Suspendierung des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Russland

Tax News 11-12/2023

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Zahlreiche Bestimmungen des Doppelbesteuerungsabkommens mit Russland wurden vom BMF am 6. Dezember 2023 suspendiert. Wesentliche Auswirkung auf die Anwendungspraxis stellt die Suspendierung der Verteilungsnormen dar, wonach die Staaten nunmehr nicht daran gehindert sind, Einkünfte uneingeschränkt nach nationalem Recht zu besteuern. Mangels Aufteilung des Besteuerungsrechts zwischen den Vertragsstaaten ist die Vermeidung einer Doppelbesteuerung nicht mehr auf Basis des Doppelbesteuerungsabkommens möglich.

Am 6. Dezember 2023 hat das Bundesministerium für Finanzen die Suspendierung zahlreicher Bestimmungen des Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung betreffend die Steuern vom Einkommen und vom Vermögen (kurz: DBA) zwischen Österreich und Russland mit sofortiger Wirkung bekanntgeben (BGBl. III Nr. 200/2023).

Unmittelbare Auswirkungen der DBA-Suspendierung

Die wesentlichen Auswirkungen auf die Suspendierung der Bestimmungen lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Von der Suspendierung nicht betroffen sind die allgemeinen Artikel zu Beginn des DBAs (Art 1 bis 4), welche insbesondere die vom Abkommen umfassten Steuern und die Ermittlung der Ansässigkeit von Personen in den beiden Vertragsstaaten regeln.
  • Die Suspendierung umfasst neben dem Artikel zur Betriebsstätte (Art 5) auch die dazugehörigen Protokollbestimmungen.
  • Die bedeutsamsten Folgen ergeben sich aus der Suspendierung sämtlicher Verteilungsnormen (Art 6 bis 22). Die Verteilungsnormen haben grundsätzlich das Ziel, das Besteuerungsrecht der einzelnen Einkunftsarten auf die beiden Vertragsstaaten aufzuteilen. Mangels Aufteilung des Besteuerungsrechts sind die Vertragsstaaten nunmehr nicht daran gehindert, die Einkünfte uneingeschränkt nach nationalem Recht zu besteuern.
  • Der Methodenartikel (Art 23) zur Vermeidung einer Doppelbesteuerung als auch die Regelung zum Verständigungsverfahren wurden zwar nicht ausgesetzt, jedoch finden beide Bestimmungen mangels Aufteilung des Besteuerungsrechts keine Anwendung mehr.

Sonstige ertragsteuerliche Auswirkungen in Österreich

Das österreichische Ertragsteuerrecht knüpft in einigen Punkten an das Vorliegen eines automatischen Informationsaustausches bzw. einer umfassenden Amtshilfe an. Gleichzeitig mit der Bekanntgabe der Suspendierung des DBA mit Russland hat das österreichische BMF auch über den Status dieser beiden Verfahren informiert. In einer Aktualisierung des BMF-Informationsschreibens zum Vorliegen einer umfassenden Amtshilfe (BMF Schreiben vom 06.12.2023, 2023-0.865.584) hat das BMF bekannt gegeben, dass die umfassende Amtshilfe mit Russland weiterhin gegeben ist, der Informationsaustausch hingegen ausgesetzt wurde. Beides gilt auch im Verhältnis zu Belarus.

Aufgrund des fehlenden automatischen Informationsaustausches im Verhältnis zu Russland und Belarus hat auf (Stück-)Zinsen, die von dort ansässigen Personen bezogen werden, ein Abzug der Kapitalertragsteuer (KESt) durch die österreichischen Kreditinstitute zu erfolgen (§ 98 Abs. 1 Z 5 Schlussstrich zweiter Teilstrich EStG). Die Ausnahme vom KESt-Abzug ist folglich nicht mehr anwendbar.

Demgegenüber sind sämtliche Regelungen des österreichischen Steuerrechts, welche eine umfassende Amtshilfe mit dem ausländischen Staat erfordern, auch im Verhältnis zu Russland und Belarus weiterhin vorsehen, unverändert anwendbar. In Russland oder in Belarus ansässige Gesellschaften kommen daher auch künftig als Gruppenmitglied einer steuerlichen Unternehmensgruppe in Frage (§ 9 Abs. 2 TS 2 KStG). Unter Einhaltung der allgemeinen Voraussetzungen sind Ausschüttungen einer russischen oder belarussischen Gesellschaft bei einer empfangenden österreichischen Gesellschaft von der Körperschaftssteuer befreit (§ 10 Abs. 1 Z 6 KStG). Ausländische Betriebsstättenverluste können nach Maßgabe des § 2 Abs. 8 EStG weiterhin in Österreich berücksichtigt werden.

Ausblick

Werden Betriebsstättengewinne österreichischer Unternehmen in Russland besteuert, stellt sich zukünftig die Frage, wie eine Doppelbesteuerung vermieden werden kann. Da das Besteuerungsrechts auf diese Gewinne nicht mehr nach den Bestimmungen des DBAs zugeordnet wird, kann keine Befreiung der Gewinne in Österreich auf Basis des DBAs erfolgen. Eine ähnliche Frage stellt sich auch bei einem Quellensteuereinbehalt auf Zinsen oder Lizenzen.

In diesem Zusammenhang ist zu prüfen, ob eine Doppelbesteuerung im Einzelfall durch innerstaatliche Regelungen in Österreich vermieden werden kann (z. B. nach § 48 BAO).

Auch für Zahlungen nach Russland ergeben sich entsprechende Auswirkungen. Auf diese, sind die im nationalen österreichischen Steuerrecht geregelten Abzugsteuern gem. § 99 EStG einzubehalten. Eine (Teil-)Entlastung auf Basis der DBA-Entlastungsverordnung kommt bei Zahlungen nach Russland künftig mangels anwendbarem DBA für den Zeitraum der Suspendierung nicht mehr in Frage. Unsere Expert:innen unterstützen Sie gerne bei der Prüfung konkreter Möglichkeiten zur Vermeidung einer allfälligen Doppelbesteuerung.