Der Verkauf von (Privat-)Grundstücken als wirtschaftliche Tätigkeit

Tax News 4/2025

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Der EuGH hat sich in seinem Urteil vom 3. April 2025, Grzera, C-213/24, mit der Frage befasst, ob es sich um eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ handelt, wenn ein „Steuerpflichtiger“ eine zuvor nicht wirtschaftlich genutzte Immobilie verkauft und dafür einen Unternehmer beauftragt, der in seinem Namen aktiv vermarktet. Zudem behandelt das Urteil die Frage, ob gemeinsam handelnde Ehegatten jeweils als eigenständige Steuerpflichtige anzusehen sind, die eine wirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausüben

Die Ehegatten E.T und W.T erhielten 1989 von E.T’s Eltern unentgeltlich einen landwirtschaftlichen Betrieb, der ua mehrere Flurstücke umfasste. Dieser Betrieb zählt nach polnischem Familienrecht zum ehelichen Gemeinschaftsgut. 2011 beschlossen die Ehegatten, die Flurstücke zu verkaufen, und beauftragten dafür einen Geschäftsbesorger, der im Namen der Ehegatten und auf deren Rechnung handelte. Der Geschäftsbesorger übernahm die Aufteilung, Erschließung, Umwidmung, Vermarktung der Flurstücke sowie die Vorbereitung der Kaufverträge. Zwischen 2017 und 2021 erfolgte der Verkauf der Flurstücke. Die polnische Steuerverwaltung wertete die Verkäufe als wirtschaftliche Tätigkeiten im umsatzsteuerlichen Sinn und unterwarf die Verkäufe der Umsatzsteuer.

Gegen den Steuerbescheid erhob E.T. Klage beim Verwaltungsgericht Wrocław mit dem Argument, es handle sich um private Vermögensverwaltung. Das Verfahren wurde ausgesetzt, um dem EuGH zwei Vorlagefragen vorzulegen: Einerseits wollte das polnische Vorlagegericht wissen, ob der Verkauf eines ursprünglichen privat genutzten Grundstückes durch eine Privatperson als „wirtschaftliche Tätigkeit“ anzusehen, ist wenn ein (anderer) Unternehmer mit der Vermarktung und dem Verkauf beauftragt wird.

Der EuGH verweist auf den Art. 9 Abs. 1 MwStSyst-RL und betont, dass der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit weit auszulegen sei. Bereits das Vorliegen nur einer der in Art. 9 Abs. 1 MwStSyst-RL genannten Tätigkeit rechtfertigt die Einstufung als „Steuerpflichtiger“ (vgl. EuGH 15.9.2011, C-180/10 und C-181/10, Słaby). Beim Verkauf von Baugrundstücken ist für die Steuerpflicht entscheidend, ob der Verkäufer aktive Vermarktungsschritte unternommen hat. Solche aktiven Schritte gehen über die bloße Verwaltung von Privatvermögen hinaus und zielen auf die nachhaltige Erzielung von Einnahmen ab. Der EuGH meint, es ist unerheblich, zu welchem Zweck ein Gegenstand angeschafft wurde (vgl. EuGH 19.7.2012, C-263/11, Rēdlihs). Ein ursprünglich für den privaten Gebrauch erworbenes Grundstück, kann durch den späteren Verkauf als „wirtschaftliche Tätigkeit“ qualifiziert werden, sofern der Verkauf mit Einnahmenerzielungsabsichten erfolgt. Dass der Geschäftsbesorger mit der aktiven Vermarktung zum Verkauf der Flurstücke betraut wurde, schließt zudem nicht aus, dass das Ehepaar die wirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausgeübt hat (vgl. EuGH 12.10.2016, C-340/15, Nigl). Das endgültige wirtschaftliche Risiko, bspw das Risiko, dass kein Verkauf zustande kommt, tragen die Ehegatten sofern der Vertrag nichts anderes bestimmt, wozu das Vorlagegericht zur Prüfung berufen ist. Somit bejahte der EuGH die erste Vorlagefrage, dass der Verkauf eines ursprünglich privat genutzten Grundstücks durch eine Privatperson als „wirtschaftliche Tätigkeit“ gilt, auch wenn ein Unternehmer mit der Vermarktung und dem Verkauf beauftragt wird.

Zudem stellte das polnische Vorlagegericht die Frage, wer als „Steuerpflichtiger“ qualifiziert wird, wenn beide Ehegatten gemeinsam das Grundstück verkaufen: Ist jeder Ehegatte einzeln als „Steuerpflichtiger“ anzusehen, oder sind beide gemeinsam als eine steuerpflichtige Einheit zu betrachten? Der EuGH betonte, dass entscheidend ist, wer die wirtschaftliche Tätigkeit selbständig ausübt (vgl. EuGH 12.10.2016, C-340/15, Nigl). Maßgeblich sind dabei die unionsrechtlichen Kriterien; nationales Recht, wie das polnische Familienrecht, kann nur ausnahmsweise herangezogen werden. Auch wenn ein Grundstück im Eigentum beider Ehegatten steht, kann jeder Ehegatte gesondert steuerpflichtig sein, sofern er selbständig tätig wird (vgl. EuGH 21.04.2005, C-25/02, HE). Aus dem bloßen Bestehen von Gemeinschaftseigentum folgt nicht automatisch, dass eine wirtschaftliche Tätigkeit gemeinschaftlich ausgeübt wird. Der EuGH deutet jedoch an, dass Ehegatten bei gemeinsamen Auftreten ggü. Dritten, etwa durch die Notwendigkeit gegenseitiger Zustimmung zur Veräußerung nach polnischem Recht, als eine wirtschaftlich tätige Einheit anzusehen sein können. Maßgeblich ist das Auftreten nach außen und wer das wirtschaftliche Risiko trägt. Ob im konkreten Fall beide gemeinsam oder jeweils einzeln steuerpflichtig sind, hat das vorlegende Gericht zu klären.

Ergebnis & Ausblick

Das Urteil verdeutlicht die weite Auslegung der Begriffe „wirtschaftliche Tätigkeit“ und „Steuerpflichtiger“. Bemerkenswert ist, dass lt diesem Urteil auch dann von einer wirtschaftlichen Tätigkeit ausgegangen wird, wenn ein Beauftragter (Geschäftsbesorger) die aktiven Schritte zur Vermarktung der Grundstücke setzt, weil das wirtschaftliche Risiko bei den Eigentümern verbleibt. Zudem können Ehegatten, die ein Gemeinschaftsgut veräußern, je nach Ausgestaltung entweder getrennt oder gemeinsam als steuerpflichtige Einheit gelten – entscheidend ist das Auftreten und die Risikoübernahme.

Grundsätzlich erfordert der österreichische Unternehmerbegriff die selbstständige Ausübung einer gewerblichen bzw beruflichen Tätigkeit, die entweder wiederholt wird bzw. zumindest mit einer Wiederholungsabsicht betrieben wird. Im Hinblick auf die dargestellte EuGH-Judikatur ist beim Verkauf von Grundstücken im Einzelfall zu prüfen, ob es sich gegebenenfalls um eine unternehmerische Tätigkeit handelt. Bei einmaligen Privatverkäufen sollte der Verkäufer idR eher nicht als Unternehmer iSd österreichischen UStG qualifizieren. Darüber hinaus ist anzumerken, dass die Veräußerung von Liegenschaften nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 Z. 9 lit. a UStG (unecht) von der Umsatzsteuer befreit ist.