BFG: Anteilsveräußerung unter Dividendenvorbehalt - Beteiligungsertrag gemäß § 10 KStG oder Teil des Kaufpreises?

Tax News 10-11/2021

Bilanz- und Konzernsteuerrecht

Kletterer

Das BFG beschäftigte sich mit der Frage, ob ein Dividendenvorbehalt, der bei einem Anteilsverkauf einer inländischen Beteiligung vereinbart wurde, als Beteiligungsertrag qualifiziert werden kann oder einen Teil des Kaufpreises darstellt. Aufgrund der besonderen Vertragsbestimmungen wurde das wirtschaftliche Eigentum erst zu einem späteren Zeitpunkt übertragen, weshalb ein Ausschüttungsbeschluss der Altgesellschafter vorlag und die vorbehaltene Dividende als steuerfreier Beteiligungsertrag gemäß § 10 KStG qualifiziert werden konnte.

1. Sachverhalt

  • Am 19.03.2011 erfolgte der Abschluss eines Kaufvertrags über die Veräußerung der Anteile aller Gesellschafter an einer österreichischen GmbH mit Vereinbarung eines Dividendenvorbehalts für die Verkäufer.
  • Am 28.03.2011 erfolgte der Ausschüttungsbeschluss.
  • Im Vertrag wurde ein vom Vertragsabschlusstag abweichender „Completion Date“ (01.04.2011) vereinbart.

Bis zum vereinbarten „Completion Date“ mussten von den Verkäufern vertraglich vereinbarte Bedingungen erfüllt werden, damit der Vertrag mit 1.4.2011 rechtswirksam zustande kommen konnte.

Die Außenprüfung verneinte das Vorliegen eines steuerfreien Beteiligungsertrags iSd § 10 KStG und sah die vorbehaltene Dividende als Teil des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns, da der Ausschüttungsbeschluss (28.3.) erst nach Abschluss des Kaufvertrags (19.3.) erfolgte. Der vereinbarte „Completion Date“, der zeitlich nach dem Ausschüttungsbeschluss liegt, habe darauf keine Auswirkung. Entscheidend sei der Zeitpunkt des Vertragsabschlusses.

2. Differenzierung zwischen Beteiligungsertrag oder Veräußerungsgewinn

Die Differenzierung zwischen Veräußerungsgewinn und Beteiligungsertrag aus inländischen Beteiligungen ist erforderlich, weil nur Beteiligungserträge von der Befreiung des § 10 KStG umfasst sind.

Während im Schrifttum überwiegend die Ansicht vertreten wird, dass ein Dividendenvorbehalt unter § 10 KStG fällt, vertritt die Finanzverwaltung in den KStR 2013 Rz 1168 insbesondere auch aufgrund eines missbrauchsverdächtigen VwGH-Falls (vgl VwGH 14.12.2005, 2002/13/0053) dazu folgende Position: 

Sollen dem Veräußerer Dividendenzahlungen nach Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums zukommen und liegt zum Veräußerungszeitpunkt über diese Dividendenzahlung noch kein Ausschüttungsbeschluss vor, liegt ein offenkundiger Zusammenhang mit dem Verkauf vor, weshalb die Dividende als Teil des Kaufpreises anzusehen ist. Die Steuerbefreiung des § 10 KStG für Beteiligungserträge ist in diesem Fall nicht anwendbar.

3. Entscheidung des BFG (26.08.2021, RV/4100568/2016)

Das BFG widmete sich den besonderen vertraglichen Vereinbarungen dieses Falles, v.a. im Hinblick auf die Frage, wer im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Ausschüttung das wirtschaftliche Eigentum an den Kapitalanteilen hatte. Die vereinbarten Bedingungen, die von den Verkäufen vor dem „Completion Date“ zu erfüllen waren, führten nach Auffassung des BFG zu einer schwebenden Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit bis zur Erfüllung der Bedingungen. Aufgrund der Ausgestaltung des Vertrages entspräche es daher dem Willen der Parteien, dass die Anteile erst mit Beendigung des Schwebezustandes am „Completion Date“ (1.4.) übertragen werden. Sowohl das zivilrechtliche als auch das wirtschaftliche Eigentum gingen daher erst mit dem „Completion Date“ auf die Käuferin über.

Folglich läge der Tag des Ausschüttungsbeschlusses vor dem Tag der Übertragung der Anteile, weshalb die vorbehaltene Dividende als Beteiligungsertrag und nicht als Teil des Veräußerungspreises zu qualifizieren war.

4. Ergebnis 

Das Ergebnis des vorliegenden Falls begründet sich v.a. in den besonderen Vertragsbestimmungen und dem darin erkennbaren Willen der Parteien die Anteile erst mit dem vereinbarten „Completion Date“ zu übertragen. 

Das BFG führt ergänzend aus, dass die vorliegende Entscheidung daher nicht im Widerspruch zu der in den KStR 2013 Rz 1168 festgehaltenen Rechtsansicht steht. Eine ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.

Im Ergebnis ist bei Vereinbarung eines Dividendenvorbehaltes daher darauf zu achten, dass der Ausschüttungsbeschluss nicht nach Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums der Anteile erfolgt, um eine Qualifikation als steuerfreier Beteiligungsertrag iSd § 10 KStG zu ermöglichen.

Weitere Inhalte