Ministerialentwurf AbgÄG 2025: Geplante Anpassungen des MinBestG
Tax News 4/2025
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Der quantitativ überwiegende Teil des Ministerialentwurfs des AbgÄG 2025 betrifft Anpassungen des MinBestG. Im Kern sollen damit (a) die unionsrechtlichen Vorgaben iZm DAC9 (Directive on Administrative Cooperation) umgesetzt und (b) in Administrative Guidances getroffene Aussagen der OECD eingearbeitet werden. Inhaltlich waren die im ME/AbgÄG 2025 vorgesehenen Anpassungen daher weitestgehend schon zu erwarten und sind daher insoweit nicht überraschend.
1. Umsetzung von DAC9 und der MCAA-GIR
1.1 Einreichung des Mindeststeuerberichts in Österreich
Der Mindeststeuerbericht wird zwar als „Dreh- und Angelpunkt für die Erhebung der Mindeststeuer“ bezeichnet. Tatsächlich handelt es sich dabei aber „nur“ um ein „Anbringen zur Erfüllung einer Offenlegungspflicht“. Der Mindeststeuerbericht ist daher – zumindest in Österreich – nicht die Grundlage für die Steuererhebung, sondern ein Informationsinstrument. Freilich kommt dem Mindeststeuerbericht dennoch hohe praktische Bedeutung zu, zumal gemäß § 75 MinBestG ein Finanzvergehen vorliegt, wenn „der Mindeststeuerbericht nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig übermittelt wird“.
Grundsätzlich ist jede österreichische Geschäftseinheit verpflichtet, einen (denselben) Mindeststeuerbericht einzureichen und damit potenziell strafbedroht. Der ME/AbgÄG 2025 sieht vor, dass diese Verpflichtung entfallen soll, wenn der Mindeststeuerbericht durch eine in Österreich gelegene Einheit eingereicht wird und es sich bei dieser um (a) die oberste Muttergesellschaft, (b) die berichtspflichtig benannte Einheit (§ 2 Z 45 MinBestG) oder (c) die benannte örtliche Einheit (§ 69 Abs 2 MinBestG handelt). In diesen Fällen ist daher nur jene österreichische Geschäftseinheit strafbedroht, die den Mindeststeuerbericht einreicht.
1.2 Einreichung des Mindeststeuerberichts in einem anderen EU-Mitgliedstaat
Wird der Mindeststeuerbericht im Ausland eingereicht, befreit dies die österreichischen Geschäftseinheiten hingegen nur dann von ihrer Einreichverpflichtung, wenn der ausländische Staat für das Geschäftsjahr mit Österreich ein in Kraft befindliches anerkanntes Abkommen zwischen den zuständigen Behörden geschlossen hat, das zum grenzüberschreitenden automatischen Austausch von jährlichen Mindeststeuerberichten verpflichtet. Innerhalb der Europäischen Union wurde mit DAC9 eine solche Rechtsgrundlage geschaffen. Mit dem ME/AbgÄG 2025 sollen die entsprechenden Regelungen nunmehr innerstaatlich umgesetzt werden. Das würde bedeuten, dass in jenen Fällen, in denen der Mindeststeuerbericht in einem anderen EU-Mitgliedstaat von der obersten Muttergesellschaft oder der berichtspflichtig benannten Einheit eingereicht wird, die österreichischen Geschäftseinheiten nicht mehr zur Einreichung des Mindeststeuerberichts verpflichtet sind. Stattdessen trifft sie allerdings gemäß § 70 Abs. 2 MinBestG die – zukünftig als „Mitteilung 2“ bezeichnete – Pflicht, dem Finanzamt für Großbetriebe die Identität der Einheit, die den Mindeststeuerbericht einreichen wird, sowie das Steuerhoheitsgebiet, in dem diese gelegen ist, mitzuteilen.
1.3 Einreichung des Mindeststeuerberichts in einem Drittstaat
Neben der mit DAC9 für EU-Fälle geschaffenen Rechtsgrundlage wurde von der OECD auch an einem multilateralen Abkommen gearbeitet, dass eine analoge Grundlage auch für Drittstaatskonstellationen bieten soll. Österreich hat dieses Multilateral Competent Authority Agreement on the Exchange of GloBE Information (MCAA-GIR) bereits unterschrieben. Mit dem ME/AbgÄG 2025 sollen auch die erforderlichen innerstaatlichen Implementierungsschritte gesetzt werden. Allerdings scheinen bisher nur wenige Drittstaaten als Signatories des MCAA-GIR auf (zB Liechtenstein (EWR-Mitglied), Japan, Südkorea, Neuseeland, Südafrika, Schweiz, Großbritannien), sodass der praktische Anwendungsbereich der MCAA-GIR derzeit noch überschaubar ist. Hinzu kommt, dass das MCAA-GIR zwischen Signatories erst dann anwendbar ist, wenn diese sich gegenseitig bei der OECD als mit dem jeweils anderen Signatorie als „austauschwillig“ notifiziert haben. Daher ist unklar, ob und wenn ja, zwischen welchen Signatories das MCAA-GIR bereits anwendbar ist. Sollte das MCAA-GIR anwendbar sein, gilt analog zu intra-EU-Fällen, dass die österreichischen Geschäftseinheiten nicht mehr zur Einreichung des Mindeststeuerberichts verpflichtet sind, sondern dem Finanzamt für Großbetriebe die Identität der Einheit, die den Mindeststeuerbericht einreichen wird, sowie den Drittstaat, in dem diese gelegen ist, mitzuteilen haben.
2. Neuerungen iZm latenten Steuern
2.1 Der Mindeststeuer-Buchwert als maßgebende Grundlage
Wenngleich das MinBestG an den einschlägigen Rechnungslegungsstandard anknüpft, finden sich mitunter Regelungen, die zu einer abweichenden Behandlung für Pillar II-Zwecke führen. Daher kann der für das MinBestG maßgebende Buchwert vom für die Rechnungslegung maßgebenden Buchwert abweichen. So ordnet z. B. § 60 Abs. 2 Z. 2 MinBestG an, dass ein in der Rechnungslegung vorgenommene Aufwertung im Zuge konzerninterner Umstrukturierungen für Zwecke von Pillar II zu ignorieren ist, wenn steuerlich eine Umgründung mit Buchwertfortführung vorliegt.
Nach dem ME/AbgÄG 2025 soll klargestellt werden, dass in solchen Fällen auch die latenten Steuern nach Maßgabe des für Pillar II relevanten Buchwerts zu ermitteln sind. Praktisch geht damit ein organisatorischer Mehr-Aufwand einher. Der Anwendungsbereich sollte jedoch einigermaßen überschaubar sein.
2.2 Fünf-Jahresfrist bei passiven latenten Steuern
Bei der Berechnung der Effektivsteuerquote sind nicht nur laufende, sondern auch latente Steuern zu berücksichtigen. § 42 Abs. 6 MinBestG sieht jedoch vor, dass passive latente Steuern, die sich nicht innerhalb der folgenden fünf Geschäftsjahre auflösen oder beglichen werden, nachzuversteuern sind. Daraus ergibt sich grundsätzlich die Notwendigkeit, jede einzelne passive latente Steuern in Bezug auf den jeweiligen Vermögenswert oder die jeweilige Schuld nachzuverfolgen, um prüfen zu können, ob die Fünf-Jahresfrist eingehalten wurde oder nicht.
Praktisch ist dieses Erfordernis kaum (wenn überhaupt) einhaltbar. Mit dem ME/AbgÄG 2025 soll eine von der OECD entwickelte „Vereinfachung“ umgesetzt werden, die es erlaubt, eine Gruppierung passiver latenter Steuer vorzunehmen und die Nachverfolgung auf dieser Gruppenebene, statt auf Einzelebene vorzunehmen. Dabei besteht zum einen die Möglichkeit einer sachkontenbasierten Gruppierung von passiven latenten Steuern sämtlicher Vermögenswerte oder Schulden, die im selben Sachkonto erfasst sind. Zum anderen können auch Sachkonten desselben Bilanzpostens zu einer Kategorie zusammengefasst werden, wobei in diesem Fall Einschränkungen vorgesehen sind, die eine solche kategorienbasierte Zusammenfassung aus praktischer Sicht wenig handhabbar erscheinen lassen. Zudem sind auch die Nachversteuerungsregelungen komplex und detailreich gehalten, sodass die Regelungen insgesamt unpraktikabel sind.
Gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 i. V. m. Abs. 9 MinBestG gibt es aber alternativ auch die Möglichkeit, die in einem Jahr erfolgswirksam verbuchte Erhöhung der passiven latenten Steuern auf Antrag grundsätzlich außer Acht zu lassen. Der daraus resultierende latente Steueraufwand bleibt in dem Fall unberücksichtigt, sodass eine Nachversteuerung nicht in Betracht kommt. Zwar kann in dem Fall die spätere ertragswirksame Umkehrung der unberücksichtigt gebliebenen latenten Steuerschuld gemäß § 42 Abs. 3 Z. 1 MinBestG ebenfalls neutralisiert werden, sodass für diesen Zweck ebenfalls eine Nachverfolgung der Entwicklung der passiven latenten Steuer notwendig wäre. Verzichtet man auf die Nachverfolgung, kommt es bei Umkehrung der unberücksichtigt gebliebenen latenten Steuerschuld zu einer Reduktion der Effektivsteuerquote. Es lässt sich damit aber eine praktische Vereinfachung „erkaufen“. Ist die Effektivsteuerquote ausreichend hoch, sodass dieser „Preis“ verkraftbar ist, kann es operativ Sinn machen, den in § 42 Abs. 9 MinBestG enthaltenen Antrag zu stellen und auf die praktisch mühsame Nachverfolgung freiwillig zu verzichten. Inwiefern sich daraus ein Risiko ergibt, unter die Schwelle von 15 % zu rutschen, muss im Einzelfall analysiert werden. Jedenfalls lässt sich so die praktisch ohnehin kaum durchführbare Nachverfolgung passiver latenter Steuern vermeiden.
Bei diesen Überlegungen ist auch mit zu berücksichtigen, dass § 42 Abs. 7 MinBestG einen umfangreichen Ausnahmekatalog von Fällen vorsieht, in denen passive latente Steuern entstehen, für die eine Nachversteuerung ohnehin nicht vorzunehmen ist. Auf Basis der tatsächlichen Gegebenheiten und diesem Ausnahmekatalog lässt sich eine Risikoeinschätzung i. d. R. gut treffen.
3. Übergangsregelungen
§ 80 MinBestG sieht vor, dass auch Veränderungen latenter Steuern berücksichtigt werden können, die in einem Geschäftsjahr entstanden sind, für das Pillar II noch nicht anwendbar war. Mit dem ME/AbgÄG 2025 soll es dabei zu Einschränkungen kommen. Hintergrund sind Maßnahmen einzelner (Dritt-)Staaten, die im Hinblick auf das anstehende Inkrafttreten der Pillar II-Regelungen gesetzliche Regelungen erlassen haben, um Unternehmen die Bildung aktiver latenter Steuern noch in von Pillar II nicht erfassen Geschäftsjahren zu ermöglichen. Die aufwandswirksame Auflösung dieser aktiven latenten Steuern in von Pillar II erfassten Geschäftsjahren würde zu einer Erhöhung der Effektivsteuerquote führen. Mit § 80a MinBestG i. d. F. ME/AbgÄG 2025 soll dem entgegengewirkt werden.
4. Resümee
Pillar II wurde Ende 2021 offiziell aus der Taufe gehoben. Das MinBestG ist erst als Folge dessen seit Ende 2023 in Kraft. Bislang wurde noch kein einziger Mindeststeuerbericht eingereicht und keine einzige Voranmeldung abgegeben. Dennoch wurden von der OECD seither bereits mehrere hundert Seiten lange Administrative Guidances veröffentlich, die zum Teil vermeintliche Vereinfachungen bringen sollen, zum Teil aber auch Einschränkungen vorsehen. Mit dem ME/AbgÄG 2025 sollen diese OECD-Überlegungen im MinBestG implementiert werden. Aus praktischer Sicht sind damit nur wenige echte Vereinfachungen verbunden.