VwGH zur Forschungsprämie: Abzugsverbot für Managergehälter nicht anwendbar
Tax News 4/2025
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Gemäß VwGH ist das Abzugsverbot für Managergehälter (> TEUR 500 pro Jahr pro Person) bei der Berechnung der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämie nicht zu berücksichtigen, da weder § 108c EStG noch die FoPV einen entsprechenden Verweis enthält. Die FoPV listet taxativ nur Kürzungen für steuerfreie Subventionen auf. Der Ausschluss dieser bereits geförderten Aufwendungen ist zudem ausschließlich von der Vermeidung einer Doppelförderung geprägt. In der Praxis stellt sich nunmehr die Frage, ob weitere Abzugsverbote (z. B. Aufsichtsratsvergütungen, Zinsen oder Bewirtung) unberücksichtigt bleiben müssten. Noch offene Verfahren i. Z. m. der Forschungsprämie sollten daher auf den Prüfstand gestellt werden.
1. Ausgangssachverhalt und bisheriger Verfahrensgang
Eine Körperschaft des privaten Rechts in Gestalt einer GmbH betreibt eigenbetriebliche Forschung und Entwicklung (F&E) im Softwarebereich. Für die Jahre 2020 und 2021 beantragte sie die Forschungsprämie gemäß § 108c EStG. Die Bemessungsgrundlage umfasste u. a. Löhne und Gehälter für F&E-Personal (§ 1 Abs. 2 Z. 1 Forschungsprämien-VO). Einzelne Gehälter überschritten EUR 500.000 pro Person im Jahr und unterlagen damit dem Abzugsverbot für Managergehälter (§ 12 Abs. 1 Z. 8 KStG bzw. § 20 Abs. 1 Z. 7 EStG). Die Gesellschaft setzte dennoch die vollen Aufwendungen an. Aus ihrer Sicht sei das Verbot in der Forschungsprämie nicht anwendbar, da § 1 Abs. 2 Forschungsprämien-VO taxativ nur §§ 6 Z. 10 und 20 Abs. 2 EStG sowie § 12 Abs. 2 KStG nennt.
Das zuständige Finanzamt erließ abweichende Festsetzungsbescheide (§ 201 BAO) und kürzte die nicht abzugsfähigen Gehaltsanteile. Begründung: Aufgrund der Verwendung des Begriffs „Aufwendungen“ in der Forschungsprämien-VO gelten die allgemeine ertragsteuerlichen Grundsätze, somit auch die Abzugsverbote des EStG bzw KStG. Die GmbH erhob Beschwerden und stellte Vorlageanträge ans BFG (§ 264 BAO).
2. BFG: Bestätigung der Rechtsansicht der Behörde
Das BFG (20.3.2024, RV/7102953/2022 und 20.3.2024, RV/7101947/2023) wies die Beschwerden als unbegründet ab. Die Forschungsprämie sei aufgrund ihrer Verankerung im EStG Teil des Einkommensteuerrechts; Begriffe wie „Aufwendungen“ seien ident mit jenen im EStG. Der Verweis in der Forschungsprämien-VO sei nur demonstrativ, nicht taxativ. Vielmehr werden eben durch diese demonstrative Aufzählung der anzuwendenden ertragsteuerlichen Bestimmungen die Maßgeblichkeit des Ertragsteuerrechts bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Forschungsprämise substantiiert. Revision wurde zugelassen (Art. 144 Abs. 3 B-VG), da mangels Vorliegen einschlägiger VwGH-Rechtsprechung eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorlag.
3. VwGH: Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit
Der VwGH (30.9.2025, Ro 2024/13/0017-6) hob die beiden BFG-Erkenntnisse mit folgender Begründung auf:
- Weder § 108c EStG noch die Forschungsprämien-VO verweisen auf § 20 Abs. 1 Z. 7 EStG bzw. § 12 Abs. 1 Z. 8 KStG.
- Das Verbot wurde 2014 eingeführt; trotz zweier Novellen der Forschungsprämien-VO erfolgte kein solcher Verweis.
- Die in der Forschungsprämien-VO genannten Vorschriften (§§ 6 Z. 10, 20 Abs. 2 EStG; § 12 Abs. 2 KStG) betreffen steuerfreie Subventionen mit dem Ziel einer Vermeidung doppelter Förderung.
- Das Abzugsverbot für Managergehälter gemäß § 20 Abs. 1 Z. 7 EstG bzw. § 12 Abs. 1 Z. 8 KStG ist keine Begünstigung, sondern deren Gegenteil. Erst die volle Abzugsfähigkeit entspricht daher den allgemeinen Grundsätzen des Ertragsteuerrechts. Ein Analogieschluss vom Begriff „Aufwendungen“ des EStG bzw. KStG im Allgemeinen zu jenem des § 108c EStG im Besonderen ist daher nicht zulässig.
4. Zentrale Aussagen und Auswirkungen
Gemäß der aktuellen VwGH-Rechtsprechung müssen Unternehmen – welche aufgrund hoher F&E-Personalgehältern ertragsteuerlich vom Abzugsverbot i. Z. m. Managergehältern betroffen sind (> EUR 500.000/Jahr/Person) – die Bemessungsgrundlage der Löhne und Gehälter von direkt in F&E beschäftigten Personen für die Forschungsprämie gemäß § 108c EStG nicht kürzen. In diesem Zusammenhang ist ein etwaiger Handlungsbedarf zu prüfen:
- Weitere Abzugsverbote möglicherweise nicht anwendbar: Abseits des Abzugsverbots für Managergehälter stellt sich die Frage, ob ggf. mit Hinblick auf die Luxustangente für KFZ des Betriebsvermögens (§ 20 Abs. 1 Z. 2 lit. b EStG i. V. m. § 1 PKW-Angemessenheits-VO), Zinsen (Abzugsverbot für konzerninterne Zinsaufwendungen gemäß § 12 Abs. 1 Z. 9 KStG; Zinsschranke gemäß § 12a KStG), die Hälfte der Aufsichtsratsvergüten (§ 12 Abs. 1 Z. 7 KStG), Bewirtungen (§§ 20 Abs. 1 Z. 3 EStG bzw. 12 Abs. 1 Z. 3 KStG) etc. ebenfalls Kürzungen im Bereich der Forschungsprämie unberücksichtigt bleiben sollten.
- Mögliche Auswirkung auf abgeschlossene und noch offene Verfahren: Vergangene und nicht rechtskräftige Verfahren i. Z. m. der Forschungsprämie sollten mit Hinblick auf nicht erfasste Abzugsverbote auf den Prüfstand gestellt werden. Gegebenenfalls können auch rechtskräftig veranlagte Verfahren binnen Jahresfrist ab Bekanntgabe des Bescheides noch abgeändert werden.
- Auswirkungen auf künftige Verfahren: Der Begutachtungsentwurf der Forschungsprämienrichtlinien 2025 sieht derzeit noch eine Anwendung des Abzugsverbots (i. S. d. BFG-Rechtsprechung) vor. Aus fiskalpolitischer Sicht könnte im Lichte der angespannten Budgetsituation vom Verordnungsgeber angedacht werden, die Anwendung der Bestimmungen des § 20 Abs. 1 Z. 7 EStG bzw. § 12 Abs. 1 Z. 8 KStG in der Forschungsprämien-VO zu verankern. Dies würde uE jedoch den Zweck der Forschungsprämie als wirtschafts- bzw standortpolitische Fördermaßnahme konterkarieren.
Zusammenfassend kann daher festgehalten werden, dass dieses VwGH-Erkenntnis weitreichende Auswirkungen auf die (Nicht-)Anwendbarkeit von Abzugsverboten im EStG und KStG nach sich ziehen kann, wie auch mögliche Anpassungen der Forschungsprämienrichtlinien 2025, welche sich derzeit in Begutachtung befinden. Darüber hinaus ist sowohl für vergangene, offene und zukünftige Verfahren möglicher Handlungsbedarf zu identifizieren.
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