BFG erneut zur Steuerpflicht der Todesfallbeihilfe: KEIN Vorsatz

Tax News 05-06/2022

Finanzstrafrecht

Kletterer

Der Empfänger einer Todesfallbeihilfe verkannte deren Steuerpflicht. Die Zahlung wurde daher zu Unrecht nicht in die Steuererklärung aufgenommen. Da die Todesfallbeihilfe dem Charakter einer steuerfreien Ablebensversicherung entspricht, liegt allerdings ein entschuldbarer Irrtum vor. KEIN Vorsatz (BFG 17.01.2022, RV/5100090/2020).

1. Sachverhalt: Todesfallbeihilfe und Lebensversicherung nach Ableben des Vaters

Der damals 23-jährige Beschwerdeführer hat 2011 von der Wohlfahrtskasse der Ärztekammer aufgrund des Ablebens seines Vaters eine Todesfallbeihilfe iHv EUR 27.900 erhalten. Diese wurde von ihm nicht in seine ESt-Erklärung aufgenommen und damit zu Unrecht nicht versteuert. Zur gleichen Zeit kam es zur Auszahlung mehrerer nicht steuerpflichtiger Lebensversicherung an den Beschwerdeführer.

Aufgrund einer Kontrollmitteilung erfuhr das Finanzamt (FA) 2019 von der erfolgten Auszahlung der Todesfallbeihilfe. Das FA ging von einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung aus und nahm auf Basis der verlängerten Verjährungsfrist von 10 Jahren die Veranlagung der ESt 2011 wieder auf (§ 207 Abs 2 BAO). Die relative Verjährungsfrist war bereits mit Ende 2017 verstrichen. Der Vorsatzvorwurf wurde auf ein von der Ärztekammer verschicktes Informationsschreiben über die Steuerpflicht der Todesfallbeihilfe gestützt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom FA als unbegründet abgewiesen: Es unterliege dem Allgemeinwissen, dass Einkünfte zu versteuern seien.

2. BFG 17.01.2022, RV/5100090/2020: Entschuldbarer Irrtum

Das BFG verneinte das Vorliegen einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung:

  • Die Zustellung des Informationsschreibens der Ärztekammer konnte nicht festgestellt werden.
  • Irrtum: Für einen steuerlichen Laien war die Steuerpflicht der Todesfallbeihilfe nicht erkennbar, weil sie dem Charakter einer nicht-steuerpflichtigen Ablebensversicherung entspricht.

Bei der Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen wurden, kommen auch in der BAO die strengen Anforderungen des Strafrechts zum Tragen. Dies gilt insb in Hinblick auf das Beweismaß. Diesen Ansprüchen genügten die Feststellungen des FA im vorliegenden Fall nicht. Bei Wiederaufnahme der ESt 2011 war daher Verjährung bereits eingetreten und die Wiederaufnahme rechtswidrig.

Der Beschwerdeführer musste auch keine Zweifel über die Rechtmäßigkeit seines Handelns haben; es bestand kein Anlass zur Einholung von fachkundigem Rat. Somit liegt im gegenständlichen Fall ein auch grobe Fahrlässigkeit ausschließender entschuldbarer Irrtum vor.

3. Ergebnis: Bestätigung der bisherigen Rechtsprechung zu Beweismaß und Irrtum

Im BAO-Verfahren genügt die überwiegende Wahrscheinlichkeit, um eine Tatsache als wahr anzusehen. Demgegenüber bedarf es im Finanzstrafverfahren der „vollen Überzeugung des Richters"; ein Grad an Überzeugung „wenige Promille unter der Hundertprozentgrenze“. Dieser Maßstab ist auch bei der Beurteilung einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung im Abgabenverfahren anzuwenden ist. Siehe auch: Tax News 01/2022 - BFG zur verlängerten Verjährung bei hinterzogenen Abgaben in der BAO

Die anspruchsvolle abgabenrechtliche Beurteilung von nicht alltäglichen Zahlungen (wie bspw der Todesfallbeihilfe) ist nicht vom Allgemeinwissen umfasst. Liegt aufgrund ähnlicher Zahlungen eine Steuerfreiheit nahe, ist vom einem (entschuldbaren) Irrtum auszugehen. Siehe auch Tax News 01/2022 – BFG zu Nichtversteuerung der Todesfallbeihilfe: Erfolgreiche Vorsatzentkräftung

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