Was unterscheidet die fondsgebundene Lebensversicherung von der bloßen Kapitalveranlagung?

Insurance News

Insurance News

Mit dieser Frage beschäftigen sich die Autoren Wegenkittl/Zehetner in einem in Kürze in der SWK erscheinenden Fachartikel. Hintergrund ist ein BFG-Erkenntnis aus September 2022, das der Versicherungsbranche bekannt ist und Anlass zur kritischen Auseinandersetzung gibt.

BFG Linz vom 26. September 2022, RV/5100203/2019: Zurechnung von Kapitaleinkünften aus einer liechtensteinischen Lebensversicherung

Das BFG stufte aufgrund der Miteinbeziehung der Umstände des Einzelfalls in die Risikowürdigung (Versicherungsnehmer war bei Vertragsabschluss 38 Jahre alt, Laufzeit 15 Jahre, Risikostrategie ausgewogen) das Todesfallrisiko im Hinblick auf das Alter der Beschwerdeführerin als so gering ein, dass den „Verträgen das für einen Lebensversicherungsvertrag typische versicherungstechnische/biometrische Risiko (aleatorisches Element) nicht anhaftet.“ Es sei nicht davon auszugehen, dass die Versicherung mit dem Eintritt des Versicherungsfalles mit hoher Wahrscheinlichkeit gerechnet hat. Das aleatorische Element sei „völlig vom Ziel der Kapitalanlage überlagert“.

Da das für einen Versicherungsvertrag typische Risiko fehlt, sind nach Ansicht des BFG die weiteren Zurechnungskriterien zu prüfen. Das BFG gelangte zur Ansicht, dass die Beschwerdeführerin wirtschaftliche Eigentümerin der im Deckungsstock befindlichen Wertpiere sei. Dies deswegen, da die Chance der Wertsteigerung bzw. Wertminderung bei der Beschwerdeführerin liegt und sie im Hinblick auf die geringe vertragliche Bindung (Kündigung nach dem ersten Jahr möglich) den Vertrag jederzeit beenden konnte.

Die ordentliche Revision wurde vom BFG unter Hinweis auf die bereits bestehende Rechtsprechung des VwGH (Ro 2015/15/0012, 23.11.2016) zur ertragsteuerlichen Anerkenntnis von ausländischen Lebensversicherungen nicht zugelassen, eine außerordentliche Revision ist jedoch zur Zahl Ra 2023/15/0001 anhängig.

Kritische Auseinandersetzung aufgrund Relevanz auch für inländische Versicherungsprodukte

Die bisherige Rechtsprechung zu ausländischen Lebensversicherungsprodukten – sei es zu Kapital- oder Rentenprodukten, – gibt jedenfalls Anlass, sich auch aus österreichischer Sicht mit der Thematik der ausreichenden Übernahme eines biometrischen Risikos auseinanderzusetzen. Dies deshalb, da die Rechtsprechung ausdrücklich nicht zwischen In- und Auslandssachverhalten unterscheidet. Auch wenn bisher ausschließlich ausländische Produkte auf dem Prüfstand waren und das BMF den in den EStR Rz 6209ff eingearbeiteten Erlass zu ausländischen Versicherungsprodukten im Wesentlichen – bis auf minimale redaktionelle Anpassungen aufgrund der Judikatur - unverändert beibehält, bleibt die Frage auch für inländische Versicherungsprodukte mangels gesetzlicher Definition und Relevanz der bisherigen Rechtsprechung brisant. Dies auch vor dem Hintergrund, dass die im Ertragsteuerrecht gebotene wirtschaftliche Betrachtungsweise und Betonung auf die Einzelfallbetrachtung krass im Widerspruch zu aufsichtsrechtlichen Anforderungen und dem Wesen des Versicherungsgeschäfts als Massengeschäft steht.

Wir möchten daher auf den im SWK Heft 27/2023 vom 20.9.2023 erschienenen Artikel von Wegenkittl/Zehetner mit dem Titel „Das biometrische Risiko als wesentliches Kriterium einer fondsgebundenen Lebensversicherung“ hinweisen, der sich näher mit dem entscheidenden Kriterium der Übernahme eines biometrischen Risikos auseinandersetzt, was eine fondsgebundene Lebensversicherung klar von einer bloßen Kapitalveranlagung unterscheidet.