Finanzstrafvergehen: Entscheidende Nebenschauplätze in der Praxis

Tax News 07-09/2023

Finanzstrafrecht

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1. „Klassische“ Sanktionen

  • Vorsätzliche Abgabenhinterziehung: Geldstrafe bis zum Zweifachen des maßgeblichen Verkürzungsbetrages / Freiheitsstrafe bis zu vier Jahren.
  • Grob fahrlässige Abgabenverkürzung: Geldstrafe bis zum Einfachen des maßgeblichen Verkürzungsbetrages.
  • Abgabenbetrug: Freiheitstrafe bis zu 10 Jahren, Geldstrafe bis zu EUR 2,5 Mio., Verbandsgeldbuße bis zu EUR 8 Mio.
  • Finanzordnungswidrigkeiten iZm Selbstberechnungsabgaben, insb. USt-Vorauszahlungen: Geldstrafe bis zur Hälfte des maßgeblichen Verkürzungsbetrages.
  • Unterlassene Schenkungsmeldung: Geldstrafe bis zu 10 Prozent des mitzuteilenden Betrages.
  • Verletzung diverser Meldeverpflichtungen gem. §§ 49b bis 49d FinStrG: Geldstrafe bis zu EUR 50.000 Euro bei Vorsatz oder bis zu EUR 25.000 bei grober Fahrlässigkeit.

Im Gegensatz zu diesen exemplarisch dargestellten unmittelbaren Folgen einer Verurteilung sind mittelbare Konsequenzen („Nebenschauplätze“) i.d.R. nicht auf den ersten Blick ersichtlich. Da diese schwerwiegend sein können, sollte sich jede:r Steuerpflichtige bewusst sein, dass sich eine Verurteilung auch in der Zukunft auf die verschiedensten privaten und beruflichen Bereiche auswirken kann.

2. Eintragung ins (Finanzstraf-) Register

Das verwaltungsbehördliche Finanzstrafregister wird vom Amt für Betrugsbekämpfung für das gesamte Bundesgebiet automationsunterstützt geführt. Dieses enthält u.a. die persönlichen Daten des:der Beschuldigten, des belangten Verbandes und Daten des Finanzvergehens. Gerichtliche Verurteilungen über Finanzvergehen sind zur Evidenthaltung für zukünftige Strafverfahren in das bundesweite Strafregister aufzunehmen.

Die Auskunftserteilung erfolgt für finanzstrafrechtliche Zwecke an alle Finanzstrafbehörden, Strafgerichte, die Staatsanwaltschaft, das Bundesfinanzgericht und das BMF. Darüber hinaus werden Auskünfte an inländische Stellen erteilt, denen gegenüber eine gesetzliche Verpflichtung besteht (z.B. KWT nach dem WTBG) oder welche Gesetze vollziehen, die an die Bestrafung wegen eines Finanzvergehens Rechtsfolgen knüpfen (z.B. an die Gewerbebehörde hinsichtlich der GewO).

3. Entzug von Berechtigungen

Gemäß § 27 FinStrG kann (Ermessensbestimmung) im Fall der Verhängung einer Freiheitsstrafe durch das Gericht dem:der Bestraften eine Berechtigung zur Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit von der zuständigen Behörde entzogen werden, wenn die Berechtigung zur Begehung der Tat missbraucht worden ist. § 27 FinStrG begründet keinen Verlust von Berechtigungen ex lege: Die zuständige Behörde hat das Vorliegen der Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Zurücknahme einer Berechtigung zu prüfen.

Zusätzlich zu § 27 FinStrG finden sich auch in anderen Bundesgesetzen Bestimmungen für den Widerruf einer Berechtigung:

  • § 13 GewO zum Ausschluss natürlicher Personen von der Ausübung eines Gewerbes.
  • § 9 WTBG zur mangelnden besonderen Vertrauenswürdigkeit bei Steuerberater:innen und damit dem Ausschluss von der Bestellung.
  • § 5 RAO keine Eintragung als Rechtanwalt/Rechtsanwältin 

4. Wohlverhaltensgesetz

Nach dem Wohlverhaltensgesetz werden Unternehmen, die sich „steuerlich nicht wohlverhalten haben“, von der Gewährung von Förderungen aufgrund der COVID-19-Pandemie ausgeschlossen. Das Gesetz ist mit 01.01.2021 in Kraft getreten und auf Förderungen anzuwenden, deren Rechtsgrundlage erstmals nach dem 31.12.2020 in Kraft getreten ist.

Die Rechtsfolge für Unternehmen, die sich steuerlich nicht wohlverhalten haben, ist der Ausschluss von der Gewährung von Förderungen. Bereits zuerkannte Förderungen sind verzinst (4,5 Prozent über dem Basiszinssatz) zurückzuzahlen!

In der Praxis erscheint es problematisch, dass faktisch nicht nur jene Person belastet wird, die das Unrecht begangen hat: Wenn Geschäftsführer:innen aufgrund eines zugunsten ihres Verbandes begangenen Finanzvergehens mit einer Finanzstrafe belegt werden, wird ihr finanzstrafrechtlich relevantes Verhalten aufgrund des Verbandsverantwortlichkeitsgesetzes dem Verband zugerechnet und dieser finanzstrafrechtlich verurteilt. Damit wird der Verband durch das steuerliche "Unwohlverhalten" nur einer Person der Geschäftsführung von der Fördervergabe ausgeschlossen.

5. Ausschluss von Vergabeverfahren

Im Wege des Vergabeverfahrens soll ein:e geeignete:r, zuverlässige:r und leistungsfähige:r Bieter:in mit der Erbringung der benötigten Leistung betraut werden. Bestimmte Gründe berechtigen den öffentlichen Auftraggeber, eine:n Bieter:in von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen.

Die Bestrafung wegen eines von der Finanzstrafbehörde zu ahndenden Finanzvergehens erfüllt grundsätzlich den Ausschlusstatbestand: Der öffentliche Auftraggeber hat eine:n Unternehmer:in jederzeit von der Teilnahme am Vergabeverfahren auszuschließen, wenn der:die Unternehmer:in die Verpflichtungen zur Entrichtung der Sozialversicherungsbeiträge oder der Steuern und Abgaben in Österreich oder nach den Vorschriften des Landes, in dem er:sie seinen:ihren Sitz hat, nicht erfüllt hat und dies nachgewiesen wurde.

Die Unbescholtenheit im Bereich Steuern und Abgaben kann mithilfe eines Auszugs aus dem Finanzstrafregister nachgewiesen werden.

Ergebnis: Weitreichende Konsequenzen einer finanzstrafrechtlichen Verurteilung

Eine rechtskräftige finanzstrafrechtliche Verurteilung hat neben empfindlichen Geldstrafen, und in besonders schweren Fällen Freiheitstrafen, weitreichende Konsequenzen für die Steuerpflichtigen. Diese reichen vom Entzug von Berechtigungen bis zum Ausschluss von Förderungen. Eine kurzfristige „Steuerersparnis“ steht damit in keinem Verhältnis zu den langfristig damit verbundenen Konsequenzen