EU-Verrechnungspreisrichtlinie: Resolution des EU-Parlaments zur EU-Verrechnungspreisrichtlinie angenommen

Tax News 3/2024

Tax News 3/2024 – Internationales

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Am 10. April 2024 haben die Mitglieder des Europäischen Parlaments (MdEP) eine Entschließung1 (European Parliament legislative resolution of 10 April 2024 on the proposal for a Council directive on transfer pricing (COM(2023)0529 – C9-0339/2023 – 2023/0322(CNS); TA (europa.eu) zum Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Verrechnungspreise (Verrechnungspreisrichtlinie) angenommen.

Das Europäische Parlament unterstützt damit generell den ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission zur Implementierung einer EU-Verrechnungspreisrichtlinie und folgt dem vorherigen Berichtsentwurf des Ausschusses für Wirtschaft und Währung (ECON) des Europäischen Parlaments (PR_CNS_LegAct_am (europa.eu)). Zu den wichtigsten Änderungen im Vergleich zum Berichtsentwurf gehören:

  • Wegfall des dynamischen Verweises auf die OECD-Verrechnungspreisleitlinien:
    Die Entschließung des EU-Parlaments verzichtet auf einen dynamischen Verweis der EU-Verrechnungspreisrichtlinie an die neueste Version der OECD-Verrechnungspreisleitlinien sondern sieht vor, dass die EU Verrechnungspreisrichtlinie auf die OECD-Verrechnungspreisleitlinien in der Fassung von 2022 verweisen soll. Dies wurde auch ursprünglich von der Kommission vorgeschlagen. Die Kommission soll jedoch ermächtigt werden, delegierte Rechtsakte zu erlassen, um künftige Änderungen der OECD-Verrechnungspreisleitlinien zu übernehmen, die entweder von den Mitgliedstaaten oder von der EU gemäß Artikel 218 AEUV gebilligt hat. Im Gegensatz zum Berichtsentwurf wird in der Entschließung vorgeschlagen, die Bestimmungen des ursprünglichen Kommissionsvorschlags in Bezug auf Definitionen, anwendbare TP-Methoden und TP-Bewertungen beizubehalten.
  • Verweis auf die Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden (Directive on Administrative Cooperation in direkt taxation - DAC):
    In Bezug auf die entsprechenden Anpassungen der Mitgliedstaaten zur Vermeidung von Doppelbesteuerung wird in der Entschließung des EU-Parlaments vorgeschlagen, in der TP-Richtlinie zu verankern, dass die Mitgliedstaaten alle vom DAC vorgesehenen Verfahren und Vereinbarungen nutzen sollen.
  • Wiedereinsetzung des EU Joint Transfer Pricing Forums (JTPF):
    Zudem wird vom EU-Parlament gefordert, das EU Joint Transfer Pricing Forum – unter geänderten Namen („EU Forum on Transfer Pricing“ - EFTP) unter dem Vorsitz der Europäischen Kommission wiedereinzusetzen. Gemäß der EU-Verrechnungspreisrichtlinie soll das EFTP beratend und unterstützend tätig werden, um die Notwendigkeit einer Anpassung der Verrechnungspreisrichtlinie zu bewerten. In diesem Zusammenhang verweist das EU-Parlament insbesondere auf das Ziel, die kontinuierliche und einheitliche Darstellung der Verrechnungspreismethoden innerhalb der EU unter Berücksichtigung der Entwicklungen auf OECD- oder UN-Ebene zu gewährleisten.
  • Review - Klausel:
    Das EU-Parlament sieht in der Entschließung eine Überprüfung der EU-Verrechnungspreisrichtlinie für BEFIT-Konzerne vor, sobald die BEFIT-Richtlinie in Kraft tritt.

In der Entschließung wird vorgeschlagen, dass die Bestimmungen der Verrechnungspreisrichtlinie ab dem 1. Januar 2025 gelten sollen. Die Mitgliedstaaten müssten sie bis zum 31. Dezember 2024 umsetzen (d. h. ein Jahr früher als von der Kommission vorgeschlagen).

Eckpunkte des Richtlinienvorschlags der EU-Kommission vom 12. September 2023

Die EU-Verrechnungspreisrichtlinie (Vorschlag für eine RICHTLINIE DES RATES über die Verrechnungspreisgestaltung {SWD(2023) 308-309, COM(2023) 529 final) ist Teil der sogenannten BEFIT-Initiative der Europäischen Union (Business in Europe: Framework for Income Taxation, BEFIT)“, mit der ein neues, einheitliches Regelwerk für die Berechnung der Steuerbemessungsgrundlage von Unternehmensgruppen eingeführt werden soll.

Die EU-Verrechnungspreisrichtlinie hat zum Ziel, mehr Steuersicherheit für Unternehmen in der EU sicherzustellen und der Gefahr von Rechtsstreitigkeiten und Doppelbesteuerung entgegenzuwirken, um die Wettbewerbsfähigkeit und Effizienz des Binnenmarkts zu steigern. Die EU-Verrechnungspreisrichtlinie soll für alle Unternehmensgruppen unabhängig einer Umsatzgrenze wie beispielsweise für Unternehmen einer BEFIT-Gruppe (Umsatz > EUR 750 Mio.) gelten.

Diese Ziele sollen durch die Vereinheitlichung der verschiedenen Verrechnungspreisvorschriften der EU-Mitgliedsstaaten mit der EU-Verrechnungspreisrichtlinie erreicht werden. Wesentliche Regelungsinhalte sind:

  • Einheitliche Umsetzung des im Art. 9 Abs. 2 des OECD-Musterabkommens verankerten und in den österreichischen Doppelbesteuerungsabkommen (DBAs) vereinbarten Fremdvergleichsgrundsatzes („arm’s length principle“);
  • Einheitliche Definition verbundener Unternehmen („associated enterprises“), insbesondere durch die Festlegung einer Mindestbeteiligung von 25 % (derzeit anders z. B. in Ungarn, Rumänien, Griechenland, etc). Zudem sind Betriebsstätten wie eigenständige Unternehmen zu behandeln und der Fremdvergleichsgrundsatz in Einklang mit dem Authorized OECD Approach (AOA“) anzuwenden (Artikel 5 des EU-Richtlinienentwurfs);
  • Regelungen zur Bestimmung der Transaktionen im Konzern („intercompany transactions“ – Artikel 8 des EU-Richtlinienentwurfs);
  • Anwendung der am besten geeigneten Verrechnungspreismethode unter Verwendung der fünf OECD-Verrechnungspreismethoden der OECD-VPL und keine Methodenhierarchie. Davon abweichende Methoden sollen nur insoweit zulässig sein, wenn belegt werden kann, dass (i) keine der zugelassenen Methoden angemessen angewandt werden kann und (ii) eine solche andere Methode zu einem angemessenen Ergebnis führt (Artikel 9 und Artikel 10 des EU-Richtlinienentwurfs);
  • Regelungen zur Durchführung einer Vergleichbarkeitsanalyse (Artikel 11 des EU-Richtlinienentwurfs);
  • Fremdübliche Bandbreite („arm´s length range”): Ergibt die Anwendung der Verrechnungspreismethoden eine Spanne von Werten, ist die Bildung einer interquartilen Bandbreite (25%-75%) vorzunehmen. Es soll zu keiner Einkünftekorrektur in den Mitgliedstaaten kommen, wenn das Ergebnis innerhalb dieser Bandbreite liegt. Liegt das Ergebnis einer konzerninternen Transaktion außerhalb der interquartilen Bandbreite, soll eine Anpassung auf den Median erfolgen (Artikel 12 des EU-Richtlinienentwurfs);
  • Jahresendanpassung („year-end adjustments“): Ähnlich den österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien sollen Jahresendanpassungen der Unternehmen durch die Mitgliedstaaten anerkannt werden, wenn der Steuerpflichtige bereits unterjährig durch angepasste Verrechnungspreise versucht hat, ein fremdübliches Ergebnis zu erzielen, dies in den Büchern abbildet, einen einheitlichen Ansatz über einen längeren Zeitraum verfolgt und etwaige Abweichungen begründet werden können. Zudem soll die Jahresendanpassung vor Abgabe der Steuererklärung vorgenommen werden (Artikel 7 des EU-Richtlinienentwurfs).
  • Verrechnungspreisdokumentation: Dem Richtlinienentwurf folgend hat der Steuerpflichtige eine ausreichende Verrechnungspreisdokumentation zu erstellen. Es ist geplant, dass die EU-Kommission ein gemeinsames Muster festlegt, welches z.B. sprachliche Anforderungen, Anwendbarkeit, Zeiträume, regeln soll (Art 13 des EU-Richtlinienentwurfs).
  • Gegenberichtigung nach einem sog. Fast-Track Verfahren: Dabei ist ein Mechanismus vorgesehen, dass nach der verrechnungspreisbezogenen Einkünftekorrektur eines Mitgliedstaates („Primärberichtigung“) auf Antrag des Steuerpflichtigen eine Gegenberichtigung durch den anderen Mitgliedstaat vorzunehmen ist. Voraussetzung dafür ist, dass die Primärberichtigung im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz ist und zu einer Doppelbesteuerung führt. Dieses Fast-Track Verfahren soll innerhalb von 180 Tagen abgeschlossen werden. Damit ist neben dem Verständigungsverfahren ein beschleunigtes Verfahren (sog. Fast-Track Verfahren) möglich.

Fussnote

1 Entschließungen des Europäischen Parlaments zu Vorschlägen auf der Grundlage von Artikel 115 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) haben keine bindende Wirkung für den Rat. Entschließungen des Europäischen Parlaments müssen jedoch von der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten berücksichtigt werden, wenn sie neue Vorschriften vorschlagen oder ihnen zustimmen.

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