BFH: Einfuhrumsatzsteuer und Vorsteuerabzug
Tax News 11-12/2023
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Nach dem deutschen Bundesfinanzhof ist der Vorsteuerabzug aus der Einfuhrumsatzsteuer zu versagen, wenn ein Unternehmer in Bezug auf den eingeführten Gegenstand lediglich eine Verzollungs- oder Beförderungsleistung erbracht hat und daher die Einfuhrumsatzsteuer nicht zu den Kosten eines konkreten Ausgangsumsatzes des Unternehmers wird.
1. Sachverhalt
Eine deutsche GmbH (im Folgenden: Klägerin) meldete beim deutschen Hauptzollamt (im Folgenden: HZA) als indirekte Zollvertreterin gemäß Art. 18 UZK für eine in der Türkei ansässige Gesellschaft Waren zur Überlassung zum zoll- und steuerrechtlich freien Verkehr an. Das HZA überließ die Ware antragsgemäß zum freien Warenverkehr und setzte gegenüber der Klägerin (als Gesamtschuldnerin zusammen mit der in der Türkei ansässigen Gesellschaft) Einfuhrumsatzsteuer (im Folgenden: EUSt) fest. Da die Waren nicht bei der in Deutschland ansässigen Empfängerin der Waren (also der Vertragspartnerin der in der Türkei ansässigen Gesellschaft) ankam, verzichtete die Klägerin auf das für die Abgabe der Zollanmeldung mit der in der Türkei ansässigen Gesellschaft vereinbarte Entgelt und auf die verauslagte EUSt.
Die Klägerin machte die EUSt in der Umsatzsteuer-Voranmeldung als Vorsteuer geltend. Das deutsche Finanzamt und das deutsche Finanzgericht versagten den Vorsteuerabzug mit der Begründung, dass die EUSt kein Kostenelement eines Ausgangsumsatzes der Klägerin geworden sei, da die Klägerin auf eine Vergütung ihrer Dienstleistung verzichtet habe.
2. Entscheidung des BFH
Der BFH verweist auf Art. 168 Buchst. e MwStSyst-RL, wonach das Recht auf Vorsteuerabzug aus der EUSt nur insofern besteht, als die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden. Dies setzt nach dem BFH voraus, dass der Steuerpflichtige den Gegenstand selbst und damit dessen Wert für steuerbare Umsätze verwendet werden. Dies führt hinsichtlich des Rechts auf Vorsteuerabzug zu der sachlich gebotenen Gleichstellung eingeführter und im Inland gelieferter Gegenstände.
Nach dem BFH ist der Beschluss des EuGH (vom 08.10.2020, C-621/19) in der Rechtssache Weindel Logistik Service dahingehend zu verstehen, dass auch der Importeur nur dann Vorsteuerabzugsberechtigt aus der EUSt ist, wenn er den eingeführten Gegenstand selbst und damit dessen Wert für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet. Der im Beschluss des EuGH verwendeten Begriff der Einfuhrkosten ("coûts d'importation") bezieht sich auf den Wert des eingeführten Gegenstandes, nicht aber auf die vom EuGH gesondert erwähnte Mehrwertsteuer für die Einfuhr.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH setzt der Vorsteuerabzug aus der EUSt voraus, dass dem Unternehmer die Verfügungsmacht an dem eingeführten Gegenstand zusteht. Der Streitfall gibt dem BFH lediglich Veranlassung dies dahingehend zu präzisieren, dass der Wert des eingeführten Gegenstandes zu den Kostenelementen der unternehmerischen Tätigkeit für den Vorsteuerabzug gehören muss, damit die auf diesen Wert bezogene EUSt zum Vorsteuerabzug berechtigt und durch diesen Abzug eine sich hieraus ergebende Kostenbelastung für den Unternehmer verhindert wird.
3. Ergebnis
Nach dem BFH ist daher zusammengefasst der Vorsteuerabzug aus der EUSt zu verneinen, wenn
- der Unternehmer in Bezug auf den eingeführten Gegenstand lediglich eine Verzollungs- oder Beförderungsdienstleistung erbracht hat und daher die EUSt nicht zu den Kosten eines konkreten Ausgangsumsatz gehört;
- Dabei ist die Stellung als Schuldner der EUSt als Importeuer oder Einführer keine hinreichende Bedingung für das Recht auf Vorsteuerabzug aus der EUSt;
- Die Neutralität der EUSt wird dadurch gewährleistet, dass der (drittländische) Auftraggeber des indirekten Zollvertreters den Vorsteuerabzug aus der Einfuhrumsatzsteuer geltend machen kann.