Nachversteuerung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils
Tax News 11-12/2023
Bilanz- und Konzernsteuerrecht
In einem aktuellen Erkenntnis stellte das BFG klar, dass das Zurückbehalten von Wertpapieren, für welche ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen wurde, im Rahmen einer entgeltlichen Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ein Ausscheiden der Wertpapiere aus dem Betriebsvermögen darstellt. Sofern die Behaltefrist von vier Jahren noch nicht abgelaufen ist, führt dies zur Nachversteuerung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags.
Das BFG hat sich in einem aktuellen Erkenntnis (BFG vom 14.09.2023, RV/5100056/2023) mit der Frage beschäftigt, ob es bei der Veräußerung des gesamten Mitunternehmeranteils zu einer Nachversteuerung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags kommt, wenn Wertpapiere, für welche ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen wurde, zurückbehalten werden.
1. Allgemeines zum Gewinnfreibetrag
§ 10 EStG sieht für natürliche Personen einen Gewinnfreibetrag als fiktive Betriebsausgabe vor. Bei Mitunternehmerschaften können nach § 10 Abs. 2 EStG nur die Mitunternehmer:in (Gesellschafter:in) direkt den Gewinnfreibetrag in Anspruch nehmen. Der maximale Gewinnfreibetrag steht den jeweiligen Mitunternehmern anteilig zu. Sofern die Bemessungsgrundlage (der Gewinn) EUR 30.000,00 übersteigt, steht ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag nur zu, wenn er durch Anschaffungskosten begünstigter Wirtschaftsgüter gedeckt ist. Als begünstigte Wirtschaftsgüter kommen etwa bestimmte Wertpapiere in Frage. Wirtschaftsgüter, für welche ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag geltend gemacht wurde, sind vier Jahre im Betriebsvermögen zu halten. Sofern sie vor Ablauf der Frist von vier Jahren aus dem Betriebsvermögen ausscheiden, ist der investitionsbedingte Gewinnfreibetrag im Jahr des Ausscheidens insoweit gewinnerhöhend anzusetzen (Nachversteuerung).
2. BFG vom 14.09.2023, RV/5100056/2023
Dem gegenständlichen BFG Erkenntnis ging vereinfacht folgender Sachverhalt voraus:
Eine natürliche Person war Kommanditist:in einer KG (spätere Beschwerdeführer:in) und hielt den Kommanditanteil im Privatvermögen. In den Jahren 2017 bis 2020 machte der:die Kommanditist:in einen investitionsbedingten Gewinnfreibetrag für begünstigte Wertpapiere geltend, welche er in seinem Sonderbetriebsvermögen hielt. Im Jahr 2021 wurde der Kommanditanteil, unter Zurückbehaltung der Wertpapiere des Sonderbetriebsvermögen, veräußert. Das Finanzamt sah in der Zurückbehaltung der Wertpapiere ein Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen und setzte daher den in den Jahren 2017 bis 2020 geltend gemachten investitionsbedingten Gewinnfreibetrag im Jahr 2021 gewinnerhöhend an, da die Behaltefrist von vier Jahren noch nicht abgelaufen war.
Der:die Beschwerdeführer:in war der Ansicht, dass die zurückbehaltenen Wertpapiere nunmehr im notwendigen nachträglichen Betriebsvermögen des:der (ehemaligen) Kommanditisten:in gehalten wurden und stellte daher einen Vorlageantrag.
Das BFG führte aus, dass es aufgrund gesetzlicher Anordnung bei Ausscheiden der Wertpapiere aus dem (Sonder-)Betriebsvermögen zu einer Nachversteuerung kommt, sofern diese weder in Folge höher Gewalt noch infolge eines behördlichen Eingriffes ausscheiden. Jener Literaturmeinung, dass die zurückbehaltenen Wertpapiere im notwendigen nachträglichen Betriebsvermögen gehalten werden bzw. durch die betrieblich veranlasste Anschaffung der Wertpapiere die Betriebsvermögenseigenschaft aufgrund von § 32 Abs. 1 Z 2 EStG auch nach Betriebsveräußerung aufrecht erhalten bleibt, konnte sich das BFG mangels gesetzlicher Deckung nicht anschließen.
Im Ergebnis wies das BFG daher die Beschwerde als unbegründet ab und teilte die Auffassung des Finanzamtes, dass es durch das Zurückbehalten der Wertpapiere zu einem Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen und somit zu einer Nachversteuerung des geltend gemachten investitionsbedingten Gewinnfreibetrags kam.
Da zur gegenständliche Frage zwar eine einheitliche Rechtsprechung des BFG, jedoch keine des VwGH vorliegt, wurde die Revision zugelassen und auch bereits eingebracht.
3. Ausblick
In der Praxis sollte dementsprechend bei der Übertragung eines Mitunternehmeranteiles darauf geachtet werden, ob in den letzten vier Jahren (taggenaue Betrachtungsweise gem EStR Rz 3736) Wirtschaftsgüter angeschafft wurden, für welche ein investitionsbedingter Gewinnfreibetrag geltend gemacht wurde. Dies gilt nicht nur für eine (entgeltliche) Veräußerung, sondern etwa auch für die Einbringung eines Mitunternehmeranteils nach Art. III UmgrStG. Werden im Rahmen einer Einbringung die begünstigten Wirtschaftsgüter (z. B. Wertpapiere) gemeinsam mit dem Mitunternehmeranteil eingebracht, läuft die Behaltefrist weiter und die Nachversteuerungspflicht geht auf die übernehmende Körperschaft über (UmgrStR Rz 122). Werden die begünstigten Wirtschaftsgüter zurückbehalten, führt dies (analog dem gegenständlichen BFG Erkenntnis) zur Nachversteuerung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags.
Zusätzlich zur Nachversteuerung ist zu beachten, dass durch das Zurückbehalten von Sonderbetriebsvermögen eine Entnahme mit Ansatz des gemeinen Wertes vorliegt, wodurch allfällige stille Reserven zwingend aufgedeckt werden. Dies führt neben der Nachversteuerung des investitionsbedingten Gewinnfreibetrags zu einer zusätzlichen Steuerbelastung für den:die Steuerpflichtige:n.