Unsere Reihe “Die Cash Management Journey” geht weiter und an unserem letzten Artikel über die Bankgebührenanalyse möchten wir mit einem weiteren vertiefenden Thema anknüpfen. In diesem Artikel werden wir die Bankenstrategie mit diversen Kriterien für zwei verschiedene Kundenprofile vorstellen, da dies die Basis weiterer Entscheidungen für eine effektive Treasury-Steuerung darstellt.

Krisenzeiten sorgen für Anspannung im Finanzierungsgeschehen. Die Corona-Pandemie und die Ukraine-Krise haben die CFOs, Treasurer und Finanzdienstleister vor so einige Herausforderungen gestellt. Die Beziehung der Unternehmen zu den Banken, die bei Umsatzeinbrüchen auf eine schnelle Reaktion und Flexibilität der Banken zählen, wurde auf die Probe gestellt. Bewährt haben sich die Kernbanken, zu denen langjährige Geschäftsbeziehungen bestehen. Eine Neuakquise der Banken hingegen war bei einer angespannten Finanzsituation so gut wie unmöglich. Viele Unternehmen prüfen nun, ob sie ihre Bankenstrategie neu definieren und welche Banken hierfür in Frage kommen. Besonderer Fokus liegt dabei unter anderem auf der Wettbewerbsfähigkeit der Banken in der Abdeckung verschiedener Regionen und Länder sowie auf einem modernen Cash Management. Vor allem in Zeiten der Digitalisierung und Automatisierung ergeben sich moderne Funktionalitäten im Cash Management, um Zahlungsströme liquider Mittel zu koordinieren. Das Zusammenspiel von einer sinnvollen Bankenstrategie und dazu passender Systemauswahl ist in diesem Bereich der Schlüssel.

Banken zielgerichtet auswählen

Bei der Auswahl der passenden Bank sollten einige Faktoren berücksichtigt werden. Letztendlich sollen die tagtäglichen Transaktionen sicher und schnell durchgeführt und die Kosten möglichst niedrig gehalten werden. Dies kann beispielsweise bereits durch die Wahl von homogenen Bankengruppen erfolgen ‒ das spart Transaktionszeit.

Welche Kriterien muss man außerdem beachten? Es existieren mittlerweile diverse Optionen und Instrumente, die genauer unter die Lupe genommen werden sollten. Hierzu werden beispielhaft zwei Unternehmen beschrieben, die zeigen sollen, dass die Bankenauswahl nach Firmenkonstrukt verschiedene Leistungen erfordert. Betrachtet man somit ein fiktives Unternehmen A, eine mittelständische GmbH, welche in Deutschland ihren Hauptsitz sowie lediglich drei nationale Tochtergesellschaften hat und Unternehmen B, das internationale Geschäfte sowie mehrere Töchter im Ausland besitzt, so ergeben sich folgende Unterschiede in der Bankenstrategie: 

Unternehmen A konzentriert sich auf Grundfunktionalitäten, welche kostengünstig abgedeckt werden können. Die Anforderungen bestehen aus günstigen Konditionen, einer E-Banking-Plattform und einem direkten, persönlichen Kommunikationskanal mit der Bank. Die Erfordernisse von Unternehmen A kann durch ein bis zwei regionale oder auch größere deutsche Banken abgedeckt werden.

Unternehmen B dagegen interessiert sich für folgende Funktionen, die die Bank anbieten sollte:

Grundvoraussetzung sollte eine möglichst große Abdeckung der verschiedenen Länder sein, so dass die Konten der Töchter nur bei wenigen Banken eröffnet werden. Dies ermöglicht ebenfalls ein physisches oder virtuelles Cash Pooling durch die Bank, das zu höherer Liquidität und verringertem Aufwand führt. Zur Reduktion der Konten könnte die Nutzung von Payments on behalf of sowie Collections on behalf of führen. Eine leistungsstarke und vielseitige E-Banking Plattform wäre für das Unternehmen nützlich. Die Erfordernisse von Unternehmen B können meist nur durch international tätige Großbanken erfüllt werden, wodurch sich am Anfang der Auswahl stark eingrenzen lässt.

Aus historischer Sicht haben die meisten Unternehmen regionale Bankkonten, so dass mit zunehmender Konzerngröße auch die Anzahl der verschiedenen Bankbeziehungen zunimmt. Das Finden einer Bankenstrategie hat zum Ziel die Anzahl der Banken sowie der Bankkonten zu reduzieren, um die Komplexität der angewandten Cash Management Prozesse zu verringern. Dazu ist es nützlich ein Zielbild zu erarbeiten, also die Auswahlkriterien zu gewichten, um so eine Bankenauswahl zu treffen. Die Gestaltung eines solchen Katalogs deckt zahlreiche Kriterien und Details ab, beispielsweise:

  • Anbindungsmöglichkeiten und Funktionen
  • Regionale und nationale Präsenz
  • Cash-Pooling-Funktionen
  • Anbindung und Formate
  • Kontoeröffnungs- und -schließungsprozesse (eBAM)
  • Sicherheit
  • Integration
  • Service-Levels
  • Implementierungsansätze
  • Kommerzielle Konditionen

Ebenso wichtig wie die Auswahl der Strategie sind die Möglichkeiten, die sich in Verbindung mit der Nutzung moderner Systeme im Cash Management bieten.

Systeme richtig gestalten – Von der Kontenanbindung über die Bankenkommunikation zum Cash Pool

Steht die Wahl der Bank(en) fest, kommt die Frage auf, wie man seine Bankenstrategie im Unternehmen abbilden kann. Ziel ist es den optimalen Nutzeneffekt zu generieren und die tägliche Liquiditätsplanung und -steuerung zu vereinfachen. Doch was bedeutet das für die System- und Softwareanforderungen im Unternehmen konkret?

Das Bankkontenmanagement sollte die Stammdatenpflege optimal unterstützen zum Beispiel durch die Möglichkeit von Workflows zur Kontenanlage und ein Dokumentenmanagementsystem zur Dokumentation von Eröffnung und Schließung von Bankkonten oder dem Hinterlegen unterschriftsberechtigter Personen. Eine Verbindung von Bankkonto und Buchhaltungskonto sowie die Unterstützung einer sinnvollen Kontenlogik ist von Vorteil und vereinfacht dem Anwender die tägliche Arbeit, so dass mehr Effizienz geschaffen und die Transparenz erhöht wird.

Systemabhängig gestaltet sich ebenso die Bankenanbindung. Über EBICS, Host-to-Host, SWIFT etc. lassen sich viele Cash Management Systeme für den elektronischen Zahlungsverkehr mit den Banken anbinden. Dieser Datenaustausch ermöglicht ebenfalls das Empfangen bzw. Versenden von Kontoauszügen, Vormerkposten, Protokollen, Bankgebührenabrechnungen sowie Kontoeröffnungsdokumenten. Ohne Systemanbindung oder bei einem Systembruch lassen sich die bereitgestellten Dateien nicht automatisiert nutzen – zum Beispiel für die Bankgebührenanalyse oder elektronische Kontoeröffnung. Es erschwert ebenfalls das Monitoring sowie einen standardisierten Zahlungsverkehr. 

Clevere Cash Management Lösungen bieten ebenso die Möglichkeit das Cash Pooling systemgesteuert zu starten. Das impliziert, dass auch für verschiedene Banken Konten untereinander gepoolt werden können. Das direkte Pooling bei einer Bank wäre zu bevorzugen, aber kann bei ausreichender Systemunterstützung durchaus um das „manuelle“ oder selbst gesteuerte Pooling ergänzt werden. Ein geeignetes Monitoring für diesen Prozess ist unabdingbar. Hierbei sollte eine Übersicht über die Liquidität aller Konten auf Konzern- und Gesellschaftsebene in einem System ermöglicht werden.

Unser Fazit

Eine optimale Bankenstrategie beginnt bei der Wahl der richtigen Bank(en), führt über eine geeignete Cash Management und Cash Pooling Strategie sowie IT-Unterstützung und endet mit einem geeigneten Reporting. Zusammenfassend gibt es folgende Zwischenschritte, die berücksichtigt werden sollten:

  1. Aufstellung eines gewichteten Kriterienkatalogs, welcher den Aufbau des Unternehmens widerspiegelt. 
  2. Vergleich der in Frage kommenden Banken, welche die gewählten Kriterien erfüllen können.
  3. Auswahl der Bank(en).
  4. Systemauswahl: Entwicklung einer geeigneten Systemlandschaft, welche die Kriterien (aus Punkt 1 sowie Reporting-Möglichkeiten) technisch abbilden kann und mit möglichst wenigen Systembrüchen auskommt.
  5. Ausgestaltung des operativen Tagesgeschäfts im Cash Management, um optimale Steuerung und Transparenz sicherzustellen.

Quelle: KPMG Corporate Treasury News, Ausgabe 127, November 2022
Autoren:
Börries Többens, Partner, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG
Nadine Hauptmann, Managerin, Finance and Treasury Management, Corporate Treasury Advisory, KPMG AG