VwGH zur Grunderwerbsteuer bei Anwachsung gemäß § 142 UGB unter nahen Angehörigen

Tax News 05-06/2023

Immobilien

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Beim Übergang des Gesellschaftsvermögens durch Anwachsung erfolgt der Erwerb der Grundstücke laut einem aktuellen VwGH-Erkenntnis nicht vom zuletzt ausgeschiedenen Gesellschafter, sondern von der Gesellschaft selbst. Daher kommt auch bei einem Verwandtschaftsverhältnis zwischen den Gesellschaftern kein begünstigter Steuersatz für den Erwerbsvorgang aufgrund der Anwachsung zur Anwendung.

1. Anwachsungen aus grunderwerbsteuerlicher Sicht

Anwachsungen sind in der Praxis ein durchaus regelmäßig anzutreffender Vorgang um bestehende Personengesellschaft zu eliminieren. Eine Anwachsung erfordert, dass nur noch ein einziger Gesellschafter in der Personengesellschaft verbleibt, was durch unterschiedliche Methoden erreicht werden kann. Beispielsweise kann der vorletzte Gesellschafter aus der Gesellschaft austreten oder der letzte verbleibende Gesellschafter kauft alle Anteile oder alle anderen Anteile an der Personengesellschaft werden im Wege der Sacheinlage in den letzten Gesellschafter eingebracht. Im Falle des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters einer Personengesellschaft kommt es zur „Anwachsung“ gem. § 142 UGB und somit zum Vermögensübergang von der Personengesellschaft auf den verbleibenden Gesellschafter (siehe auch jüngst zu einem anderen Fall - Tax News 10/2022).

Befinden sich im übertragenen Gesellschafts­vermögen Grundstücke, kommt es durch die Anwachsung und der damit verbundenen zivilrechtlichen Übertragung des Grundstücks nach ständiger Rechtsprechung des VwGH zur Verwirklichung eines Erwerbsv­organges i.S.d. § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG.

Nach der Rechtsprechung des VwGH ist die GrESt bei Anwachsungen von der Gegen­leistung zu berechnen. Der Wert der Gegen­leistung bemisst sich aus dem Wert der Gesamtabfindung des ausscheidenden Gesellschafters zuzüglich des Wertes des bisherigen Gesellschafts­anteils des übernehmenden Gesellschafters als auch der übernommenen (und somit anwachsenden) Verbindlichkeiten. Die Gesamtgegen­leistung ist im Verhältnis des Grundstücks zu den sonstigen Aktiva prozentuell auf das Grundstück entfallend zu besteuern. Die Steuer ist grundsätzlich mit dem allgemeinen GreSt-Steuersatz i.H.v. 3,5 % zu berechnen, bei Anwachsungen durch Umgründungsvorgänge, die dem Umgründungssteuergesetz unterliegen, mit dem begünstigten Steuersatz i.H.v. 0,5 %.

2. VwGH 04.05.2023, Ro 2020/16/0013

Jüngst beschäftigte sich auch der VwGH mit einem Grunderwerbsteuerfall bei Anwachsung. Entsprechend des Sachverhalts waren ursprünglich an einer Immobilien-OG die Revisionswerberin zu 95 % und ihr Ehemann zu 5 % beteiligt, ehe der Ehemann der Revisionswerberin seinen Anteil durch Schenkung übertrug. Dadurch kam es zur Anwachsung des Vermögens der OG an die Revisionswerberin.

Thematisiert wurde in dem Sachverhalt, ob die Grundstücke von der (zugleich erloschenen) Gesellschaft oder vom zuletzt ausgeschiedenen („vorletzten“) Gesellschafter erworben werden, was im gegenständlichen Fall durch den begünstigten Steuersatz aufgrund des Verwandtschafts-verhältnisses relevant war. Diesbezüglich ist anzumerken, dass die ältere VwGH-Judikatur noch vor dem Handelsrechtsänderungsgesetz 2005 erging.

Die Finanzverwaltung (wie auch das Schrifttum) vertrat bereits in der BMF-Info vom 13.05.2016, BMF-010206/0058-VI/5/2016 (Punkt 1.1.2.), die Auffassung, dass die ältere VwGH-Judikatur zur alten, gesellschaftsrechtlichen Rechtslage überholt ist.

Der VwGH hielt in dem gegenständlichen Erkenntnis nun ausdrücklich fest, dass vor dem Hintergrund der aktuellen gesetzlichen Regelungen zur Rechtsnatur der Personengesellschaften die frühere Rechtsprechung im Anwendungsbereich des GrEStG nicht mehr aufrechterhalten wird (vgl. auch ausführlich Bodis, SWK 2023, 773ff). Personengesellschaften sind nunmehr aufgrund ihrer umfassenden Rechtsfähigkeit auch Zurechnungssubjekt des Gesellschaftsvermögens.

Ferner bestätigte der VwGH aber die bisherige Sichtweise, dass eine Anwachsung zur Verwirklichung eines Erwerbsvorganges i.S.d. § 1 Abs. 1 Z 2 GrEStG führt. Der Erwerb erfolgt dabei aber nicht vom letzten ausscheidenden Gesellschafter, wodurch der begünstigte Steuersatz nicht zur Anwendung kommen kann.

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