Die effiziente und zielgerichtete Verwaltung von Liquiditätsströmen ist ein zentraler Erfolgsfaktor für Unternehmen verschiedener Größenordnungen. In unserer Artikelreihe „Die Cash Management Journey“ beleuchten wir verschiedene Aspekte des modernen Cash Managements und bieten fundierte Einblicke in Best Practices und innovative Ansätze. In unserem heutigen Beitrag widmen wir uns dem Thema der Standardisierung im Konzern als einem entscheidenden Baustein auf dem Weg zur Optimierung des konzernweiten Cash Managements. Wir zeigen auf, wie durch die Konsolidierung von Prozessen und Systemen die Steuerung der Strukturen im Cash Management optimiert und finanzielle Risiken minimiert werden können.

Die globalen Einflussfaktoren haben sich seit dem letzten Artikel dieser Reihe drastisch verändert. Die damals beschriebenen multiplen Krisen mögen überstanden sein, schlussendlich wurden sie jedoch von nicht minder herausfordernden Situationen abgelöst. Geopolitische Spannungen, Kriege und erhöhte Staatsverschuldung sind nur ausgewählte Faktoren, die ein nach wie vor von hoher Unsicherheit geprägtes Marktumfeld definieren. Für Treasury-Abteilungen brachte die in der Zwischenzeit vollzogene Zinswende besondere Auswirkungen mit sich: Jahrelang nicht denkbare Zinsgewinne sind nun wieder möglich, wodurch sich der Fokus und die Aufgabenschwerpunkte der Cash-Management Funktion entscheidend verändern. Unternehmen stehen dabei vor der Herausforderung, die Voraussetzungen zur Nutzung dieser Zinsgewinne zu schaffen, gleichermaßen jedoch den Fokus ihrer Bankenstrategie und die Risikoabsicherung nicht außer Acht zu lassen. Unabhängig von den geänderten Rahmenbedingungen ist somit klar — die Wichtigkeit eines strategischen und zielgerichteten Cash Managements ist ungebrochen hoch. 

Geprägt durch die stetig wechselnden Herausforderungen und Aufgabenschwerpunkte des Cash Managements sind auch die Ansatzpunkte auf dem Weg zu einem effizienten Cash Management vielfältig. Der im Folgenden dargestellte Grundgedanke der Schaffung von Konzernstandards im Treasury kann dabei auf gleich mehreren Ebenen als wirkungsvolles Instrument eingesetzt werden:

Ebene 1 – Die Bankenstrategie

Im letzten Artikel unserer Reihe „Die Cash Management Journey“ fokussierten wir uns auf die Bankenstrategie als zentralen Baustein einer effektiven Treasury-Steuerung. Auch im Bezug auf unseren heutigen Deep-Dive zum Thema Standardisierung spielt die Bankenstrategie eine wichtige Rolle. Noch immer ist gerade bei Großkonzernen zu beobachten, dass ausgewählte Tochtergesellschaften jeweils individuelle – ob historisch gewachsen oder durch lokale Beziehungen begründet – Geschäftsbeziehungen mit Banken unterhalten, welche auf Konzernebene nicht zur Gruppe der Kernbanken zählen. Die daraus resultierende, Bankenlandschaft bringt eine hohe Komplexität mit sich: Formate im Zahlungsverkehr je Bank weichen voneinander ab, es existieren zahlreiche Kommunikationskanäle und Schnittstellen, Datentransfers werden individuell gestaltet und prozessiert – nur um ein paar Beispiele zu nennen. Eine konsequente Durchsetzung der Bankenstrategie und dadurch auch eine Reduzierung der Anzahl an Bankverbindungen birgt hier enorme Potenziale. Bei konsequenter Verfolgung des Ansatzes kann die Komplexität so massiv reduziert werden, und die „optimale“ Bankenstrategie (hierzu sei auf den letzten Artikel unserer Reihe vom November 2022 verwiesen: „Die richtige Bankenstrategie“) effizient implementiert werden.

Ebene 2 – Der Kontenplan

Die Standardisierung der Banken kann auch einen positiven Einfluss auf die Buchhaltung innerhalb eines Konzerns haben. Durch die Reduzierung der Banken lassen sich die Banksachkonten auf ein Mindestmaß zurückschrauben. Hier kann zusätzlich ein einheitlicher konzernweiter Kontenplan genutzt werden. Dieser trägt dazu bei, die Konsistenz und Vergleichbarkeit der Finanzdaten über verschiedene Tochtergesellschaften und Geschäftsbereiche hinweg sicherzustellen Darüber hinaus wird durch die Zentralisierung die Konzernbilanzierung, die Verwaltung der Konten erleichtert, potenzielle Fehlerquellen reduziert und die Prozesse der Kontenabstimmung beschleunigt.

Ebene 3 – Die Zentralisierung der Treasury Funktion, der Prozesse und der Systeme

Um die Potenziale vollständig ausschöpfen zu können, muss das Thema Zentralisierung in Bezug auf Treasury in unterschiedlichen Dimensionen betrachtet werden. Die Basis Dimension bildet dabei die Treasury Funktion. Hiermit ist die klassische Zentralisierung in Form der Bildung einer Konzern-Treasury-Abteilung gemeint. Diese geht in der Regel einher mit einer Zentralisierung der Treasury-Prozesse, welche als weitere Dimension betrachtet werden kann. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, dass die Konzern-Treasury Abteilung sämtliche Aufgaben der Tochtergesellschaften im Unternehmensverbund übernimmt. Vielmehr stehen dabei die zentrale Gestaltung, Steuerung und Überwachung der konzernweiten Prozesse ausgehend von der Konzern-Treasury Abteilung im Vordergrund. Auf diese Weise kann beispielsweise sichergestellt werden, dass Prozesse die immer komplexer werdenden Compliance-Anforderungen erfüllen oder dass unnötige Schleifen vermieden und so die Prozesseffizienz gesteigert werden kann. Als dritte Dimension ist die Systemlandschaft im Treasury zu betrachten. Werden die Treasury Funktion und die relevanten Prozesse zentralisiert bzw. standardisiert, kann auch die Gestaltung der Systemlandschaft neu überdacht werden. Redundante Systeme können so identifiziert und eliminiert werden, um so schlussendlich eine effiziente und schlanke Systemlandschaft gestalten zu können. 

Ebene 4 – Die Konsolidierung von Treasury Systemen und Effizienz von Schnittstellen

Als Resultat einer schlankeren Systemlandschaft und der Zentralisierung der diversen Treasury-bezogenen Prozesse in einem oder wenigen Systemen kann innerhalb dieser Systeme eine Standardisierung vorangetrieben werden. So können beispielsweise im Zahlungsverkehr Formate und Verfahren vereinheitlicht werden, um die Bearbeitungszeit und den Pflegeaufwand sowie auch das Risiko von Zahlungsausfällen zu minimieren. Selbst wenn Drittsysteme weiterhin im Einsatz sind – wie es in Treasury-Abteilungen von Unternehmen unterschiedlichster Größenklassen nach wie vor häufig der Fall ist – ermöglicht ein standardisierter Ansatz die hierbei notwendigen Schnittstellen effizient aufzusetzen und zu betreuen. Bei Fehlern kann so jederzeit schnell reagiert werden und die Handlungsfähigkeit der Treasury-Abteilung stets sichergestellt werden.

Ebene 5 — Zentralisierung der Bankenkommunikation

Aus Sicht der Treasury-Abteilung offenbaren sich die Vorteile einer solch schlanken Systemlandschaft insbesondere im Bereich der Bankenkommunikation. Bereits zu Beginn des Artikels haben wir Möglichkeit einer zentral gesteuerten Bankenkommunikation als Resultat die Durchsetzung der optimalen, zentralisierten Bankenstrategie hingewiesen. Entscheidet sich das Konzern-Treasury dazu, ein ausgewähltes Treasury-Management-System bzw. Zahlungsverkehrssystem (oder auch eine dedizierte Zahlungsverkehrslösung) als „single-point-of-truth“ für diese Prozesse zu nutzen, lassen sich auf verschiedenen Ebenen Effizienzgewinne realisieren. Beispielsweise können in dem System Formate des Zahlungsverkehrs zentral verwaltet und gestaltet werden. Speziell vor dem Hintergrund der ISO20022-Transition (siehe dazu Artikel „Road to ISO 20022“ aus der Ausgabe 134, Juli 2023) bietet die dadurch gewonnene Flexibilität einen entscheidenden Vorteil. Darüber hinaus ermöglicht die Zentralisierung der Freigabeprozesse und -workflows in einem System die konsequente Einhaltung von Compliance Vorschriften und ein effizientes Monitoring der Zahlungstransaktionen. Zudem kann die Systemlandschaft dazu genutzt werden, um die externen und internen Zahlungen und das Cash Management in Form einer Payment Factory oder In-house Bank zu bündeln In Abhängigkeit der Leistungsfähigkeit des gewählten Systems kann die Gefahr von Fraud-Vorfällen und Sanktionslisten-Verstößen über den gesamten Konzern hinweg drastisch reduziert werden. 

Standardisierung als Schlüssel zur ganzheitlichen Effizienzsteigerung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass eine Standardisierung der zugrundeliegenden Treasury Prozesse enormes Optimierungspotenzial bietet. Schlankere Prozesse geben mehr Übersichtlichkeit und vereinfachen die tägliche Arbeit mit den Systemen. Die konsequente Umsetzung einer zentralen Bankenstrategie als auch eines einheitlichen Kontenplans führen an verschiedenen Stellen zu Effizienzgewinnen. Die Konsolidierung der Treasury Systeme und Funktionen hat einen positiven Einfluss auf die Sicherheit und Compliance im Zahlungsverkehr.

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 144, Juni 2024
Autoren:
Börries Többens, Partner, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG
Nadine Hauptmann, Managerin, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG