Neue Rechtsgrundlage für DBA-Rückerstattungsanträge

Tax News 07-09/2022

Internationales Steuerrecht

Kletterer

Für DBA Rückerstattungsanträge wurde mit § 240 Abs 4 BAO eine neue Rechtsgrundlage geschaffen. Neben einer Reihe von Klarstellungen, wie etwa der grundlegenden Anwendbarkeit auf DBA Rückerstattungsanträge sowie dem Verhältnis zu freiwilligen Veranlagungen, bringt die Regelung auch Neuerungen, wie etwa das Erfordernis der tatsächlichen Entrichtung, sowie die allgemeine Anwendbarkeit der 5-Jahres Frist. Zu begrüßen ist weiters die Klarstellung, dass die Frist zur Antragstellung bei einer Haftungsinanspruchnahme mit ebendieser beginnt und nicht mit dem Zeitpunkt, zu dem die Abzugsteuer hätte abgeführt werden müssen. 

Mit dem Abgabenänderungsgesetz wurde eine neue Rechtsgrundlage für die Rückerstattung von Abzugsteuern auf Basis von Doppelbesteuerungsabkommen (in der Folge kurz „DBA“) eingeführt. Diese bringt einerseits eine Reihe von Klarstellungen enthält aber auch Neuerungen.

1. Explizite Rechtsgrundlage für DBA Erstattungsanträge

Bislang wurden DBA-Rückerstattungsanträge auf Basis des § 240 Abs 3 BAO gestellt und bearbeitet. Der Wortlaut dieser Norm hat jedoch in der Vergangenheit zu Diskussionen über deren Anwendbarkeit bei DBA-Rückerstattungsanträgen geführt. Dies insofern, als § 240 Abs 3 BAO eine Rückerstattung von „zu Unrecht einbehaltenen Beträgen“ vorsieht. Viele DBA sehen allerdings ein zweistufiges Verfahren vor, bei dem zunächst eine Quellensteuer einbehalten werden darf und die vom DBA definierte Begünstigung erst im Rückerstattungswege hergestellt werden muss. In solchen konnte daher argumentiert werden, dass der Einbehalt nicht zu Unrecht war und § 240 Abs 3 BAO folglich nicht anwendbar sei.

Diese – aus praktischer Sicht vielfach theoretische - Unsicherheit soll nun durch eine explizite Regelung für DBA-Rückerstattungen beseitigt werden.

2. Tatsächliche Entrichtung

Die Rückzahlung kann auf Basis der neuen Regelung nur für „einbehaltene und entrichtete“ Beträge erfolgen. Das Erfordernis der Entrichtung war in § 240 Abs 3 BAO nicht explizit enthalten. Wenngleich es aus Sicht des BMF nachvollziehbar erscheint, dass nur tatsächlich entrichtete Abgaben rückerstattet werden, kann es den einzelnen Einkünfteempfänger vor Probleme stellen, wenn zB der Abzugsverfplichtete die Abzugsteuer zwar einbehält, aber nicht entrichtet.

Für die Einkünfteempfänger wird es künftig daher wichtig sein, vom Abzugsverpflichteten entsprechende Belege über die Entrichtung der Abzugsteuer zu verlangen. Für die Abzugsverpflichteten ist es auf der anderen Seite – auch unter Datenschutzgesichtspunkten – mitunter nicht ganz einfach eine solche Bestätigung bereitzustellen, zumal die Abzugsteuer in der Regel gesammelt überwiesen wird und nicht getrennt je Einkünfteempfänger. Hier ist daher allenfalls eine Anpassung der Prozesse zum Einbehalt und der Entrichtung der Abzugsteuer vorzunehmen, um entsprechende Belege bereitstellen zu können.

3. Verhältnis zu Veranlagungen

Der neue § 240 Abs 4 BAO sieht – wie bereits § 240 Abs 3 BAO - eine Subsidiarität zur Veranlagung vor. Allerdings wurde auch hier eine Klarstellung vorgenommen. Eine Rückerstattung soll nur dann abgelehnt werden können, wenn entweder eine Veranlagung „zu erfolgen hat“ oder „erfolgt ist“. Insoweit geht nur eine Pflichtveranlagung oder eine bereits erfolgte freiwillige Veranlagung einer Rückerstattung vor. Die theoretische Möglichkeit einer freiwilligen Veranlagung gem § 102 Abs 1 Z 3 EStG kann jedoch zu keiner Ablehnung einer Rückerstattung führen. Wenngleich dies in der Praxis auch in der Vergangenheit vielfach kein Problem darstellte, war der Wortlaut des § 240 Abs 3 BAO hier insoweit unklar, als gem lit c eine Rückerstattung auch dann nicht zu erfolgen hatte, wenn ein Ausgleich „im Falle eines Antrages auf Veranlagung zu erfolgen hätte.

4. Frist zur Antragstellung – 5 Jahre auch bei kürzerer DBA-Frist

Eine echte Neuerung erfolgte bei der Frist von 5 Jahren vor: „Der Antrag kann ungeachtet allfälliger im Abkommen vereinbarter kürzerer Fristen bis zum Ablauf des fünften Kalenderjahres, das auf das Jahr der Einbehaltung folgt, gestellt werden.“ Damit gilt die Frist von 5 Jahren nunmehr für alle DBA, unabhängig davon, wann diese abgeschlossen wurden. In der Vergangenheit wurde von Seiten des BMF die Meinung vertreten, dass die 5-jährige Frist gem § 240 Abs 3 BAO nur dann eine kürzere Frist eines DBA überlagert, wenn das DBA bzw die dort vorgesehene Frist vor Inkrafttreten der 5-Jahresfrist gem § 240 Abs 3 BAO abgeschlossen wurde. Auf Basis dieser Sichtweise hätte nach Ansicht des BMF zB für das DBA Deutschland die kürzere Frist von 4 Jahren gegolten (Erlass des BMF vom 09.07.2019, BMF-010221/0208-IV/8/2019). Für Anträge ab 2023 wird daher auch für das DBA Deutschland die Frist von 5 Jahren gelten.

Eine erfreuliche Klarstellung in Hinblick auf die Frist wurde auch für den Fall von Haftungsinanspruchnahmen vorgenommen. Wird ein Abzugsverpflichteter zB im Rahmen einer Betriebsprüfung zur Haftung herangezogen (dh Festsetzung Abzugsteuer), beginnt die Frist von 5 Jahren mit dem Zeitpunkt der Haftungsinanspruchnahme und nicht mit jenem Zeitpunkt zu dem die Abzugsteuer abzuführen gewesen wäre. Wenngleich dies uE auch in der Vergangenheit so auszulegen war, erscheint die nunmehrige explizite Regelung begrüßenswert.

Zu beachten ist in solchen Fällen allerdings, dass die Rückerstattung nunmehr unter dem Vorbehalt steht, dass die Abzugsteuer vom Abzugsverpflichteten ersetzt wurde. Damit ist eine im Haftungswege festgesetzte Abzugsteuer zwingend an den Einkünfteempfänger zu verrechnen, sofern eine Rückerstattung beantragt werden soll.

Für Quellensteuerrückerstattungen, welche sich als Folge eines Verständigungs- oder Schiedsverfahrens ergeben wurde eine zusätzliche Frist geschaffen. In solchen Fällen kann der Antrag innerhalb 1 Jahres ab Ergehen des Bescheides gem § 48 Abs 2 oder 3 BAO gestellt werden. Dies ist insoweit vorteilhaft, als die Frist von 5 Jahren ab Einbehalt bzw Haftungsinanspruchnahme bei einer entsprechend langen Dauer eines Verständigungsverfahrens mitunter nicht ausreichend sein kann.

5. Inkrafttreten

Die neue Regelung des § 240 Abs 4 BAO gilt ab 1. Jänner 2023 und ist auf Vorausmeldungen anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2022 gestellt werden.

6. Ergebnis und Auswirkungen auf die Praxis

Die Einführung einer neuen und expliziten Regelung für DBA-Rückerstattungsanträge ist in Summe erfreulich, zumal sie einige wichtige Klarstellungen trifft. Auch die einheitliche Gewährung der Frist 5 Jahren ist zu begrüßen.

Für die Praxis ergeben sich allerdings auch einige Dinge, die es zu beachten gilt:

  • Einkünfteempfänger werden künftig verstärkt Bestätigungen über die Entrichtung der Steuer fordern. Hier wird es oftmals notwendig sein bestehende Prozesse anzupassen, um solche individuellen Bestätigungen zur Verfügung stellen zu können.
  • Bei Rückerstattungen in Folge von BP-Festsetzungen ist sicherzustellen, dass der Einkünfteempfänger die Abzugsteuer ersetzt, um eine Rückerstattung zu erhalten. Bei einer Rückerstattung durch den Abzugsverpflichteten (ausgestattet mit einer Vollmacht und einer Geldvollmacht des Einkünfteempfängers) wirft dies einige Fragen auf, die vorab zu klären sind, um einen negativen Bescheid zu vermeiden.

Die Experten der KPMG unterstützen Sie gerne bei der Abklärung von Fragen, welche sich iZm dieser neuen Rechtsgrundlage ergeben.  

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