BFG zum Kriterium der wirtschaftlichen Änderung beim Mantelkauftatbestand
Tax News 10/2023
Bilanz- und Konzernsteuerrecht
Das BFG (03.08.2023, RV/5101166/2018) verneinte eine Änderung der wirtschaftlichen Struktur iZm dem Mantelkauftatbestand trotz erfolgter Änderung der Geschäftstätigkeit, welche jedoch weiterhin im Immobilienbereich lag, und der wesentlichen Erweiterung des Betriebsvermögens. Begründet wurde dies insbesondere mit dem fehlenden planmäßigen Vorgehen aufgrund der Ausnützung einer einmaligen wirtschaftlichen Marktgelegenheit.
Der Verlustabzug steht gem. § 8 Abs. 4 Z 2 lit c KStG ab jenem Zeitpunkt nicht mehr zu, ab dem die Identität des Steuerpflichtigen infolge einer wesentlichen Änderung der organisatorischen und wirtschaftlichen Struktur im Zusammenhang mit einer wesentlichen Änderung der Gesellschafterstruktur auf entgeltlicher Grundlage nach dem Gesamtbild der Verhältnisse wirtschaftlich nicht mehr gegeben ist (sog. Mantelkauftatbestand).
Für das Vorliegen einer wesentlichen Änderung der organisatorischen Struktur muss die Geschäftsführung der Körperschaft nach der hL und Verwaltungspraxis zu mindestens 75 % geändert werden. Maßgeblich ist hier nach Ansicht des VwGH das tatsächliche Wirken des Geschäftsführers im Rahmen einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise. Eine wesentliche Änderung der Gesellschafterstruktur liegt vor, wenn 75 % der Gesellschaftsanteile auf entgeltlicher Basis veräußert werden. Eine wesentliche Änderung der wirtschaftlichen Struktur liegt dann vor, wenn sich entweder die Tätigkeit der Gesellschaft oder das Betriebsvermögen wesentlich ändert. Hier gibt es eine quantitative (Reduzierung bzw. Erweiterung um das Dreifache nach Ansicht der Finanzverwaltung) und eine qualitative Komponente (Änderung des Unternehmensgegenstandes).
1. BFG vom 03.08.2023, RV/5101166/2018
Im gegenständlichen Fall trat Person B im Zuge des teilweisen Verkaufs der Anteile im Jahr 2012 als Geschäftsführer hinzu und Person A wurde bloß formal als Geschäftsführer beibehalten. Das BFG sah hier eine organisatorische Änderung da er das tatsächliche, weitere Wirken von Person A verneinte hier ua organisatorische (fehlen einer E-Mail-Adresse bzw. eines Büros) sowie persönliche (berufliche und gesundheitliche) Einschränkungen anführte.
Hinsichtlich der Änderung der wirtschaftlichen Struktur verlagerte sich der Schwerpunkt von „Ankauf, Entwicklung und Verkauf von Immobilien“ hin zur „Vermittlung von Beteiligungen an Immobilienprojekten“. Das BFG sah hier keine Änderung der Branche. In Bezug auf eine wesentliche Veränderung des Betriebsvermögens hielt das BFG weiters fest, dass die Erwirtschaftung von Umsätzen und Gewinnen und der damit verbundene Aufbau eines Betriebsvermögens keine solche Veränderung darstellt. Durch den Einstieg in die Beteiligungsvermittlung wurde vielmehr eine einmalige wirtschaftliche Gelegenheit genutzt, die zum Zeitpunkt des Anteilsverkaufs nicht vorhersehbar bzw. geplant war. Mangels planmäßigen Zusammenhangs war es nach Ansicht des BFG auch nicht schädlich, dass die Gesellschaft im Zeitpunkt der Anteilsabtretung über kein Vermögen, keine Umsätze und keine Angestellten verfügte und erst in Folgejahren Umsätze und Gewinne erwirtschaftet und Vermögen aufbaute.
Angemerkt sei, dass im gegenständlichen Fall lediglich 55 % des stimmberechtigten Kapitals veräußert wurden und insofern schon das 1. Kriterium kaum erfüllt wurde.
2. Conclusio
Das Tatbestandsmerkmal der wesentlichen Änderung der wirtschaftlichen Struktur bereitet in der Praxis, aufgrund der mangelnden Bestimmtheit, die meisten Schwierigkeiten. Die Beurteilung erfolgt bisher fallspezifisch bzw. branchentypisch und nach der Verkehrsauffassung und kann nicht verallgemeinert werden.
Die Ansicht des BFG in gegenständlichem Fall ist insofern bemerkenswert, da hier wohl sowohl eine gewisse Änderung des Unternehmensgegenstandes als auch vor allem eine wesentliche Erweiterung des Betriebsvermögens argumentierbar wären, zumindest entsprechend der Ansicht der Finanzverwaltung. Von Bedeutung dürfte jedoch der fehlende, planmäßige Zusammenhang sein.
Da in gegenständlichem Fall Amtsrevision eingebracht wurde, bleibt die weitere Rechtsentwicklung jedenfalls abzuwarten.