Steuerliche und bilanzielle Fragen bei der Implementierung von SAP S/4HANA

Tax News 02-03/2022

Bilanz- und Konzernsteuerrecht

Kletterer

Die Implementierung von SAP S/4HANA ist oftmals mit hohen Kosten für die Lizenz und das Customizing verbunden. Daraus ergibt sich vor allem auch hinsichtlich der steuerlichen und bilanziellen (UGB) Behandlung die Frage, ob diese Kosten laufenden Aufwand darstellen oder ob diese zu aktivieren sind.  Darauf aufbauend ergeben sich eine Reihe wesentlicher Folgethemen.

1.     Aktivierung oder laufender Aufwand

1.1.  Erwerb

ERP-Systeme gehören grundsätzlich zu den immateriellen Vermögensgegenständen des Anlagevermögens. Zu aktivieren sind diese jedoch nur, wenn sie entgeltlich erworben wurden. Für selbst hergestellte immaterielle Vermögensgegenstände besteht ein Aktivierungsverbot. Analoges gilt im Steuerrecht für unkörperliche Wirtschaftsgüter. Bei erworbenen SAP-Lizenzen und dem damit verbunden Customizing ist somit hinsichtlich der bilanziellen Behandlung abzuklären, ob es sich um einen entgeltlichen Erwerb oder eine Herstellung handelt. Zu dieser Abgrenzung sind folgende Punkte zu betrachten:

  • Handelt es sich um einen Anschaffungsvorgang am Markt?
  • Ist das erworbene SAP-System weitestgehend einsetzbar bzw. stammen alle wesentlichen Komponenten aus dem Vermögen anderer?
  • Wird eine Garantie für die ordnungsgemäße Funktionalität übernommen?
  • Wer trägt das Herstellungsrisiko?

Für den Fall, dass eine SAP-Lizenz erworben wird und das Customizing im eigenen Unternehmen erfolgt ist zu unterscheiden, ob es sich nur um geringfügige Anpassungen handelt oder ob eine die Wesensart ändernde Weiterentwicklung stattfindet. Als grobe Leitlinie stellt die Finanzverwaltung auf folgende Grundsätze ab:

  • Anschaffungskosten > Herstellungskosten: Anschaffungskosten sind aktivierungspflichtig und Herstellungskosten stellen laufenden Aufwand dar.
  • Anschaffungskosten < Herstellungskosten: Anschaffungs- und Herstellungskosten sind laufender Aufwand da insgesamt von einem Herstellungsvorgang auszugehen ist.

1.2.  Miete

Wenn die SAP-Lizenz nicht gekauft, sondern im Rahmen eines Nutzungsvertrags (von Dritten oder Konzerngesellschaften) überlassen wird, ist die SAP-Lizenz nicht zu aktivieren. Das Mietentgelt stellt laufenden Aufwand dar. Es kommt allerdings eine Aktivierung des Customizings vergleichbar mit „Mietereinbauten" in Betracht, wenn eine Eigenständigkeit des Customizings (selbständiges Wirtschaftsgut) dokumentiert werden kann und der Auftragnehmer (zB IT-Berater) das Herstellerrisiko trägt. Andernfalls handelt es sich auch hier um laufenden Aufwand.

Es sind insbesondere folgende Aspekte für die Aktivierungsfähigkeit des Customizings von zentraler Bedeutung:

  • Ist das Customizing als eigenständiger immaterieller Vermögensgegenstand anzusehen?
  • Ist der eigenständige Vermögensgegenstand „Customizing“ angeschafft?

2.     Abschreibung und Nutzungsdauer

Die Abschreibung beginnt mit der Inbetriebnahme, was dem Zeitpunkt entspricht, zu dem das ERP-System final implementiert und im Echtbetrieb einsatzfähig ist.

Sowohl das Steuerrecht als auch das Unternehmensrecht gehen als Basis für die Abschreibung von der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer aus. Bei ERP-Systemen kann man in der Praxis, vor allem auch durch die sich ständig ergebenden technischen Neuerungen, die tatsächliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer idR vorab schwer abschätzen., Während in Deutschland zum Teil von einer einjährigen Nutzungsdauer von Software ausgegangen wird, hat sich die österreichische Finanzverwaltung explizit nicht dieser Ansicht angeschlossen (EStR 2000 Rz 3115 Z 3).

3.     Conclusio

Um die Aufwendungen iZm der Implementierung von SAP S/4HANA steuerlich und bilanziell korrekt darstellen zu können, sollten jedenfalls die entsprechenden Kriterien im Detail geprüft und dokumentiert werden. Insofern man die anfallenden Aufwendungen aktivieren möchte um eine Nutzungsdauer-bezogene Verteilung, der in der Regel doch nicht unerheblichen, Kosten zu ermöglichen, sollte man sich bereits zu Projektbeginn mit den zur Aktivierung erforderlichen Voraussetzungen auseinandersetzen (zB Beauftragung von IT-Beratern im Rahmen eines Werkvertrages anstelle eines Dienstleistungsvertrages).  

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