VwGH zum gleichzeitigen entgeltlichen Verzicht auf ein Veräußerungs- und Belastungsverbot und ein Fruchtgenussrecht

Tax News 04/2022

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Der entgeltliche Verzicht auf ein Veräußerungs- und Belastungsverbot unterliegt der Einkommensteuer. Der entgeltliche Verzicht auf ein Fruchtgenussrecht im außerbetrieblichen Bereich hingegen (idR) nicht. Wie ist aber die Einkommensteuer zu ermitteln, wenn zu einem Pauschalpreis zugleich auf ein Veräußerungs- und Belastungsverbot und ein Fruchtgenussrecht verzichtet wird? Nach Ansicht des VwGH (24.01.2022, Ra 2021/13/0117) ausnahmsweise im Wege der Differenzmethode, indem vom vereinbarten Pauschalpreis der Wert des Fruchtgenussrechts abgezogen wird. 

Sachverhalt: Gleichzeitiger Verzicht auf ein Veräußerungs- und Belastungsverbot und ein Fruchtgenussrecht

An einer Liegenschaft in Mödling ist zugunsten der Steuerpflichtigen sowohl ein Fruchtgenussrecht als auch ein Belastungs- und Veräußerungsverbot eingeräumt gewesen. Die Steuerpflichtige verzichtete sowohl auf das Fruchtgenussrecht als auch auf das Belastung- und Veräußerungsverbot und erhielt dafür (pauschal) EUR 500.000.

Der entgeltliche Verzicht auf ein Fruchtgenussrecht ist (im Privatvermögen) nicht einkommensteuerpflichtig nach § 29 Z 3 EStG (der entgeltliche Verzicht auf ein Wohnrecht als nicht übertragbares Recht hingegen schon). Ein Veräußerungs- und Belastungsverbot ist (wie beispielsweise das Wohnrecht) ebenso nicht übertragbar, weshalb der entgeltliche Verzicht auf dieses Recht nach § 29 Z 3 EStG einkommensteuerpflichtig ist (siehe zB bereits VwGH 23.05.2000, 95/14/0029).

Fraglich ist, wie die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer für die Ablöse des Veräußerungs- und Belastungsverbot zu berechnen ist, wenn zugleich auf ein Fruchtgenussrecht verzichtet wird, und dafür ein Pauschalpreis vereinbart wird.

VwGH 24.01.2022, Ra 2021/13/0117

Der VwGH führt aus, dass nach ständiger Rsp die Aufteilung eines einheitlichen Entgelts für verschiedene Wirtschaftsgüter generell nach streng objektiven Maßstäben zu erfolgen hat. Dafür ist der Verkehrswert der einzelnen Wirtschaftsgüter zu ermitteln und das Entgelt im Verhältnis dieser Werte aufzuteilen („Methode des Sachwertverhältnisses“). In der vorliegenden Konstellation hielt der VwGH allerdings ausnahmsweise die Differenzmethode für angebracht, weil der Verkehrswert eines Veräußerungs- und Belastungsverbots schlicht nicht ermittelbar ist. Daher ist in solchen Fällen vom Gesamtentgelt das wertmäßig auf das Fruchtgenussrecht entfallende Entgelt abzuziehen, sodass danach das für den Verzicht auf das Veräußerungs- und Belastungsverbot anzusetzende Entgelt als Differenz verbleibt, das der Einkommensteuer unterliegt.

Praxishinweis

Wird auf bestimmte Rechte in Zusammenhang mit Liegenschaften zugunsten des Steuerpflichtigen entgeltlich verzichtet – zB auf ein Fruchtgenussrecht, ein Wohnrecht, ein Mietrecht oder ein Belastungs- und Veräußerungsverbot – ist insbesondere im Privatbereich zunächst die einkommensteuerliche Behandlung der erhaltenen Ablösezahlung für das konkrete Recht zu klären, weil sich diese im Einzelfall unterscheidet. Danach kann sich die Frage nach der Aufteilung des Entgelts stellen, sofern – wie in dem oben geschilderten Fall - auf mehrere eingeräumte Rechte gleichzeitig verzichtet wird, und hierfür ein Gesamtentgelt vereinbart wird.

Ihr KPMG-Berater unterstützt Sie bei der Beurteilung Ihres konkreten Sachverhalts gerne.  

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