BFG: Keine Rechtsgeschäftsgebühr für Hotel(betreiber)pachtverträge

Tax News 2/2024

Immobilien

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Das Bundesfinanzgericht (BFG 29.11.2023, RV/1704160/2019) hat entschieden, dass die Gebührenbefreiungsbestimmung auf Wohnraummieten (§ 33 TP. 5 Abs. 4 Z. 1 GebG) auch auf Bestandsverträge zwischen Bestandgeber und Betreibergesellschaft von Beherbergungsunternehmen als Bestandnehmerin anwendbar ist und somit keine Rechtsgeschäftsgebühr anfällt. Die Finanzverwaltung hat allerdings gegen dieses Erkenntnis Amtsrevision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erhoben. Es bleibt abzuwarten, zu welchem Ergebnis der VwGH kommen wird.

1. Sachverhalt

Gegenständlich wurde ein Bestandsvertrag zwischen der Bestandgeberin (Verpächterin) und der Betreibergesellschaft von Beherbergungsunternehmen als Bestandnehmerin (Pächterin) abgeschlossen. Der Pächterin wurde im Rahmen dieses Vertrages die Verpflichtung auferlegt, den Pachtgegenstand, den die Verpächterin auf einer Liegenschaft neu errichtete, als Hotel zu betreiben. Das Hotel war vornehmlich mit 134 Studios bzw. Apartments zur Selbstversorgung, d. h. inkl. voll ausgestatteter Küche, Wohn- und Schlafräumen, mit einer Größe zwischen 30 m² bzw. 42 m² und 55 m², ausgestattet. Daneben sind im Hotel noch Restaurant, Bar, Cafeteria, Lobby sowie 26 KFZ-Stellplätze in der Tiefgarage untergebracht. Anzumerken ist noch, dass die reine Wohnfläche (Studios und Apartments) ca. 68 % der Gesamtfläche umfasst.

Zunächst wurde in der Bescheidbeschwerde die Berechnung der Rechtsgeschäftsgebühr durch die Beschwerdeführerin (Bf.; Pächterin) beanstandet. Im weiteren Verfahrensverlauf führte die Bf. jedoch aus, dass im gegenständlichen Fall überhaupt die Gebührenbefreiung der maßgeblichen Bestimmung des Gebührengesetzes (§ 33 TP. 5 Abs. 4 Z. 1 GebG) zur Anwendung käme.

2. Entscheidung

Das BFG zog sich zunächst in seiner Beurteilung, ob die gegenständliche Gebührenbefreiung zur Anwendung kommt, darauf zurück, wie im Rahmen der Befreiungsbestimmung gem. § 33 TP. 5 Abs. 4 Z. 1 GebG der Begriff „Wohnräume“ auszulegen ist. Das BFG bediente sich dafür der historischen Interpretation.

Das BFG argumentiert, dass in der o. g. Befreiungsbestimmung in der Fassung bis zur Novelle BGBl I Nr. 147/2017 „Verträge über die Miete von Wohnräumen bis zu einer Dauer von drei Monaten“ gebührenfrei waren (um den Fremdenverkehr nicht allzu sehr zu belasten). Nach Ansicht des BFG ist es unzweifelhaft, dass bereits nach der Rechtslage vor der Novelle BGBl I Nr. 147/2017 die Vermietung von Hotel-, Pensions-, Apartment oder ähnlichen Nächtigungsmöglichkeiten gebührenrechtlich als Vermietung von Wohnraum und somit gebührenbefreit zu betrachten war.

Das hat sich nach Ansicht des BFG mit der Novelle BGBl I Nr. 147/2017 nicht geändert, wonach nun sämtliche Verträge über die Miete von Wohnräumen gebührenbefreit sind („… (4) Gebührenfrei sind 1. Verträge über die Miete von Wohnräumen; …“).

Dies deckt sich nach Ansicht des BFG auch mit der bisherigen Judikatur des VwGH, nach der bei der Auslegung des Begriffs „Wohnräume“ auf die Begriffe „Gebäude oder Gebäudeteile, die überwiegend Wohnzwecken dienen“ in § 33 TP. 5 Abs. 3 letzter Satz GebG i. d. F. vor BGBl I Nr. 147/2017 zurückgegriffen werden könne (VwGH 29.6.2022, Ro 2021/16/0005, Rz. 16 ff). Für die Auslegung des Begriffes „Wohnzwecke“ verweist das BFG schlussendlich auf die Materialien zum AbgÄG 1998 (BGBl I Nr. 28/1999, zu § 33 TP. 5 Abs. 3 letzter Satz GebG (1471 der Beilagen XX GP, 27): „Wohnzwecken dienen Gebäude oder Räumlichkeiten in Gebäuden dann, wenn sie dazu bestimmt sind, in abgeschlossenen Räumen privates Leben, speziell auch Nächtigung, zu ermöglichen.“.

Somit sieht das BFG unter Heranziehung der historischen Interpretation und der VwGH-Judikatur keine Zweifel an der Wohnraumqualität einer Urlaubsunterkunft, wenn dies überwiegend Wohnzwecken dient (Wohnbedürfnis muss klar im Vordergrund sein; eine untergeordnete Dienstleistungskomponente ist nicht schädlich).

Die Gebührenbefreiung des § 33 TP. 5 Abs. 4 Z. 1 GebG kommt für das BFG auch für jene Fälle in Betracht, in denen das Bestandsobjekt oder Teile dessen nicht unmittelbar dem Bestandnehmer (= Pächter), sondern erst in weiterer Folge einer seiner nächsten Vertragspartner zur Befriedigung eines persönlichen Wohnbedürfnisses dient. Mit Verweis auf den VwGH ist die sachliche Bestimmung des Bestandsobjektes maßgeblich (VwGH 18.8.2020, Ra 2020/16/0077 zum Bestandvertrag über eine Seniorenresidenz abgeschlossen zwischen Liegenschaftseigentümer und Betreiber). Eine unmittelbare Befriedigung eines persönlichen Wohnbedürfnisses der unmittelbaren Bestandnehmerin ist nicht Voraussetzung für die Gebührenbefreiung. Wird auf der „nächste Stufe“ das Bestandsobjekt der (überwiegenden) Wohnraumnutzung zugeführt, bleibt die Gebührenbefreiung erhalten.


Zusammenfassung

Zusammenfassend kommt somit das BFG zu dem Schluss, dass gegenständlich die Gebührenbefreiung gem § 33 TP. 5 Abs. 4 Z. 1 GebG auf den Bestandsvertrag zwischen der Bestandgeberin (Verpächterin) und der Betreibergesellschaft von Beherbergungsunternehmen als Bestandnehmerin (Pächterin) zur Anwendung kommt, da beim Abschluss dieses Vertrages bereits feststand, dass das Gebäude oder Gebäudeteile letztlich überwiegend Wohnzwecken (68 %) dienen sollte.

3. Praxistipp und Ausblick

In der Praxis gewinnen neben klassischen Hotels Serviced Apartment- und ähnliche Konzepte zunehmend an Bedeutung. Die gegenständliche Rechtsprechung ist somit nicht nur für die Betreiber von Studentenwohnheimen oder Seniorenheimen, sondern auch für Serviced Apartment-Betreiber und klassische Hotels relevant.

Sollte ein Bestandsvertrag zwischen einer Betreibergesellschaft und einem Bestandgeber i. S. d. Sachverhalts im gegenständlichen BFG Erkenntnisses mit entsprechender „Hotelbetreiber-Verpflichtung“ (überwiegenden Wohnzwecken dienend) aktuell abgeschlossen werden (oder jüngst worden sein), so ist – so keine gebührenschonende Alternative (konkludente Annahme, „Anwaltskorrespondenz“, Videobeweis, „Auslandsurkunde“) gewählt wurde – jedenfalls eine Gebührenanzeige (§ 31 GebG) beim zuständigen Finanzamt Österreich mit Sonderzuständigkeit vorzunehmen. Allerdings empfiehlt es sich, in der Gebührenanzeige auf die Gebührenbefreiung i. S. d. gegenständlichen BFG-Erkenntnisses hinzuweisen und im Fall des Falles bei gegenteiliger Beurteilung durch das Finanzamt den Rechtsmittelweg beschreiten zu können. Die Entscheidung durch den VwGH über die Amtsrevision (anhängig zZ Ro 2024/16/0004) bleibt abzuwarten.