Ort der Entstehung der Einfuhrumsatzsteuer bei vorschriftswidrigem Einbringen eines Kraftfahrzeuges in das Zollgebiet

Tax News 4/2025

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Das BFG hat sich in seinem Urteil vom 31. März 2025, RV/1200026/2018, mit der Frage auseinandergesetzt, ob die Einfuhrumsatzsteuer bei einem vorschriftswidrigen Einbringen eines KFZ in Österreich, welches in Deutschland genutzt wird, die Einfuhrumsatzsteuer in Österreich entsteht. 

1. Sachverhalt

Der Beschwerdeführer hat seit dem Jahr 1991 seinen Familienwohnsitz in einem Haus in Deutschland, welches im Eigentum der Ehefrau steht. Die Kosten für den Familienwohnsitz werden vom Ehepaar gemeinsam getragen. Seit dem Jahr 2016 ist der Beschwerdeführer beruflich in der Schweiz tätig, wo er auch eine Wohnung innehat. Ab Jänner 2016 tätigt der Beschwerdeführer mit einem in der Schweiz zugelassenen PKW regelmäßig Familienheimfahrten von der Schweiz nach Deutschland.

Bei einer Familienheimfahrt Ende März 2018 kam es zu einer Zollkontrolle bei der Zollstelle Höchst in Österreich. Die Zollbehörde setzte Zoll und Einfuhrumsatzsteuer (sowie Verzugszinsen) für die Einfuhr des PKW fest. Begründend führte das Zollamt aus, dass die Voraussetzungen für die vollständige Befreiung von den Einfuhrabgaben nach Art. 558 Abs. 1 ZK-DVO nicht vorliegen, da nur Personen mit Sitz oder Wohnsitz außerhalb der EU die Befreiung in Anspruch nehmen können.

Der Beschwerdeführer erhob Beschwerde beim Bundesfinanzgericht und brachte im Wesentlichen vor, dass er sich nur alle zwei bis drei Monate über das Wochenende im Haus seiner Frau in Deutschland aufhalte, da die Strecke von der Wohnung in der Schweiz zum Familienwohnsitz in Deutschland ca. 1.650 km beträgt. Der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers liege daher in der Schweiz, zu dem er regelmäßig zurückkehrt.

Das Zollamt wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung zusammengefasst mit folgender Begründung als unbegründet ab:

  • Die berufliche Bindung und die sozialen Anknüpfungspunkte des Beschwerdeführers liegen zwar in der Schweiz, die stärkste persönliche Bindung geht aber in Richtung seiner Ehefrau und des gemeinsamen Haushaltes in Deutschland.
  • Die Kosten für Haus in Deutschland werden zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Ehefrau geteilt.
  • Die regelmäßigen Fahrten zwischen der Schweiz und Deutschland sind trotz der großen Kilometeranzahlt für den Beschwerdeführer möglich.
  • Der gewöhnliche Wohnsitz liegt daher in Deutschland.

Der Beschwerdeführer legte die Beschwerde hinsichtlich der Festsetzung der Einfuhrumsatzsteuer dem BFG vor. 

2. Entscheidung des Bundesfinanzgericht

Das BFG führt eingangs aus, dass gem. § 1 Ab. 1 Z. 3 UStG die Einfuhr von Gegenständen aus dem Drittland ins Inland der Umsatzsteuer unterliegt. Dabei entsteht gem. Art. 60 MwStSyst-RL die Einfuhrumsatzsteuer in dem Mitgliedstaat, in dessen Gebiet sich der Gegenstand zu dem Zeitpunkt befindet, in dem er in die Union verbracht wird.

Der Beschwerdeführer hat die Zollanmeldung für den PKW durch Passieren der Zollstelle als (andere) Form der Willensäußerung abgegeben, ohne dabei die Voraussetzungen für die vorübergehenden Verwendung unter Befreiung von Einfuhrabgaben zu erfüllen. Der PKW gilt daher als vorschriftswidrig verbracht.

Nach dem EuGH vom 3. März 2021, C-7/20, VS, entsteht für die Verbringung eines Gegenstandes, der sich nicht im freien Verkehr befindet, aus dem Drittland in die Union, die Einfuhrumsatzsteuer. Dabei kann es auch bei Fehlverhalten, die zur Entstehung der Abgaben führen, angenommen werden, dass die fraglichen Waren in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt sind und somit einem Verbrauch, d.h. dem mit Mehrwertsteuer belasteten Vorgang, zugeführt werden konnten.

Diese Vermutung kann nach dem BFG aber widerlegt werden, wenn nachgewiesen wird, dass trotz des zollrechtlichen Fehlverhaltens, das zur Entstehung einer Einfuhrzollschuld in dem Mitgliedstaat führte, in dem dieses Fehlverhalten begangen wurde, ein Gegenstand im Gebiet eines anderen Mitgliedstaates, in dem dieser Gegenstand zum Verbrauch bestimmt war, in den Wirtschaftskreislauf der Union gelangt ist. In diesem Fall trete der Tatbestand der Einfuhrmehrwertsteuer in diesem anderen Mitgliedstaat ein.

Das BFG stellt fest, dass der PKW zwar in Österreich in das Zollgebiet der Union gelangt ist und in Österreich gegen die zollrechtliche Verpflichtung verstoßen wurde. Da nach der belangen Behörde der gewöhnliche Wohnsitz des Beschwerdeführers im maßgeblichen Zeitraum in Deutschland lag, sei nachgewiesen, dass der PKW an diesem Wohnsitz benutzt bzw. von diesem Wohnsitz aus benutzt worden ist.

Das BFG hat daher entschieden, dass die Einfuhrumsatzsteuer nicht in Österreich, sondern in Deutschland entstanden ist. 

3. Ergebnis

Das BFG folgt der jüngeren Rechtsprechung des EuGH, wonach die Zollschuld und die EUSt-Schuld nicht immer im selben Mitgliedstaat entstehen müssen. Anders als bei der Zollschuld, die bei zollrechtlichem Fehlverhalten zwingend in diesem Mitgliedstaat entsteht, ist es für die EUSt maßgeblich, in welchem Mitgliedstaat der Gegenstand zum Verbrauch bestimmt ist.