VwGH: Der indirekte Zollvertreter als Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer
Tax News 11-12/2023
Tax News 11-12/2023
Der VwGH hat sich in seinem Erkenntnis vom 19. September 2023, Ra 2022/16/0010, mit den Bestimmungen des § 26 Abs. 3 i. V. m. Abs. 5 lit. e UStG auseinandergesetzt, wonach im Falle der indirekten Zollvertretung der Anmelder (idR Spediteur) nicht Schuldner der (auf dem Abgabenkonto verbuchten) Einfuhrumsatzsteuer wird. Nach dem VwGH ist die Frage, ob eine Zollvollmacht einen Auftrag i. S. d. § 26 Abs. 5 lit. e UStG enthält, anhand Auslegung der nationalen zivilrechtlichen Bestimmungen zu beantworten.
1. Wesentliche Rechtsgrundlagen
Nach Art. 18 Ab.s 1 UA 2 UZK kann die Zollvertretung direkt oder indirekt erfolgen. Direkt ist die Vertretung, wenn der Vertreter im Namen und für Rechnung eines anderen handelt, indirekt, wenn er im eigenen Namen, aber für Rechnung eines anderen handelt. Bei direkter Zollvertretung ist der Vertretene Zollanmelder. Bei indirekter Zollvertretung ist der indirekte Vertreter Zollanmelder.
Bei der Bestimmung des § 26 Abs. 3 Z. 2 UStG handelt es sich um das sog. EUSt-Neu-Verfahren, wonach die EUSt direkt auf das Abgabenkonto der Abgabenschuldnerin gebucht wird und somit nicht an das Zollamt entrichtet werden muss. Im Falle der indirekten Vertretung wird der Spediteur nach § 26 Abs. 5 lit. e UStG dann nicht zum Schuldner der EUSt, wenn ihm ein schriftlicher Auftrag des Vertretenen zur Anwendung der Regelung des EUSt-Neu-Verfahren vorliegt. Die Gesetzgebungsmaterialien begründen dies damit, dass im Fall des § 26 Abs. 3 Z. 2 UStG die gesamte Gebarung auf das Finanzamtskonto übergeht, sodass der Anmelder (indirekter Zollvertreter) keine Kontrollmöglichkeit über die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer mehr hat. Die Schuldnerschaft des Anmelders wird daher gemäß § 26 Abs. 5 lit. e UStG ausgeschlossen, sofern er nicht schuldhaft bei der unrichtigen Anmeldung mitgewirkt hat.
2. Sachverhalt und Entscheidung des BFG
3. Erkenntnis des VwGH
Der VwGH führt eingangs aus, dass die zollrechtlichen Bestimmungen nur insoweit für die EUSt anzuwenden sind, als keine speziellen Regeln im UStG vorgesehen sind. Der VwGH folgert daraus, dass § 26 Abs. 5 lit. e UStG (Ausnahme von der EUSt Schuldnerschaft des Vertreters) eigenständig zu prüfen ist.
Nach dem VwGH ist die Frage, ob die Zollvollmacht einen Auftrag iSd § 26 Abs. 5 lit. e UStG enthält, anhand Auslegung der nationalen Bestimmung zu beantworten. § 26 Abs. 5 lit. e UStG enthält abgesehen von dem Erfordernis der Schriftlichkeit keine weiteren, insbesondere keine inhaltlichen Anforderungen an die Ausgestaltung eines Auftrages zur Anwendung des EUSt-Neu-Verfahren. Nach dem VwGH ist der Inhalt eines solchen Auftrag nach zivilrechtlichen Bestimmungen zu prüfen. Gemäß § 914 ABGB ist bei der Auslegung von Verträgen die Absicht der Parteien zu erforschen und der Vertrag so zu verstehen, wie es der Übung des redlichen Verkehrs entspricht.
Dem Argument des BFG, wonach es Sinn und Zweck des Geschäftsmodelles gewesen sei, die EUSt nicht beim Zollamt zu entrichten und dass daher ein schriftlicher Auftrag zur Anwendung des EUSt-Neu-Verfahren vorliegt, ist der VwGH nicht gefolgt. Eine solche Auslegung findet nach dem VwGH schon im Wortlaut der Zollvollmacht keine Deckung. Der Hinweis „zum Vollen Vorsteuerabzug berechtigt“ ist nach dem VwGH lediglich ein Indiz zur Anwendung des EUSt-Neu-Verfahren. Vielmehr ist nach dem VwGH aber zu berücksichtigen, dass der Zollvertreter als direkter Stellvertreter bevollmächtigt wurde. Die Tatsache, dass der Vertreter als indirekter Stellvertreter aufgetreten ist, war von der Zollvollmacht nicht gedeckt. Bei der direkten Vertretung, so wie vereinbart, mussten die Parteien aber gerade nicht davon ausgehen, dass der Vertreter selbst Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer werden würde.
Es kann daher nach dem VwGH dem Wortlaut der Zollvollmacht gerade nicht die Absicht entnommen werden, dass die Parteien einen Auftrag zur Anwendung des EUSt-Neu-Verfahren im Rahmen der indirekten Vertretung vereinbaren wollten.
4. Ausblick
Insbesondere bei zollrechtlichen Vertretungsverhältnissen ist der dem Zollrecht immanente Formalismus zu beachten. Falsche oder fehlerhafte Angaben in der Zollanmeldung aber auch in der Vertretungsmacht führen schnell zu unangenehmen Folgen für den Vertreter und den Vertretenen.