BFG zur einkommensteuerrechtlichen Einordnung von treuhändig gehaltenen KG-Anteilen
Tax News 05-06/2023
Bilanz- und Konzernsteuerrecht
Das Bundesfinanzgericht (BFG) kam in einer Entscheidung (BFG 08.03.2023, RV/7101922/2013) zum Ergebnis, dass bei einer doppelstöckigen Publikums-Mitunternehmerschaft bei den Treugebern Einkünfte aus Gewerbebetrieb begründet werden. Der BFG schlussfolgerte aus dem zugrundeliegenden Sachverhalt, dass die Voraussetzungen für die Eigenschaft als Mitunternehmer vorlagen. Da die Treugeber ihren Einfluss auf das betriebliche Geschehen über die sie vertretende Kommanditistin (einzige Treuhänderin) ausübten, bejahte das BFG die Frage nach der Mitunternehmereigenschaft und subsumierte die Einkünfte unter Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23 Z 2 EStG).
Das BFG hatte zu entscheiden, ob treuhändig verwaltete KG-Anteile Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S.d. § 23 Z 2 EStG bei den Treugebern begründen.
1. Sachverhalt
Die Beschwerdeführerin (Bf) ist eine KG, deren Komplementärin einen Kapitalmarktprospekt zur Finanzierung von Startups aufgelegt hat. Die Finanzierung ist dabei dergestalt, dass Investoren mit der Kommanditistin der Bf Treuhandvereinbarungen abschließen und das so in die KG gelangte Kapital im Wege atypisch stiller Beteiligungen an andere Unternehmen zur Finanzierung weitergegeben wird. Im Gegenzug erhalten die Treugeber anfänglich eine Verlustzuweisung, die bis zu 190 % ihrer Einlage ging. Die atypisch stillen Gesellschaftsverträge sind allesamt derart ausgestaltet, dass die Bf als stille Gesellschafterin am Gewinn und Verlust sowie im Abschichtungsfall am gesamten Unternehmenswert einschließlich Firmenwert und stiller Reserven beteiligt ist. Bei Ausscheiden ist die Stille nicht verpflichtet, ein negatives Kapitalkonto aufzufüllen. Kontrollrechte stehen der Stillen (also der Bf) wie einem Kommanditisten zu. Die Gesellschaft ist auf unbestimmte Zeit errichtet, aber frühestens nach sieben (acht) Jahren kündbar. Das Verhältnis zwischen der Bf und ihren Kommanditisten ist durch den Gesellschaftsvertrag der KG und den Treuhandvertrag geregelt, die aufeinander verweisen und damit eine Einheit bilden.
Strittig ist im Verfahren inhaltlich, ob die Treugeber ein hinreichendes Unternehmerwagnis tragen, um betriebliche Einkünfte zu erzielen und damit die vorgesehene Verlustzuweisung steuerlich anerkannt werden kann, ob diesfalls eine Verlustverwertungsbeschränkung nach § 2 Abs. 2a EStG vorliegt und ob die Umgründungsschritte alle Formvorschriften erfüllen, um die Verlustzuweisung rückwirkend wirksam zu machen.
2. Rechtslage
Gemäß § 23 Z 2 EStG 1988 sind Gewinnanteile von Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind (wie insbesondere offene Gesellschaften und Kommanditgesellschaften) Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Lt. ständiger Rechtsprechung (stRsp) des VwGH ist der Mitunternehmerbegriff ein besonderer steuerrechtlicher Begriff, der im Gesetz nicht definiert ist und über dessen Vorliegen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden ist. Die Entscheidung, ob eine Mitunternehmerschaft vorliegt, ist nach dem Gesamtbild der Verhältnisse zu treffen. Die Mitunternehmerschaft erfordert das Entwickeln einer Unternehmerinitiative sowie die Übernahme eines Unternehmerrisikos. Indizien mit unterschiedlichem Gewicht für die Annahme einer Mitunternehmerschaft sind insbesondere die Beteiligung am Anlagevermögen, an den stillen Reserven, am Firmenwert und am buchmäßig ausgewiesenen Erfolg (Hofstätter/Reichel, EStG 1988 Band III Kommentar, Tz 23 zu § 23).
Essenziell ist nach der Rsp für die Unternehmerinitiative, dass der Gesellschafter auf das betriebliche Geschehen Einfluss nehmen kann, wozu auch das einem Gesellschafter zustehende Stimmrecht genügt. Diese potenzielle Möglichkeit ist mit der Konstruktion der Treugeberversammlung genauso sichergestellt, wie mit der unmittelbaren Ausübung des Stimmrechts in der Gesellschafterversammlung. Nach der Rechtsprechung kommt es nicht auf den tatsächlichen Einfluss an, sondern auf die Möglichkeit, die dem einzelnen Gesellschafter im Rahmen des Regelstatuts der KG im Ausmaß seines Anteils zukommt.
Im vorliegenden Fall war das FA der Ansicht, dass die Mitunternehmereigenschaft der Kommanditisten durch die Treuhandkonstruktion zu stark eingeschränkt wäre. Das BFG folgte dieser Ansicht jedoch nicht. Durch die Treuhandvereinbarung war es dem Treugeber möglich, seinen Einfluss im Rahmen der Treugeberversammlung problemlos auszuüben. Es ist nicht schädlich, dass dies nicht durch die Gesellschafterversammlung geschieht. Auch die gewählte Form der vorrangigen Verlustzuweisung wurde von der Behörde ins Treffen geführt. Das BFG erkannte, dass diese Vorgehensweise auch außersteuerliche Gründe haben kann, wie etwa zum Risikoausgleich. Das Vorliegen eines Unternehmerrisikos war aufgrund der Ausgestaltung der Beteiligung an Gewinn, Verlust und stillen Reserven unstrittig. Das BFG entschied, dass der gesamte Verlust nicht ausschließlich der Treuhandkommanditistin zuzurechnen ist, sondern vielmehr auf die Treugeber aufzuteilen ist. Schließlich sei es nicht ersichtlich, wieso diesen die Einkunftsquelle aus den Anteilen nicht zugerechnet werden könne.
Ferner beschäftigte sich das BFG mit der Verlustverwertungsbeschränkung gem. § 2 Abs. 2a EStG. Diese Bestimmung soll primär sicherstellen, dass sich private Investitionsentscheidungen an wirtschaftlichen und nicht an steuerlichen Kriterien ausrichten. Da im vorliegenden Fall nicht mit Steuervorteilen geworben wurde, keine Renditenverdoppelung und auch keine anderen vergleichbaren objektiven Umstände vorliegen, trifft der Tatbestand des § 2 Abs. 2a EStG auf den vorliegenden Sachverhalt nicht zu. Für den vorliegenden Fall ist diese Beurteilung, auch im Lichte der Beweiswürdigung (vorrangige Verlustzurechnung hat wirtschaftliche Gründe), überzeugend. Bei den im § 2 Abs. 2a EStG genannten Fällen handelt es sich um eine demonstrative Aufzählung. In seiner Entscheidung führt das BFG lediglich aus, dass für andere (als die gesetzlich genannten) Fälle objektiv vergleichbare Umstände vorliegen müssen.
3. Schlussfolgerung
Der BFG schlussfolgerte aus dem zugrundeliegenden Sachverhalt, dass die Voraussetzungen - die Gesellschafter verfügen über Unternehmerinitiative und tragen ein Unternehmerrisiko - für die Eigenschaft als Mitunternehmer vorlagen. Da die Treugeber ihren Einfluss auf das betriebliche Geschehen über die sie vertretende Kommanditistin (einzige Treuhänderin) ausübten, bejahte das BFG die Frage nach der Mitunternehmereigenschaft und subsumierte die Einkünfte unter Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 23 Z 2 EStG).
Der Ansicht des BFG zur Verlustverwertungsbeschränkung des § 2 Abs. 2a EStG ist im vorliegenden Fall zu folgen. Für die Anwendbarkeit der genannten Bestimmung müsste das Erzielen steuerlicher Vorteile im Vordergrund stehen. Die Aufzählung der Fallgruppen im Gesetz ist allerdings nicht abschließend. Eine Abgrenzung seitens des BFG, ab wann solche objektiv vergleichbaren Umstände vorliegen, wäre damit interessant gewesen.
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