BFG: Betrieblicher Aufwand aus dem verlustreichen Verkauf eines Wertpapierdepots?
Tax News 11-12/2023
Bilanz- und Konzernsteuerrecht
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hatte zu entscheiden (BFG 14.8.2023, RV/4100601/2019), ob der Veräußerungsverlust von Wertpapieren, die als Tilgungsträger eines betrieblichen Fremdwährungskredits dienten, als betrieblich veranlasst und damit gewinnmindernd sein konnten. Der:Die Beschwerdeführer:in war ein:e Unternehmer:in, der:die seine:ihre betrieblichen Einkünfte mittels Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (EAR) ermittelte. Im Rahmen einer EAR ist nur „notwendiges“ Betriebsvermögen möglich. Dem Betrieb zuordenbare Wirtschaftsgüter bedingen der „betrieblichen Veranlassung“, um die vorteilhafteren Regelungen i. Z. m. bestimmten Kapitaleinkünften i. R. d. betrieblichen Einkünfteermittlung anwenden zu können. Gegenständlich bejahte das BFG die betriebliche Veranlassung. Die Revision beim VwGH wurde zugelassen und auch eingebracht.
Das Bundesfinanzgericht (BFG) hatte zu entscheiden (BFG 14.08.2023, RV/4100601/2019), ob der Verlust aus dem Verkauf von Wertpapieren, die als Tilgungsträger eines betrieblichen Fremdwährungskredits dienten, als betrieblich veranlasst und damit gewinnmindernd sein konnten. Der:Die Beschwerdeführer:in war ein:e Unternehmer:in, der:die seine:ihre betrieblichen Einkünfte mittels Einnahmen-Ausgaben-Rechnung (EAR) ermittelte. Im Rahmen einer EAR ist nur „notwendiges“ Betriebsvermögen möglich und dem Betrieb zuordenbare Wirtschaftsgüter bedingen der „betrieblichen Veranlassung“, um die vorteilhafteren Regelungen i. Z. m. bestimmten Kapitaleinkünften im Rahmen der betrieblichen Einkünfteermittlung in Anspruch nehmen zu können. Nach der Rechtsprechung (Rsp) des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) liegt eine Zugehörigkeit zum Betriebsvermögen nicht schon allein deshalb vor, weil Wertpapiere mit betrieblichen Mitteln angeschafft wurden (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/13/0063). Auch der Umstand, dass ein Wirtschaftsgut zur Besicherung eines betrieblichen Kredits dient, lässt dieses Wirtschaftsgut noch nicht zwingend zum Betriebsvermögen werden (VwGH 16.09.1992, 90/13/0299). Demnach sind Wirtschaftsgüter dann als notwendiges Betriebsvermögen anzusehen, wenn sie ihrem Wesen nach einem Betrieb objektiv zu dienen bestimmt sind und tatsächlich betrieblich genutzt werden (vgl. VwGH 27.01.1998, 93/14/0166). Gegenständlich bejahte das BFG die betriebliche Veranlassung und die Veräußerungsverluste der gegenständlichen Wertpapiere sind nach Ansicht des BFG i. S. d. § 4 Abs. 4 EStG voll aufwandswirksam. Die Revision beim VwGH wurde zugelassen und auch eingebracht.
1. Sachverhalt
Der:Die Beschwerdeführer:in (Bf) nahm im Jahr 1998 einen endfälligen Fremdwährungskredit auf, um damit den Saldo eines bestehenden betrieblichen Kontokorrentkredits abzusenken. Mit dem Kreditinstitut sei zusätzlich (1998) vereinbart worden, dass anstelle regelmäßiger Tilgungen für den Kredit Wertpapiere regelmäßig anzuschaffen seien. Der:Die Bf habe die verpfändeten Wertpapiere in sein:ihr Anlagenverzeichnis als Finanzanlagen aufgenommen. Das zu diesem Zweck gleichzeitig eröffnete Wertpapierdepotkonto sei gleichzeitig an das Kreditinstitut verpfändet worden. Im Jahr 2006 erfolgte – ebenfalls zur Saldosenkung des betrieblichen Kontokorrentkredits – eine Kreditaufstockung. Weiters wurden die bislang angeschafften Wertpapiere auf „ausdrücklichen Wunsch“/“auf das Anraten der Bank“ veräußert und durch andere Wertpapiere ersetzt. Hierdurch kam es zu erheblichen Wertverlusten, was den:der Bf im Jahre 2011 zu einer Klage gegen das Kreditinstitut veranlasste und im Jahr 2012 zu einer Vergleichszahlung durch das Kreditinstitut führte.
2012 sei der betriebliche Fremdwährungskredit getilgt worden. Die als Besicherung für diesen Fremdwährungskredit vorhandenen Wertpapiere seien veräußert und zur Tilgung des Fremdwährungskredits verwendet worden. Aus der Veräußerung der Wertpiere im Kalenderjahr 2012 habe ein Verlust resultiert, die der:die Bf gewinnmindernd ansetzte.
Aufgrund der Feststellungen einer im Jahr 2015 durchgeführten Außenprüfung wurde jedoch nur die Hälfte der Verluste als ausgleichsfähig angesehen, was den:der Bf zur Beschwerdeerhebung veranlasste. Das Finanzamt (FA) versagte anschließend mittels – verschlechternder – Beschwerdevorentscheidung die Ausgleichsfähigkeit der Verluste zur Gänze. Nach Ansicht des FA liege eine Zuordnung der Wertpapiere zum Betriebsvermögen nicht vor; darüber hinaus kann ein Einnahmen-Ausgaben-Rechner gem. § 4 Abs. 3 EStG nur über „notwendiges“ und nicht über „gewillkürtes“ Betriebsvermögen verfügen (Anm: „gewillkürte“ Wirtschaftsgüter können sowohl betrieblich als auch privat genutzt werden). Es könne kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Wertpapieren und der Kreditaufnahme nachgewiesen werden, daher liege nach Ansicht des FA keine Zuordnung der Wertpapiere zum Betriebsvermögen vor.
2. Rechtslage
§ 4 Abs. 3 EStG normiert, dass der Überschuss der Betriebseinnahmen über die Betriebsausgaben dann als Gewinn angesetzt werden darf, wenn keine gesetzliche Verpflichtung zur Buchführung besteht und Bücher auch nicht freiwillig geführt werden. Bei Wirtschaftsgütern des (notwendigen) Betriebsvermögens muss einerseits ein sachlicher Zusammenhang zum Betrieb („Veranlassungszusammenhang“) sowie andererseits ein persönlicher Zusammenhang (wirtschaftliches Eigentum des Betriebsinhabers) bestehen (Marschner in Jakom EStG, 16. Aufl. (2023), § 4, IV. Betriebsvermögen [Rz 72]).
Gem. § 4 Abs. 4 EStG sind Betriebsausgaben die Aufwendungen oder Ausgaben, die durch den Betrieb veranlasst sind.
§ 6 Abs. 1 lit. c EStG regelt, dass Abschreibungen auf den niedrigeren Teilwert und Verluste aus der Veräußerung, Einlösung und sonstigen Abschichtung von Wirtschaftsgütern, Derivaten und Kryptowährungen (i. S. d. § 27 Abs. 3 bis 4a EStG), vorrangig mit positiven Einkünften aus realisierten Wertsteigerungen von solchen Wirtschaftsgütern, Derivaten und Kryptowährungen sowie mit Zuschreibungen derartiger Wirtschaftsgüter desselben Betriebes zu verrechnen sind. Dies gilt dann, wenn auf die Erträge der im vorigen Satz genannten Wirtschaftsgüter ein besonderer Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 Z 2 EStG (= 27,5 %) anwendbar ist. Ein verbleibender negativer Überhang darf nur zu 55 % (bis inkl. 31.12.2015 50 %) ausgeglichen werden. Die Verlustausgleichsbeschränkung gem. § 27 Abs. 8 EStG kommt im betrieblichen Bereich nicht zur Anwendung.
3. Entscheidung des BFG
Nach der Rechtsprechung des VwGH macht zwar der Umstand allein, dass ein Vermögen der Besicherung eines betrieblichen Kredites dient, dieses Vermögen noch nicht jedenfalls zu Betriebsvermögen (VwGH 16.09.1992, 90/13/0299, Pkt 3.2. der Erwägungen des VwGH). Andererseits deutet der VwGH an, dass möglicherweise Wertpapiere, die der Besicherung betrieblicher Schulden dienen, Betriebsvermögen sein können (vgl. VwGH 27.01.1998, 93/14/0166). Ob dies in einem Fall wie dem gegenständlichen Fall – hier hatten die Wertpapiere nie eine andere Funktion als die Funktion der Besicherung und Finanzierung der Rückzahlung eines betrieblich veranlassten Kredites – dazu führt, dass die strittigen Wertpapiere als Betriebsvermögen anzusehen sind, ist eine erhebliche Rechtsfrage i. S. d. Art. 133 Abs. 4 B-VG, die bisher in einem vergleichbaren Fall noch nicht durch den VwGH entschieden worden ist. Daher ist eine ordentliche Revision zulässig und wurde eingebracht (Amtsrevision).
Durch die Kürzung der Verluste werden diese zu „normalen“ betrieblichen Verlusten umqualifiziert, weshalb die Verlustausgleichsbeschränkung nach § 27 Abs. 8 EStG nicht anwendbar ist (vgl. EStR 2000 Rz 798). Dies entspricht auch dem Ergebnis der im gegenständlichen Fall vorgenommenen Außenprüfung. Zwar unterliegen die Kursverluste aus einer Fremdwährungsschuld nicht der Beschränkungen des § 6 Z 2 lit c EStG (vgl. VwGH 18.12.2017, Ro 2016/15/0026), jedoch gilt dies wohl nicht auch für Verluste aus der Veräußerung der diese Fremdwährungsschuld besichernden Wertpapiere. Es bleibt daher mit Spannung zu erwarten, wie der VwGH über die eingebrachte Amtsrevision entscheiden wird (vgl. Hubmann, in LexisNexis, Rechtsnews 34705 vom 06.11.2023).