Neues zur Homeoffice-Betriebsstätte - zwei Tage Homeoffice und drei Tage beim Dienstgeber begründen keine Betriebsstätte
Tax News 10/2023
Internationales Steuerrecht
In EAS 3445 hat sich das österreichische Finanzministerium erneut mit der Thematik der Homeoffice-Betriebsstätten beschäftigt und einen Fall beurteilt, bei dem eine im Rechnungswesen beschäftigte Mitarbeiterin einer geschäftsleitenden Holding zwei Tage pro Woche im Homeoffice tätig ist und drei Tage in den Büroräumlichkeiten des Dienstgebers. Das BMF erblickt in diesem Sachverhalt keine Homeoffice-Betriebsstätte, stellt jedoch in den Raum, dass die Beurteilung bei Führungspersonal allenfalls anders ausfallen könnte.
1. Ausgangssachverhalt:
Beurteilt wird der Fall einer in Österreich ansässigen Mitarbeiterin einer in Deutschland ansässigen AG, die als geschäftsleitende Holding fungiert. Die Mitarbeiterin ist im Rechnungswesen beschäftigt und übt diese Tätigkeit dauerhaft an zwei Tagen pro Woche im österreichischen Homeoffice und an drei Tagen in den Räumlichkeiten des Dienstgebers in Deutschland aus. Zu klären war die Frage, ob die Tätigkeit der Mitarbeiterin im Homeoffice eine Betriebsstätte für die deutsche AG in Österreich begründet.
2. Rechtsansicht des BMF:
Eingangs hält das BMF unter Verweis auf die Aussage in Rz 262 der österreichischen Verrechnungspreisrichtlinien (in der Folge kurz „öVPR“) fest, dass bei einem Ausmaß von zwei Tagen pro Woche nicht von einer „bloß gelegentlichen Nutzung“ ausgegangen werden könne. Eine solche nimmt das BMF gem. Rz. 262 öVPR nur bei einem Ausmaß von weniger als 25 % als gesichert an.
Das Vorliegen einer vorbereitenden oder Hilfstätigkeit i. S. d. Art. 4 Abs. 5 DBA Österreich-Deutschland wird verneint, da das Erbringen von Zentraldienstleistungen, zu denen auch Leistungen im Bereich Rechnungswesen zählen, im Falle einer geschäftsleitenden Holding ohne operativen Betrieb nach Ansicht des BMF keine solche Leistung darstellt.
In weiterer Folge wird dann erneut in die in der Verwaltungspraxis unterstellte faktische Verfügungsmacht, welche nach Ansicht des BMF durch nicht bloß gelegentliche Nutzung im Homeoffice begründet werden kann, bemüht (siehe dazu bereits ausführlich Tax News vom 17. Oktober 2019). Wenngleich zwei Tage pro Woche zunächst als „nicht bloß gelegentlich“ gewertet wurden, kommt das BMF dann allerdings erfreulicherweise unter Verweis auf OECD-MK Art. 5 Rz. 18 f zum Schluss, dass im konkreten Fall keine Homeoffice-Betriebsstätte begründet wird. Nach Ansicht des BMF wird bei „einer Tätigkeit von drei Tagen pro Woche an einem ständig zur Verfügung stehenden eigenen Arbeitsplatz beim Arbeitgeber [wird] davon auszugehen sein, dass der Arbeitgeber das Arbeiten im Homeoffice nicht verlangt und daher keine faktische Verfügungsmacht über das Homeoffice vorliegt.“ (eigene Hervorhebung)
Abschließend hält das BMF in seiner EAS-Auskunft fest, dass bislang ungeklärt ist „ob das Kriterium des ‚Nicht-Verlangens‘ bei Führungspersonal oder leitenden Angestellten (wie etwa bei einer Finanzvorständin) gleichermaßen gegen die Begründung einer Betriebsstätte spricht.“ Dass die Nutzung des Homeoffice auf Wunsch des Mitarbeiters erfolge, sei bei Führungskräften nicht maßgeblich.
3. Schlussfolgerungen für die Praxis:
Zunächst einmal ist zu begrüßen, dass das BMF mit EAS 3445 nunmehr auch eine klare Aussage trifft, welche über die bisherigen Aussagen hinaus geht. In den öVPR (Rz 262) und früheren EAS-Auskünften wurde nur bei einer Tätigkeit unter 25 % von einer bloß gelegentlichen Nutzung und damit keiner Homeoffice-Begründung ausgegangen. Der nunmehrige Wert von zwei Tagen pro Wochen im Homeoffice und drei Tagen in den Räumlichkeiten des Dienstgebers, dürfte wohl für viel Fälle Rechtssicherheit bringen. Ob damit nun 40 % als maßgebliche Schwelle gelten, oder etwa auch der umgekehrte Fall (dh drei Tage Homeoffice und zwei Tage in den Räumlichkeiten des Dienstgebers) vom BMF akzeptiert wird bleibt abzuwarten. Die vom BMF angeführten Stellen im OECD MK zu Art. 5 würden dem jedenfalls nicht entgegen stehen. Der entscheidende Punkt aus Sicht der OECD ist nicht das Ausmaß der Aufteilung, sondern die Frage, ob der Dienstgeber tatsächlich Büroräumlichkeiten zur Verfügung stellt und die Nutzung des Homeoffice damit aus der persönlichen Präferenz der Beschäftigten erfolgt und nicht auf Verlangen des Dienstnehmers.
Der Sichtweise, dass dies bei Führungspersonal allenfalls anders zu beurteilen sei und der Wunsch des Dienstnehmers hier nicht in dem Maße maßgeblich sei, kann nicht zugestimmt werden. Natürlich wird sich ein Mitglied der Geschäftsführung nicht selbst anordnen im Homeoffice zu arbeiten bzw. wäre schwer zu klären in welcher Rolle diese Person die Entscheidung zum Homeoffice trifft (d. h. als Mitarbeiter oder quasi als eigener Dienstgeber). Letztlich werden aber auch hier die faktischen Gegebenheiten den Ausschlag geben. Wenn Büroräumlichkeiten für die Geschäftsführung oder eine andere Führungskraft zur Verfügung stehen, wird man wohl auch bei Führungskräften davon ausgehen können, dass die Nutzung des Homeoffice trotz Vorhandensein von Büroräumlichkeiten durch die persönliche Präferenz des Dienstnehmers und nicht durch eine Anordnung des Dienstgebers bedingt ist.
Wenngleich sich der Nebel nun langsam etwas lichtet, bleiben zum Thema Homeoffice-Betriebsstätten weiterhin viele Fragen offen und mangels klarer internationaler Regelungen ist nach wie vor jeder Fall gesondert zu beurteilen. Die Expert:innen der KPMG unterstützen Sie gerne dabei.