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Die Europäische Kommission hat am 13. Dezember 2023 zwei Verordnungen zur Änderung der allgemeinen Vorschriften für geringfügige Beihilfen (De-minimis-Verordnung1) und der Vorschriften für geringfügige Beihilfen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) wie Leistungen im öffentlichen Verkehr und in der Gesundheitsversorgung (DAWI-De-minimis-Verordnung2) erlassen, da die bestehenden Rechtsgrundlagen am 31. Dezember 2023 ausgelaufen wären. Mit den überarbeiteten Verordnungen werden geringfügige Beihilfen von der EU-Beihilfekontrolle ausgenommen, da davon ausgegangen wird, „dass weder der Wettbewerb noch der Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigt wird und sohin nicht alle Merkmale für das Vorliegen einer staatlichen Beihilfe erfüllt sind“.3 Die neuen Verordnungen sind zum 1. Jänner 2024 in Kraft getreten und gelten bis zum 31. Dezember 2030.4 Wichtigste Änderungen betreffen die anwendbaren Höchstbeträge, den Betrachtungszeitraum sowie neue Transparenzregelungen. Bitte insbesondere um Beachtung, dass die Neuregelungen u. a. bereits für die Sanierung von Spätanträgen i. Z. m. bestimmten COVID-19-Beihilfen von Relevanz sind.5

Hintergrund für die Änderungen

Artikel 108 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) sieht vor, dass die Mitgliedsstaaten staatliche Beihilfen bei der Europäischen Kommission anmelden müssen und erst nach Genehmigung durch die Kommission durchführen dürfen.6 Nach der EU-Ermächtigungs-verordnung für staatliche Beihilfen kann die Kommission bestimmte Gruppen staatlicher Beihilfen für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklären und von der im AEUV festgelegten Anmeldepflicht freistellen.7 Die diesbezüglichen De-minimis-Verordnungen wären am 31. Dezember 2023 ausgelaufen. Die Europäische Kommission hat daher Verordnungen zur Änderung der allgemeinen Vorschriften für geringfüge Beihilfen (De-minimis-Verordnung) und der Vorschriften für geringfügige Beihilfen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (DAWI) wie Leistungen im öffentlichen Verkehr und in der Gesundheitsversorgung (DAWI-De-minimis-Verordnung) erlassen. DAWI wird in folgende drei Kategorien untergliedert: Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse (Postdienste), nicht wirtschaftliche Dienstleistungen (Polizei, Justiz) und Sozialdienstleistungen von allgemeinem Interesse (Arbeitsvermittlung, Sozialwohnungen).8 Beide VO sind am 1. Jänner 2024 in Kraft getreten und gelten bis zum 31. Dezember 2030.

Wichtigste Änderungen im Überblick

Die wichtigsten Änderungen stellen sich wie folgt dar:

  • Anhebung der Höchstbeträge je Unternehmenseinheit:
    • Allgemeine De-minimis-Beihilfen: Diese dürfen EUR 300.000 (bisher: EUR 200.000) nicht übersteigen.
    • DAWI-De-minimis Beihilfen: Diese dürfen nicht mehr als EUR 750.000 (bisher: EUR 500.000) betragen.
    • De-minimis-Obergrenze-Straßengüterverkehr: Diese ist entfallen. Für Unternehmen, die im gewerblichen Straßengüterverkehr tätig sind, kommt nun die allgemeine De-minimis-Obergrenze zur Anwendung.
  • Änderung des Beobachtungszeitraums:
    • Die o. a. Höchstbeträge dürfen in einem Zeitraum von drei Jahren (rollierend) nicht überschritten werden (bisher: die letzten drei Steuerjahre).
  • Neue Transparenzregelungen:
    • Die Einführung einer Verpflichtung für die Mitgliedsstaaten, De-minimis- sowie DAWI-Beihilfen ab dem 1. Jänner 2026 in einem auf nationaler oder EU-Ebene eingerichteten zentralen Register zu erfassen, wodurch die Berichtspflichten für Unternehmen verringert werden.
  • Einführung von „Safe Harbours“ für Finanzintermediäre:
    • Diese Änderung soll Beihilfen in Form von Darlehen und Garantien weiter erleichtern, wobei die Vorteile nicht mehr vollständig von den Finanzintermediären an die Endbegünstigten weitergegeben werden müssen.

Maßgeblichkeit der Unternehmenseinheit

Hervorzuheben ist, dass die Regelungen und insbesondere die Höchstbeträge je Unternehmenseinheit gelten. Dieser Begriff zieht alle Unternehmen mit ein, die entweder völlig unabhängig sind oder zueinander in mindestens einer der folgenden Beziehungen stehen:

  1. Ein Unternehmen hält die Mehrheit der Stimmrechte der Anteilseigner oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens.
  2. Ein Unternehmen ist berechtigt, die Mehrheit der Mitglieder des Verwaltungs-, Leitungs- oder Aufsichtsgremiums eines anderen Unternehmens zu bestellen oder abzuberufen.
  3. Ein Unternehmen ist gemäß einem mit einem anderen Unternehmen geschlossenen Vertrag oder aufgrund einer Klausel in dessen Satzung berechtigt, einen beherrschenden Einfluss auf dieses Unternehmen auszuüben.
  4. Ein Unternehmen, welches Anteilseigner oder Gesellschafter eines anderen Unternehmens ist, übt gemäß einer mit anderen Anteilseignern oder Gesellschaftern dieses anderen Unternehmens getroffenen Vereinbarung, die alleinige Kontrolle über die Mehrheit der Stimmrechte von dessen Anteilseignern oder Gesellschaftern aus.

Auch Unternehmen, die über ein anderes Unternehmen oder mehrere andere Unternehmen zueinander in einer der Beziehungen gemäß 1.–4. stehen, werden als ein einziges Unternehmen betrachtet.

Unsere Experten

1 Vgl. Verordnung (EU) der Kommission über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen, 13.12.2023, C (2023) 9700 final.
2 Verordnung (EU) 2023/2832 der Kommission über die Anwendung der Artikel 107 und 108 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf De-minimis-Beihilfen an Unternehmen, die Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse erbringen, 13.12.2023.
3 https://www.ffg.at/recht-finanzen/rechtliches_service_de-minimis-beihilfen, abgerufen am 15.2.2024.
4 Vgl. Pressemitteilung, Kommission erlässt neue Vorschriften für geringfügige staatliche Beihilfen im Allgemeinen und für geringfügige Beihilfen für Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse, 13.12.2023, abgerufen am 15.2.2024.
5 Vgl. COVID-19-Förderungen - Hoffnung auf weitere COVID-19-Förderungen i. Z. m. Spätanträgen?, abgerufen am 15.2.2024.
6 EUR-Lex - 12008E108 - DE - EUR-Lex (europa.eu), abgerufen am 16.2.2024.
7 Verordnung – 2018/1911 – DE – EUR-Lex (europa.eu), abgerufen am 16.2.2024.
8 Dienstleistungen von allgemeinem Interesse - Europäische Kommission (europa.eu), abgerufen am 16.2.2024.