Abgabenhinterziehung durch Hundezüchterin: Schätzung der Bemessungsgrundlage u. a. anhand von Hundeimpfungen
Tax News 3/2025
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Behörden dürfen Abgabenschuldigkeiten schätzen, wenn diese nicht aus den Aufzeichnungen eines Unternehmens abgeleitet werden können. Im Fall einer Hundezüchterin, die zu ihrem Gewerbe keine verlässlichen Aufzeichnungen führte und keine Steuererklärungen abgegeben hatte, basierten die Schätzungen des Umsatzes der Züchterin vor allem auf Aussagen von Tierärzten zur Häufigkeit der Impfungen, die den Welpen der Züchterin verabreicht wurden (BFG 5.12.2024, RV/2300016/2024).
1. Steuerliches „U-Boot“: Nichtabgabe von Abgabenerklärungen i. Z. m. Hundezucht
Eine Pensionistin betrieb in den Jahren 2010–2019 eine Hundezucht (z. B. Mops, Chihuahua, Kleinspitz, Pinscher, Pekinese, Bulldogge, Beagle). Im Jahr 2019 wurde dem Finanzamt mittels anonymer Anzeige der Verdacht der Steuerhinterziehung mitgeteilt. Im Zuge von Ermittlungen stellte sich heraus, dass die Beschuldigte es unterlassen hatte, Jahressteuerklärungen und Umsatzsteuervoranmeldungen einzureichen.
Aufgrund nicht vorhandener Buchhaltungsunterlagen bzw unvollständiger Wurfbücher mussten die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO geschätzt werden. Die Schätzung erfolgte auf Grundlage von Aussagen der Züchterin, Hundefutterverbrauch, Verkaufsinseraten auf Online-Plattformen, Abnahme von Hunden wegen nicht artgemäßer Haltung sowie Aufzeichnungen und Zeugenaussagen von Tierärzten, wie viele Welpen die Hundezüchterin pro Jahr von ihnen impfen lassen hatte. Die behördliche Schätzung ergab eine durchschnittlich verkaufte Stückzahl von über 100 Hunden pro Jahr.
Anhand dieser Informationen konnte geschätzt werden, wie hoch die Umsätze der Beschwerdeführerin in den maßgeblichen Jahren waren. Die abgabenrechtliche Schätzung wurde auch für Zwecke des Finanzstrafverfahrens übernommen und ergab, dass in den Jahren 2014–2019 Umsatzsteuer i. H. v. rund EUR 27.000 und Einkommensteuer i. H. v. rund EUR 41.000 verkürzt wurde. Die Hundezüchterin hatte sich wegen Abgabenhinterziehung zu verantworten.
2. BFG: Abgabenbehördliche Schätzung in Ordnung
Das Bundesfinanzgericht (BFG) sprach zur Höhe der Verkürzungsbeträge aus, dass die Behörde Abgabenschuldigkeiten schätzen dürfe, wenn sich diese nicht aus dem Rechenwerk eines Unternehmens ableiten ließen.
Wer keine Aufzeichnungen führe, müsse im Finanzstrafverfahren die Unsicherheiten einer Schätzung hinnehmen, außer Beweise würden vorgelegt, die eine andere Darstellung unterstützen. Derlei Beweise seien von der Hundezüchterin in ihrer Beschwerde jedoch nicht vorgebracht worden, sodass für die Bestimmung des strafbestimmenden Wertbetrages keine anderen geeigneten Schätzungsparameter verwendet werden könnten. Da die abgabenbehördliche Schätzung auf umfangreichen Ermittlungen beruhe, könne diese auch für Zwecke des Finanzstrafverfahrens übernommen werden. Da die Beschuldigte über Jahre hinweg als Unternehmerin tätig gewesen sei, steuerliche Belange gänzlich ignoriert habe und zudem planmäßig über viele Jahre hinweg Umsätze und Einnahmen erzielt und diese der Abgabenverwaltung verschwiegen habe, sei auch Vorsatz gegeben.
3. Ergebnis: Schätzung im Abgabenverfahren auch für Finanzstrafverfahren maßgeblich
Da die Beschuldigte weder vollständige Aufzeichnungen geführt noch Umsätze mittels Steuererklärung offengelegt hatte, konnte die Behörde daraus keine brauchbaren Zahlten ableiten und durfte auf das Werkzeug der Schätzung zurückgreifen.
Ungewöhnlich sind in diesem Fall die Informationen, auf die für die Schätzung zurückgegriffen wurde: Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Behörde im Allgemeinen frei. Ziel ist es, mit der gewählten Methode die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit der Schätzung zu erreichen. Die größtmögliche Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit erreichte die Behörde im vorliegenden Fall anhand von Hundeimpfungen und Hundefutterverbrauch.
Um eine Schätzung zu vermeiden, müssen vollständige und genaue Aufzeichnungen über alle geschäftlichen Transaktionen geführt werden. Sollte die Steuerbehörde eine Schätzung vornehmen, ist es wichtig, Beweise vorzulegen, die eine alternative Darstellung unterstützen, um abgabenrechtliche und finanzstrafrechtliche Konsequenzen bestmöglich zu minimieren.