• 1000

Die Möglichkeit der Umwidmung von Covid-19-Förderungen im Falle einer Überschreitung der beihilferechtlich gebotenen Konzernobergrenzen wird in einer neuen Förderrichtlinie geregelt. Diese rechtliche Grundlage ist nunmehr im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden. Anträge für Umwidmungsanträge können noch bis zum 31. Oktober 2024 gestellt werden. Die wichtigsten Eckpunkte dieser neuen Richtlinie sollen im vorliegenden Beitrag dargestellt werden.

1. Einleitung

Die österreichische Bundesregierung hat Unternehmen, die durch pandemiebedingte Maßnahmen betroffen waren, in den letzten Jahren durch eine Vielzahl von unterschiedlichen finanziellen Maßnahmen unterstützt. Dabei wurden im Befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zur Stützung der Wirtschaft angesichts des derzeitigen Ausbruchs von COVID-19 i. d. F. vom 7.11.2022 bestimmte Höchstbeträge für Zuwendungen und Zuschüssen zu ungedeckten Fixkosten festgelegt. Demnach beträgt der Höchstbetrag für bestimmte COFAG-Förderprodukte - wie FKZ 800.000, Lockdown-Umsatzersatz und Ausfallsbonus (Abschnitt 3.1 des Befristeten Rahmens) - EUR 2,3 Mio. Für Zuschüsse zu ungedeckten Fixkosten, wie dem Verlustersatz I bis III (Abschnitt 3.12 des Befristeten Rahmens) gilt ein Höchstbetrag von EUR 12 Mio.1

Gleichzeitig hat die Europäische Kommission im März 2022 festgehalten, dass zur Ermittlung der Obergrenzen für finanzielle Maßnahmen der gesamte Unternehmensverbund und nicht jedes Unternehmen einzeln maßgebend ist. Somit waren alle Zuwendungen und Zuschüsse, die zu einer Überschreitung dieser Höchstbeträge geführt haben, nicht mit europäischem Beihilfenrecht vereinbar. Darüber hinaus war eine weitere Auszahlung von Förderungen an Gesellschaften eines Unternehmensverbundes, welcher die Obergrenze bereits überschritten hat, nicht mehr möglich.

Nach einer Einigung mit der Europäischen Kommission wurde diese Regelung zur Überschreitung der Konzernobergrenze später insofern gelockert, dass gewisse Voraussetzungen geschaffen wurden, unter denen weitere Beihilfen gewährt und rechtswidrig erhaltene Beträge umgewidmet werden können. In Österreich wurden nun in der neuen Obergrenzenrichtlinie2 drei verschiedene Optionen der Umwidmung bei Überschreiten der Konzernobergrenze ermöglicht. Durch eine derartige Umwidmung kann einerseits die Rechtskonformität einer Überschreitung der Konzernobergrenze durch eine bereits ausbezahlte Förderung sichergestellt werden. Andererseits wird dadurch die Auszahlung von Beihilfen ermöglicht, die bereits beantragt wurden, aber aufgrund der zuvor überschrittenen Obergrenze noch nicht ausgezahlt werden konnten.

Unsere Experten

2. Optionen der Umwidmung

2.1. Umwidmung in einen Verlustersatz

Kommt es im Unternehmensverbund zu einer Überschreitung der in 3.1 des Befristeten Rahmens festgesetzten Obergrenze i. H. v. EUR 2,3 Mio., kann der Überschreitungsbetrag grundsätzlich in einen Verlustersatz umgewidmet werden. Dabei muss der Verlust, nach Maßgabe der RL Verlustersatz, auf Ebene des Unternehmensverbundes ermittelt werden.

Konkret wird der entsprechende Verlust nach Punkt 4.2 RL Verlustersatz im Vergleich zum Ergebnis des Vergleichszeitraums ermittelt. Als Betrachtungszeiträume können beliebig viele Perioden zwischen dem 16. September 2020 und dem 31. März 2022 gewählt werden. Diese Zeiträume haben stets mit einem Monatsersten zu beginnen und mit einem Monatsletzten zu enden, wobei zeitliche Lücken zwischen den gewählten Perioden zulässig sind. Den Vergleichszeitraum bildet der entsprechende Zeitraum im Jahr 2019.

Der Verlustersatz entspricht weiters 70 %, bei Klein- oder Kleinstunternehmern gem. KMU-Definition Anhang I AGVO 90 % des maßgebenden Verlustes.


Beispiel: Das Unternehmen A hat Förderungen i. H. v. EUR 3,5 Mio. erhalten, die in Punkt 3.1 des Befristeten Rahmens festgesetzt werden. Gleichzeitig hat das Unternehmen im Jahr 2022 einen maßgebenden Verlust nach RL Verlustersatz III i. H. v. EUR 1 Mio. erzielt. Im Vergleichszeitraum 2019 betrug das Ergebnis EUR 100.000. Somit entspricht der maßgebliche Verlust EUR 1,1 Mio. (= 1 Mio. + 100.000).

In weiterer Folge kann das Unternehmen nun 70 % dieses Verlustes, somit EUR 770.000 (= 1,1 Mio. * 0,7) in einen Verlustersatz umwidmen3.


Der maximale Umwidmungsbetrag entspricht somit den maßgebenden Verlusten. Zu beachten ist jedoch, dass zwei Höchstbeträge beachtlich sind:

  • Die Höhe des Überschreitungsbetrags der Obergrenze als Summe der bereits gewährten Beträge und der aufgrund eines gestellten Antrags nach den maßgebenden Richtlinien zustehende Beträge.
  • Der Differenzbetrag zwischen EUR 12 Mio. und der Summe der dem Unternehmensverbund gewährten Beihilfen nach dem RL Verlustersatz oder anderen Beihilfen nach Abschnitt 3.12 des Befristeten Rahmens.

Hinweis

Die Umwidmung in einen Verlustersatz bietet den Vorteil, dass der Verlust auf der Ebene des gesamten Unternehmensverbundes und nicht für jedes Teilunternehmen einzeln ermittelt werden muss. Zusätzlich ist eine konkrete Lockdown-Betroffenheit, anders als im Schadensausgleich, nicht erforderlich.

Letztlich muss allerdings beachtet werden, dass die dargestellten Höchstbeträge eine wesentliche Einschränkung für eine etwaige Umwidmung darstellen können.



2.2. Schadensausgleich

Soweit eine Umwidmung in einen Verlustersatz nicht möglich ist, beispielsweise wenn der Höchstbetrag voll ausgeschöpft wurde, kann darüber hinaus ein Schadensausgleich beantragt werden. Die Ermittlung des Schadens muss für jedes Unternehmens einzeln, nicht für den gesamten Unternehmensverbund erfolgen. Es ist somit notwendig, dass jedes Unternehmen individuell den entstandenen Schaden inklusive Lockdown-Betroffenheit nachweist. Folglich hat die Umwidmung in den Schadensausgleich, im Gegensatz zu der in einen Verlustersatz, auf einer detaillierteren Ebene zu erfolgen.

Konkret berechnet sich der Schaden aus dem Fehlbetrag zwischen dem Ergebnis eines Betrachtungszeitraums (ein Zeitraum zwischen 16. März 2020 und 31. März 2022 in dem das Unternehmen von einer Lockdown-Maßnahme betroffen war) im Vergleich zu 95 % des Ergebnisses im Vergleichszeitraum (der dem Betrachtungszeitraum entsprechende Zeitraum im Jahr 2019). Die Ergebnisse sind im Sinne der Ermittlung des Verlusts nach Punkt 4.2 RL Verlustersatz zu ermitteln. Die Vorgehensweise ist somit ident wie bei der Sanierung von Spätanträgen i. Z. m. Ausfallbonus III und Verlustersatz III. Nähere Informationen dazu finden Sie unter diesem Link.

Das für einen Betrachtungszeitraum ermittelte Ergebnis ist um sämtliche finanzielle Fördermaßnahmen und Drittbeihilfen (außer Garantien) schadensreduzierend zu bereinigen, die diesem Betrachtungszeitraum zuzuordnen sind und nicht ergebniswirksam berücksichtigt wurden.


Beispiel: Das Unternehmen B erzielt während direkter Lockdown-Betroffenheit im ersten Halbjahr 2021 einen nach Punkt 4.2 RL Verlustersatz ermittelten Gewinn i. H. v. EUR 100.000. In diesem Zeitraum wurden keine Covid-19-Förderungen erhalten, die in weiterer Folge abzuziehen wären. Im entsprechenden Vergleichszeitraum im Jahr 2019 lag der Gewinn hingegen bei EUR 1 Mio.

Der Schaden besteht aus der Differenz zwischen 95% des Ergebnisses im Vergleichszeitraum (1 Mio. * 0,95 = 950.000) und dem Ergebnis im Betrachtungszeitraum. Folglich können maximal EUR 850.000 (950.000 – 100.00 = 850.000) in den Schadensausgleich umgewidmet werden.4


Ein Betrachtungszeitraum ist dabei auf den Tag genau festzulegen. Es können mehrere Betrachtungszeiträume gewählt werden, die auch nicht zeitlich zusammenhängen müssen. Eine Lockdown-Betroffenheit liegt in folgenden Fällen vor:

  • Eine Lockdown-Maßnahme führte (de iure oder de facto) zur Einstellung des Geschäftsbetriebs, der wirtschaftlichen Tätigkeit oder eines konkreten abtrennbaren Teils der Tätigkeit (direkt betroffen).
  • Das Unternehmen erzielte nachweislich und regelmäßig mindestens 80 % der Umsätze mit direkt von Lockdown-Maßnahmen betroffenen Unternehmen (indirekt betroffen).
  • Aufgrund von Maßnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie in Bezug auf den Reiseverkehr haben Reisebüros, Reiseveranstalter oder Seilbahnunternehmen einen Umsatzeinbruch von mindestens 80 % im Vergleich zum entsprechenden Vergleichszeitraum erlitten.

Letztlich muss noch beachtet werden, dass der Schadensausgleichsbetrag unter gewissen Umständen reduziert werden muss, sofern der Unternehmensverbund in einem Wirtschaftsjahr einen Jahresüberschuss erzielt, in welches zur Gänze oder teilweise der Betrachtungszeitraum für gewisse Beihilfen fällt.

Hinweis

Im Zuge des Schadensausgleiches kann für den Unternehmensverbund somit ein höherer Betrag als durch den Verlustersatz umgewidmet werden, allerdings sind die Auflagen dafür wesentlich strenger. Zum einen muss der Schaden auf der Ebene der einzelnen Unternehmen ermittelt werden und nicht auf Ebene des Unternehmensverbundes. Zum anderen muss jeweils eine explizite Lockdown-Betroffenheit vorliegen, welche beim Verlustersatz nicht notwendig ist.



2.3. De-minimis-Beihilfe

Wenn eine Umwidmung als Verlustersatz und/oder als Schadensausgleich nicht möglich ist, kann eine De-minimis-Beihilfe für Zwecke der Umwidmung bei Überschreiten von Obergrenzen beantragt werden. Den Rahmen dafür bildet der Differenzbetrag zwischen der allgemeinen Obergrenze der De-minimis-Verordnung 2024 i. H. v. EUR 300.000 und dem Gesamtbetrag jener Beihilfen, die der Unternehmensverbund auf Basis der De-minimis-Verordnung im Betrachtungszeitraum erhalten hat. Der Betrachtungszeitraum der erhaltenen Beihilfen erstreckt sich über einen rollierenden Zeitraum der letzten drei Jahre. Weiterführende Informationen zu den aktuellen De-minimis-Verordnungen 2024 finden Sie hier.

Hinweis

Da die allgemeine De-minimis-VO 2024 sowie die De-minimis-VO-DAWI 2024 ab dem 1.1.2024 in Kraft getreten sind, erfolgte eine entsprechende Novelle der Richtlinien. Damit kommen die Bestimmungen und Obergrenzen dieser neuen De-minimis-Verordnungen auf alle Ergänzungs- bzw. Umwidmungsanträge zur Anwendung, die zum 1. Jänner 2024 noch nicht final bearbeitet worden sind. Wesentliche Neuerungen in den neuen De-minimis-Verordnungen sind die Anhebung der jeweiligen Obergrenzen und die bereits erwähnte rollierende Betrachtung der letzten drei Jahre.



3. Voraussetzungen und Verpflichtungen

Im Rahmen des Umwidmungsantrages müssen je nach Umwidmungsart eine Vielzahl an Bestätigungen und Informationen abgegeben werden. Beispielsweise dürfen ab der Veröffentlichung der Richtlinie bis zum 31. Dezember 2024 keine Bonuszahlungen an Vorstände oder Geschäftsführer i. H. v. mehr als 50 % ihrer Bonuszahlung für das Wirtschaftsjahr 2019 ausgezahlt werden. Zusätzlich dürfen in diesem Zeitraum auch keine Dividenden oder rechtlich nicht zwingenden Gewinnausschüttungen durch den Antragsteller erfolgen.

Des Weiteren erfordert die Umwidmung in einen Verlustersatz sowie der Schadensausgleich eine gutachterliche Stellungnahme eines Steuerberaters, Wirtschaftsprüfers oder Bilanzbuchhalters basierend auf Buchhaltungsunterlagen.

Die Einhaltung dieser Bestätigungen und Verpflichtungen kann in weiterer Folge Gegenstand einer nachträglichen Überprüfung gem. den Bestimmungen des Covid-19-Förderungsgesetzes sein.

Hinweis

Umgewidmete oder gewährte Beträge sind insoweit samt Zinsen zurückzuzahlen, als sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellt, dass die Voraussetzungen oder die der Umwidmung oder Gewährung zugrunde liegenden Verhältnisse nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen. Ein Fördermissbrauch zieht darüber hinaus strafrechtliche Konsequenzen mit sich.



4. Was ist nach der Veröffentlichung der Umwidmungsrichtline zu tun?

Falls Sie eine Umwidmung Ihrer Förderungen anstreben, empfehlen wir Ihnen die Kontaktaufnahme mit dem zuständigen KPMG Engagement Team, um die nächsten Schritte gemeinsam vorzubereiten und durchzuführen. Egal bei welchem Schritt Sie sich gerade befinden, unsere Teams unterstützen Sie gerne.


5. Fazit und Ausblick

Auf Basis des befristeten COVID-19-Beihilfenrahmens hat das Bundesministerium für Finanzen über die COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes (COFAG) Hilfsgelder in Höhe von insgesamt EUR 15,3 Milliarden an österreichische Unternehmen ausbezahlt. In Summe stehen für diese Art der Förderinstrumente (Garantien, Fixkostenzuschüsse, Verlustersätze, Ausfallsboni sowie Lockdown-Umsatzersätze) 19 Milliarden zur Verfügung. Die Abrechnung dieser Beihilfen erfolgte anfänglich auf Ebene einzelner Unternehmen und nicht auf der der Unternehmensverbände. Eine Vorgehensweise, die später von der Europäischen Kommission als rechtswidrig eingestuft wurde. Nach einer Einigung mit der Kommission im Sommer 2023 wurde nun die neue Richtlinie veröffentlicht, welche die Möglichkeit der Umwidmung von Beihilfen geschaffen hat. Dadurch sollen alle anhängigen Antragsverfahren abgeschlossen werden, bei denen die Konzernobergrenze überschritten wurde. Es bleibt allerdings abzuwarten, wie komplex sich dieser Prozess darstellen wird, vor allem in Anbetracht, dass die COFAG am 30. Juni 2024 aufgelöst werden wird. Die Abwicklung der Umwidmungen soll dann über die Finanzverwaltung erfolgen.5

1 Vgl. COFAG. Unternehmensverbund, abgerufen am 21.6.2024.
2 Richtlinien zur Verordnung des Bundesministers für Finanzen gemäß § 3b Abs. 3 des ABBAG-Gesetzes betreffend die Umwidmung von Obergrenzen überschreitenden Beihilfen der COVID-19 Finanzierungsagentur des Bundes GmbH (COFAG) in einen Verlustersatz, einen Schadensausgleich oder eine De-minimis-Beihilfe (Obergrenzenrichtlinien), abgerufen am 21.6.2024.
3 Diese Umwidmung ist nur unter der Voraussetzung möglich, dass dadurch die unten genannten Begrenzungen nicht überschritten werden.
4 Diese Umwidmung ist nur in voller Höhe möglich, wenn die unten genannten Begrenzungen keine Anwendung finden.
5 COFAG. Aktuelle Zahlen., abgerufen am 21.6.2024.