Finanzstrafrecht: Jüngste gesetzliche Änderungen

Tax News 07-09/2023

Finanzstrafrecht

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1. Verjährungsfrist, Verlängerung

Das AbgÄG 2023 verlängert die finanzstrafrechtliche Verjährungsfrist für den Abgabenbetrug (§ 39 FinStrG) mit einem EUR 500.000 übersteigenden strafbestimmenden Wertbetrag und für den grenzüberschreitenden Umsatzsteuerbetrug (§ 40 FinStrG) von fünf auf zehn Jahre. Die Gesetzesmaterialien begründen dies insb. mit einer Angleichung an die Verjährung der Betrugsstrafbarkeit im Strafgesetzbuch.

Die restlichen Verjährungsfristen blieben unangetastet: Diese betragen wie bisher je nach Schwere des Finanzvergehens ein, drei oder fünf Jahre.

Bezugspunkt der Verjährung sind finanzstrafrechtliche Taten als historisches Geschehen. Die Verjährung ist nach der Rechtslage im Entscheidungszeitpunkt zu beurteilen (OGH 25.01.2011, 14 Os 129/10t). Daher ist die 10-jährige Frist auch auf vor dem Inkrafttreten begangene Taten, deren Strafbarkeit zum Inkrafttreten nicht bereits erloschen ist, anzuwenden. Das bedeutet in der Praxis: Ist die alte 5-jährige Verjährungsfrist bei Inkrafttreten des AbgÄG 2023 (22.07.2023) noch nicht abgelaufen, kommt die neue 10-jährige Frist zur Anwendung. Schranke ist das Rückwirkungsverbot: Am 22.07.2023 bereits verjährte Delikte können nicht wieder aufleben.

2. Zuständigkeit

Zuständig zur Ahndung von Finanzvergehen sind entweder das Amt für Betrugsbekämpfung, das Zollamt Österreich als Verwaltungsbehörde oder die ordentlichen Gerichte. Die tatsächliche Zuständigkeit richtet sich grundsätzlich nach der Höhe der Abgabenverkürzung. Nach dem AbgÄG 2023 ist das Amt für Betrugsbekämpfung bis zu einem Verkürzungsbetrag von EUR 150.000 zuständig (statt bisher EUR 100.000). Bei Zollvergehen ist das Zollamt Österreich bis zu einem Verkürzungsbetrag von EUR 75.000 zuständig (statt bisher EUR 50.000). Werden dieses Betragsgrenzen überschritten, sind die ordentlichen Gerichte für das Finanzstrafverfahrens zuständig.

Die Gesetzesmaterialien begründen die Anhebung einerseits mit der Inflation und andererseits mit der Implementierung bundesweiter sachlicher Zuständigkeit des Amts für Betrugsbekämpfung und des Zollamts Österreich als Finanzstrafbehörden durch das FORG.

3. Lockvogel

Die Verleitung zur Begehung einer Straftat und das Herauslocken eines Geständnisses waren im FinStrG schon bisher verboten. Allerdings war dieses Verbot im Verfahren vor dem Amt für Betrugsbekämpfung mangels Sanktionierung – anders im gerichtlichen Finanzstrafverfahren – „zahnlos“. Seit dem AbgÄG 2023 muss das Amt für Betrugsbekämpfung von der Verfolgung einer Person wegen des Finanzvergehens, zu deren Begehung diese Person verbotswidrig verleitet wurde, absehen. In Entsprechung einschlägiger EGMR-Judikatur ist damit ein Verfolgungshindernis normiert. Praxishinweis: Der Grundgedanke der Novelle lässt sich als Verteidigungsargument verallgemeinern. Auch anderen Fällen krass überschießender Beweisverwertung lässt sich daher aus Sicht der Verfahrensfairness i.S.d. Art. 6 EMRK möglicherweise ein Riegel vorschieben.

4. Informationsaustausch im Rahmen des FinStrZG

Das Finanzstrafzusammenarbeitsgesetz regelt im Wesentlichen die internationale Amts- und Rechtshilfe in Finanzstrafsachen und in Angelegenheiten der Betrugsbekämpfung, soweit sie nicht in die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte fällt oder die abgabenrechtliche Amtshilfe betroffen ist.

Das AbgÄG 2023 erleichtert und verbreitert den zwischenstaatlichen Austausch: Bisher erfasste die Norm „vorsätzlich begangene Finanzvergehen, ausgenommen Finanzordnungswidrigkeiten“ und setzte damit zumindest einen begründeten Verdacht eines vorsätzlichen Finanzvergehens für einen Informationsaustausch voraus. Nach neuer Rechtslage muss ein solcher Verdacht nicht mehr vorliegen; die bloße Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit des Ersuchens ist für den Informationsaustausch ausreichend.

5. CESOP-Umsetzungsgesetz 2023

Das CESOP-Umsetzungsgesetz 2023 soll der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug im elektronischen Geschäftsverkehr dienen. CESOP steht für Central Electronic System of Payment Information – im Wesentlichen geht es um Sammlung, Aggregierung und Abgleich von Daten. Zahlungsdienstleister:innen sind verpflichtet, in Bezug auf grenzüberschreitende Zahlungen detaillierte Aufzeichnungen über Zahlungsempfänger:innen und Zahlungen aufzubewahren und zu übermitteln.

Werden diese Pflichten verletzt, normiert § 49e FinStrG ab 01.01.2024 Sanktionen in Form von Finanzordnungswidrigkeiten. Potenzielle Strafen erreichen bis zu EUR 25.000 bei Fahrlässigkeit und bis zu EUR 50.000 bei Vorsatz. Eine Selbstanzeige ist möglich.