VwGH: Grundstückskäufer ohne Risiko und Einfluss auf Bauvorhaben: Baukosten Teil der GrESt-Bemessungsgrundlage

Tax News 5/2024

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Der VwGH (14.5.2024, Ra 2022/16/0087) stellt klar, dass Käufer eines Grundstücksanteils, die in ein fertiges Bauvorhaben eingebunden werden und weder maßgeblichen Einfluss auf die bauliche Gestaltung nehmen können noch das finanzielle Risiko tragen, nicht als Bauherren angesehen werden können. Die Kosten für die Errichtung des Hauses sind in diesem Fall Teil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG.

1. Sachverhalt

Im Jahr 2015 wurde ein größeres, unbebautes Grundstück an die M-GmbH und acht natürliche Personen verkauft. Bereits im Kaufvertrag wurde die Realteilung des Grundstücks vereinbart und die Absicht festgehalten, die einzelnen Bauplätze zu bebauen. Im Jahr 2016 erfolgte die Realteilung des Grundstücks, wobei die am zugrundeliegenden Prozess beteiligten Parteien und die M-GmbH Miteigentümer des neu entstandenen, kleineren Grundstücks wurden. Der Hintergrund dieser Vorgehensweise war die Umgehung der vorgeschriebenen Mindestgröße für Bauplätze.

Nach dem Kauf holten die Parteien Angebote für den Bau von mehreren Anbietern ein, entschieden sich jedoch letztlich für das Angebot der H-GmbH, die in einem Naheverhältnis zur M-GmbH stand und bereits vor Ort tätig war. Die H-GmbH wurde daher mit der Errichtung eines außenfertigen Hauses („Ausbauhaus“) zu einem Festpreis beauftragt.

Als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuerschuld wurde in der Selbstberechnung (nur) der Kaufpreis für das unbebaute Grundstück angeführt. Nach Ansicht des Finanzamts war als Bemessungsgrundlage jedoch auch der Festpreis für die Errichtung des Gebäudes zu berücksichtigen, da von Beginn an geplant gewesen sei, ein Grundstück zwecks Erwerbs eines Eigenheimes zu erwerben.

2. Entscheidung des BFG

Etwas überraschend kam das BFG jedoch zu einem anderen Schluss. Die Parteien seien weder im Zuge des Erwerbs noch zu einem späteren Zeitpunkt einer Verpflichtung oder dem Druck ausgesetzt gewesen, mit dem Grundstückskauf einhergehend auch die Errichtung eines (Massiv-)Hauses bei der H-GmbH zu beauftragen. Das BFG erblickte daher zuerst keinen engen sachlichen Zusammenhang zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Gebäudeerrichtungsvertrag und stellte daher fest, dass die grunderwerbsteuerrelevante Gegenleistung nur den Kaufpreis für den Erwerb des anteiligen Baugrundstücks umfasst (Erkenntnisse RV/7100153/2021 und RV/7100154/2021).

3. Entscheidung des VwGH

Der VwGH gab der von der Finanzverwaltung erhobenen Amtsbeschwerde recht.

Nach Auffassung des VwGH kann ein Kaufvertrag auch zukünftige oder noch zu schaffende Sachen umfassen, wobei ein Grundstück als bebaut gilt, wenn zwischen dem Grundstückskaufvertrag und dem Gebäudeerrichtungsvertrag ein enger sachlicher Zusammenhang besteht, sodass der Erwerber das bebaute Grundstück als einheitlichen Leistungsgegenstand erhält. Hier ist es irrelevant, ob die Leistungen für die Gebäudeerrichtung an Dritte oder auf Grundlage unterschiedlicher Verträge erbracht werden. Ein finaler Zusammenhang einer Leistung mit dem Grundstückserwerb setzt nach der Rechtsprechung des VwGH aber weder voraus, dass Druck auf den Käufer ausgeübt wurde, noch, dass der Käufer gegenüber dem Verkäufer eine Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen im Hinblick auf den beabsichtigten Erwerbszustand des Grundstückes übernimmt.

Auch hinsichtlich der vom BFG hervorgehobenen zeitlichen Komponente ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach bei Einbindung der Grundstückskäufer in ein geplantes Bauprojekt - aufgrund eines ihnen vorgegebenen, allfällig auf mehrere Urkunden und Vertragspartner aufgespalteten „Vertragsgeflechtes” - die damit verbundenen Kosten (insbesondere die Baukosten) Teil der Bemessungsgrundlage sind. Auf die zeitliche Abfolge der Vertragsabschlüsse kommt es dabei nicht an.

Weiters führt der VwGH aus, dass in einem solchen Fall die Baukosten nur dann nicht Teil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer sind, wenn der Käufer als Bauherr anzusehen ist. Ein Käufer gilt nach stRsp des VwGH aber nur dann als Bauherr, wenn er Einfluss auf die bauliche Gestaltung hat, das Baurisiko trägt und das finanzielle Risiko übernimmt. Diese Kriterien müssen kumulativ vorliegen. In dem vorliegenden Fall mussten die Parteien für das errichtete Haus jedoch einen Festpreis zahlen, was gegen die Übernahme des finanziellen Risikos von Baukostensteigerungen spricht. Auch hatten die Käufer keinen Einfluss auf die (bauliche) Gestaltung. Da somit nicht alle Merkmale der Bauherreneigenschaft vorlagen, waren die Käufer nicht als Bauherren anzusehen.

Die Kosten für die Errichtung des Hauses waren daher Teil der Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer gemäß § 5 Abs. 1 Z. 1 GrEStG.

4. Conclusio

Bei Erwerb von unbebauten Grundstücken, die jedoch bebaut werden sollen, können die Errichtungskosten eines Gebäudes Teil der grunderwerbsteuerlichen Bemessungsgrundlage für den Kauf eines unbebauten Grundstücks sein, sofern die Gebäudeerrichtung in einer finalen Verknüpfung zu dem Grundstückskauf besteht und der Käufer nicht als Bauherr anzusehen ist.