Stellen vergünstigte Fahrberechtigungen umsatzsteuerlich einen Eigenverbrauch dar und steht der Vorsteuerabzug aus der Kantine für Mitarbeiter zu?

Tax News 10/2023

Umsatzsteuer

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Der VwGH hat sich in seinem Erkenntnis vom 19. April 2023, Ra 2022/13/0085, mit der Frage auseinandergesetzt, ob Eigenverbrauch vorliegt, wenn Mitarbeiter eines Linienverkehrsunternehmens Fahrberechtigungen für Fahrten in der Freizeit verbilligt erhalten/erwerben und ob das Recht auf Vorsteuerabzug hinsichtlich das von einem Drittunternehmen verrechneten Betriebsführungsentgelts zusteht, wenn der Drittunternehmer eine Kantine betreibt, in der den Mitarbeitern vergünstigtes Essen angeboten wird.

1. Zu den Sachverhalten

Im Revisionsverfahren war einerseits strittig, ob im Hinblick auf die Einräumung von Fahrberechtigungen an Mitarbeiter ein Eigenverbrauch des Linienverkehrsunternehmen (Revisionswerberin) verwirklicht wird, insofern sich die Fahrten auch auf Freizeit erstrecken. Nach dem Bundesfinanzgericht (kurz BFG) liegt kein Leistungsaustauschverhältnis vor und es fehle an einem überwiegenden betrieblichen Interesse an der Einräumung von Fahrberechtigungen, sodass nach dem BFG ein Eigenverbrauch vorliegt.

Zudem betreibt ein Unternehmen im Direktionsgebäude der Revisionswerberin auf Basis eines Betriebsführungsvertrages ein Selbstbedienungsrestaurant samt Buffet im eigenen Namen, aber auf Rechnung der Revisionswerberin. In diesem Restaurant können die Bediensteten der Revisionswerberin stark vergünstigt speisen. Das finanzielle Risiko des Restaurantbetriebes wird von der Revisionswerberin getragen. Das BFG führt zusammengefasst aus, dass in den Fällen, in denen der Arbeitgeber zwar die Kosten trage, die Arbeitnehmer aber direkt beim dritten Unternehmen die Verköstigung beziehen, Entgelt von Dritter Seite vorliegt und somit die Revisionswerberin nicht zum VSt-Abzug berechtigt ist.

2. Vergünstigte Fahrberechtigungen

Zu den Fahrberechtigungen führt der VwGH eingangs die allgemeine Rechtsprechung an, wonach ein Umsatz gegen Entgelt voraussetzt, dass ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Mit Verweis auf das EuGH-Urteil vom 20.01.2021, QM, C-288/19, kann sich nach dem VwGH dieser unmittelbare Zusammenhang auch durch einen Teil der Barvergütung ergeben. Ein Eigenverbrauch i.S.d. § 3a Abs. 1a UStG liegt hingegen vor, wenn eine Leistung an den Arbeitnehmer primär zur Deckung des privaten Bedarfs des Arbeitnehmers dient. Der VwGH führt sodann das EuGH-Urteil vom 16.10.1997, Fillibeck, C-258/95 an, wonach es Sache des Arbeitnehmers ist, wie er die Wegstrecke zum Arbeitsplatz zurückzulegt. Nur unter besonderen Umständen könne das Erfordernis bestehen, dass der Arbeitgeber die Beförderung zum Arbeitsplatz sicherstellen muss.

Nach dem VwGH liegt im gegenständlichen Fall keine Notwendigkeit einer uneingeschränkten Fahrtberechtigung vor. Da der persönliche Vorteil durch die private Nutzung nicht nebensächlich ist, und auch auf keine gesteigerte Motivation und daher bessere Leistung der Mitarbeiter (und daher Umsatzerhöhung) geschlossen werden kann, liegt nach dem VwGH Eigenverbrauch vor.

Da lt. Sachverhaltsfeststellung bis März 2009 als tatsächliche Gegenleistung von den Arbeitnehmern pauschal EUR 12,50 für die Privatnutzung gezahlt wurde kommt der VwGH zu dem Ergebnis, dass bis März 2009 ein Leistungsaustausch vorliegt.

3. Verköstigung von Dienstnehmer durch Kantine

Hinsichtlich des Vorsteuerabzuges aus den Leistungen des Selbstbedienungsrestaurants sei es nach der Revisionswerberin Voraussetzung für den Vorsteuerabzug, dass die Leistung für das Unternehmen des Leistungsempfänger ausgeführt werden. Würden Leistungen, die dem Bedarf des Personals dienen nicht unternehmerischen Zwecke dienen, wären solche Leistungen bereits unter § 3a Abs. 1a Z 2 UStG der Besteuerung zu unterwerfen. Daraus sei abzuleiten, dass Leistungen für den Bedarf des Personals unternehmerischen Zwecken dienen. Der VwGH entgegnete dem Argument mit dem Zweck des § 3a Abs. 1a Z 2 UStG, wonach der Eigenverbrauch den sonstigen Leistungen gegen Entgelt gleichgestellt werden soll. Der von der Revisionswerberin vorgebrachte systematische Zusammenhang ist daraus nicht erkennbar.

Bezugnehmend auf die ständige Rechtsprechung des EuGH führt der VwGH aus, dass ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem Ausgangsumsatz bestehen muss, um den VSt-Abzug geltend machen zu können. Die Ausgaben müssen zu Kostenelementen der besteuerten Ausgangsumsätze oder zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören.

Das auch Dritte von den Leistungen profitieren rechtfertigt es an sich nicht, das VSt-Abzugsrecht zu versagen. Der dem Dritten entstehende Vorteil darf im Vergleich zum Bedarf des Steuerpflichtigen jedoch nur nebensächlich sein. In seiner Begründung erkennt der VwGH, dass im vorliegenden Fall keine besonderen Umstände vorliegen, die es gebieten, dass der Arbeitgeber selbst die Bewirtung sicherstelle. Da die Aufwände nicht für den Betrieb des Revisionswerbers, also für die Erbringung der steuerlichen Tätigkeit erforderlich sind, steht kein Vorsteuerabzug zu.

4. Zusammenfassung

Erwerben Mitarbeiter Leistungen des Unternehmens für private Zwecke vergünstigt, liegt keine unentgeltliche Erbringung einer sonstigen Leistung für den Bedarf des Personals vor. Der vergünstigte Preis bildet vielmehr die Bemessungsgrundlage für die Umsatzsteuer. Ein zusätzlicher Eigenverbrauch i.S.d. § 3a Abs. 1a UStG 1994 ist somit nicht anzunehmen. Da die Normalwertregelung des § 4 Abs. 9 UStG erst für Umsätze anwendbar, die nach dem 31.12.2012 ausgeführt werden, war diese Regelung im Streitzeitraum 2005 bis 2009 noch nicht anwendbar. Sofern die Fahrberechtigungen für private Zwecke jedoch unentgeltlich eingeräumt werden, liegt Eigenverbrauch i.S.d. § 3a Abs. 1a Z 2 UStG 1994 vor.

In Hinblick auf eine von einem Drittunternehmer betriebene Kantine, in der den Mitarbeitern vergünstigtes Essen angeboten wird, steht dem Arbeitgeber für das (dem Drittunternehmer gegenüber geleistete) Betriebsführungsentgelt kein Vorsteuerabzug zu, da zwischen dem Kantinenbetreiber und dem Arbeitgeber kein Leistungsverhältnis besteht. Die Leistung ist für den Betrieb des Linienverkehrsunternehmens nicht erforderlich und der Vorteil der Arbeitnehmer ist nicht als nur nebensächlich zu beurteilen.