BFG: KESt-Rückerstattung bei substanzloser Zwischenholding
Tax News 3/2025
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Das BFG bestätigte kürzlich, dass eine Großmuttergesellschaft keine Antragslegitimation für eine KESt-Rückerstattung auf der Grundlage des § 94 Z. 2 EStG besitzt.
Ein Dauerbrenner in der Praxis des internationalen Steuerrechts ist die Entlastung von Kapitalertragsteuer bzw deren Rückerstattung auf der Grundlage des § 94 Z. 2 EStG (Umsetzung der EU Mutter-Tochter-Richtlinie) bei Dividendenausschüttungen an eine substanzschwache EU-Holdinggesellschaft. Immer wieder beschäftigt die Gerichte insbesondere auch die Auslegung des Missbrauchsvorbehalts und die Frage, wieviel „Substanz“ eine Holdinggesellschaft benötigt. Jüngst beschäftigte sich das BFG zudem mit Fragen der Antragslegitimation.
1. Sachverhalt
Im gegenständlichen Sachverhalt nahm eine österreichische SE über mehrere Jahre Gewinnausschüttungen an eine zypriotische Holdinggesellschaft (Ltd 2) vor und behielt KESt ein.
An der Ltd 2 war zu 100 % eine weitere zypriotische Holdinggesellschaft beteiligt (Ltd 1), wobei hinter dieser wiederum verschiedene Gesellschaften in Zypern, den Channel Islands bzw den British Virgin Islands sowie insbesondere eine in Russland ansässige natürliche Person beteiligt waren.
2. Vorgeschichte
VwGH 23.03.2023, Ra 2022/15/0050
Zunächst ging es in mehreren Verfahren um die von der unmittelbaren Holdinggesellschaft Ltd 2 gestellten Rückerstattungsanträge, die von der Abgabenbehörde aufgrund des Vorliegens einer missbräuchlichen Gestaltung abgewiesen wurden.
Seitens der Beschwerdeführerin wurde zwar u. a. eingewendet, dass die Aufgaben beider Gesellschaften, der Ltd 1 und Ltd 2 an eine weitere im Konzernverbund befindliche Gesellschaft Ltd 3 ausgelagert wurden und diese über das erforderliche Personal und die erforderliche Substanz zur Verwaltung der Gesellschaften verfügte. Im gegenständlichen Fall gelang jedoch der Nachweis nicht, dass die Ltd 3 wirtschaftliche Tätigkeiten erbracht hätte und nach den Ausführungen des BFG entfaltete weder die Ltd 1 noch die Ltd 2 eine wirtschaftliche Tätigkeit und bei beiden Gesellschaften war auch keine ausreichende Substanz vorhanden.
Der VwGH führte daher aus, dass eine KESt-Entlastung nicht zulässig ist, wenn die letztlichen Empfänger der Dividenden bei direkter Beteiligung keinen Anspruch auf KESt-Befreiung gehabt hätten und die zwischengeschalteten Gesellschaften keine eigenen Wirtschaftstätigkeiten entfalten, welche wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe für deren Zwischenschaltung stützen würden.
Im Ergebnis versagte der VwGH die beantragte KESt-Erstattung mangels hinreichender Funktion bzw. Substanz als missbräuchliche Gestaltung.
3. BFG 27.2.2025
BFG 27.2.2025 (RV/4100352/2020)
Neben der unmittelbaren Muttergesellschaft Ltd 2, hatte auch die Ltd 1 (als Großmuttergesellschaft der österreichischen SE) einen Rückerstattungsantrag hinsichtlich der KESt gestellt.
Das Bundesfinanzgericht hatte in dem nun gegenständlichen Verfahren somit (nur) zu prüfen, ob die sachliche Behandlung des Antrags der Ltd 1 auf Rückerstattung von Kapitalertragssteuer zu Recht aufgrund von fehlenden Prozessvoraussetzungen, insbesondere aufgrund einer fehlenden Antragslegitimation, als unzulässig zurückgewiesen wurde.
Zunächst hielt das BFG fest, dass weder ein zivilrechtliches, noch ein wirtschaftliches Eigentum an den Aktien an der österreichischen SE seitens der Ltd 1 (Großmutter) vorlag und vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet wurde.
Zwar verlangt die Bestimmung des § 94 Z. 2 EStG ein unmittelbares oder mittelbares Beteiligungsausmaß von 10 %. Das BFG verweist jedoch auf zahlreiche Quellen, wonach der Begriff der mittelbaren Beteiligung i. S. d. § 94 Z. 2 EStG nur jene Fälle umfasst, bei welchen Beteiligungen über „zwischengeschaltete“ transparente Personengesellschaften gegeben sind, nicht jedoch „indirekte“ Beteiligungen über andere Gesellschaftsformen.
Im Sinne einer unionskonformen Auslegung des § 94 Z. 2EStG hielt die Ltd 1 daher weder eine unmittelbare, noch eine mittelbare Beteiligung an der österreichischen SE und konnte daher nicht als deren Muttergesellschaft iSd § 94 Z. 2 EStG angesehen werden. Dementsprechend war der Rückerstattungsantrag mangels Antragslegitimation abzulehnen.
Außerordentliche Revision beim VwGH wurde zwar eingebracht, wegen Versäumung der Einbringungsfrist seitens des VwGH aber offenbar als unzulässig zurückgewiesen.
4. Ergebnis und Ausblick
Die Verwaltungspraxis lehnt die Zwischenschaltung einer Holdinggesellschaft mittlerweile nicht mehr generell ab und anerkennt in bestimmten Fällen triftige Gründe für die Holdingstruktur (vgl. EStR 2000 Rz. 7757b). Darüber hinaus erlauben die EStR 2000 Rz. 7759a eine KESt-Rückerstattung an eine funktionslose Holding, wenn deren Muttergesellschaft über entsprechende Substanz und wirtschaftliche Funktionen verfügt.
Dennoch ist nach der nun auch vom BFG bestätigten Rechtslage nur die unmittelbar beteiligte Muttergesellschaft berechtigt, eine KESt-Rückerstattung zu beantragen. Im Zuge des Verfahrens kann dann der Nachweis der wirtschaftlichen Funktion und Substanz der Großmutter erfolgen.
Fortgesetzt ist in der Praxis bei Dividendenausschüttungen somit darauf zu achten, dass alle Voraussetzungen des § 94 Z. 2 EStG erfüllt sind. Hinsichtlich des Missbrauchsvorbehalts ist genau zu prüfen, ob bzw. auf welcher Ebene eine wirtschaftliche Tätigkeit bzw Substanz vorliegt und inwieweit dies zur Entlastung an der Quelle oder zur Rückerstattung der KESt berechtigt.
Ihr KPMG-Berater unterstützt Sie dabei gerne.