein soll.

2.4. Kurzfristige Arbeitskräftegestellungen aus Deutschland

Nach Art 15 Abs 3 DBA-Deutschland – dessen Anwendung nach Ansicht beider Finanzverwaltungen auf die gewerbliche Arbeitskräfteüberlassung beschränkt ist– ist bei Arbeitskräfteüberlassungen die 183-Tage-Regelung anzuwenden. Bei kurzfristigen gewerblichen Arbeitskräfteüberlassungen bleibt das Besteuerungsrecht an den Einkünften der gestellten Arbeitnehmer somit beim Ansässigkeitsstaat. Es ist daher keine Sicherstellung einer Besteuerung der in der Gestellungsvergütung enthaltenen Lohnanteile erforderlich. Folglich ist weder für die Entlastung an der Quelle noch für die Rückerstattung die Vornahme eines Lohnsteuerabzugs erforderlich. Es soll jedoch ein Nachweis (nach den Erläuterungen zB Ansässigkeitsbescheinigungen der überlassenen Arbeitskräfte) darüber erbracht werden, dass der betroffene Arbeitslohn aufgrund von Art 15 Abs 3 DBA-Deutschland in Österreich nicht besteuert werden darf. Ob das Vorliegen dieses Nachweises beim Beschäftiger ausreicht oder dennoch unter Vorlage des Nachweises ein Befreiungsbescheid einzuholen ist, ist aus dem Verordnungstext nicht eindeutig erkennbar.

3. Zusammenfassung der Neuregelungen

Nach den neuen Regelungen wird pauschal davon ausgegangen, dass 70 % der 20 %igen Abzugssteuer auf das Gestellungsentgelt auf die darin enthaltenen Arbeitnehmereinkünfte entfallen.

Auch ohne Vornahme eines freiwilligen Lohnsteuerabzugs ist daher eine Entlastung an der Quelle iHv 30 % der Abzugssteuer bzw eine Rückerstattung iHv 30 % bereits abgeführter Abzugssteuer möglich.

Eine 100 %ige Entlastung an der Quelle bzw eine 100 %ige Rückerstattung setzt weiterhin die Vornahme eines freiwilligen Lohnsteuerabzugs voraus, wobei das ausländische Gestellungsunternehmen die Haftungspflicht nach § 82 EStG trifft. Der Lohnsteuerabzug selbst kann offenbar entsprechend der bisherigen Verwaltungspraxis weiterhin durch den Beschäftiger vorgenommen werden.

§§ 1-6 der DBA-Entlastungsverordnung (also insb. die Dokumentationserfordernisse betreffend Abkommensberechtigung des ausländischen Personalgestellers (ZS-QU-Formular)) sind weiterhin zu beachten. Wie bisher ist zudem ist außer in den Fällen der konzerninternen Überlassung von Angestellten das Vorliegen eines Befreiungsbescheides Voraussetzung sowohl für die 30 %ige als auch die vollständige Entlastung an der Quelle. Neu ist dabei der formale Prozess für die Beantragung des Befreiungsbescheids im ABZ-Verfahren.

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