Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages für ausländische Quellensteuern

Tax News 03-04/2023

Internationales Steuerrecht

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Bei der Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages (AHB) für ausländische Quellensteuern schlägt das Prinzip der Abschnittsbesteuerung durch. Dementsprechend sind laufende Betriebsausgaben des jeweiligen Veranlagungsjahres (zB Ausgaben im Zusammenhang mit aktuellen F&E-Projekten) für Zwecke der Anrechnung ausländischer Quellensteuern auf Betriebseinnahmen desselben Veranlagungsjahres (zB aktuelle Lizenzeinnahmen aus bereits früher abgeschlossenen F&E-Projekten) nicht AHB-mindernd zu berücksichtigen.

Die Entscheidung des deutschen BFH

Der deutsche Bundesfinanzhof (BFH) hat sich in seiner Entscheidung I R 14/19 vom 17. August 2022 mit der Ermittlung des sogenannten Anrechnungshöchstbetrages (AHB) befasst. Der AHB spielt immer dann eine Rolle, wenn ausländische (Quellen-)Steuern auf die inländische Steuer (zB KöSt) angerechnet werden sollen. Konkret gilt als AHB jener Betrag an inländischer Steuer, der im Inland – wegen der unbeschränkten Steuerpflicht – auf die ausländischen Einkünfte entfällt. Dabei ist zu beachten, dass „Einkünfte“ (anders als „Einnahmen“) eine Nettogröße darstellen, dh bei Einkünften handelt es sich zB um Betriebseinnahmen, die um zugehörige Betriebsausgaben gekürzt sind. Im konkreten Anlassfall ging es um Lizenzgebühren aus China, bei welchen die chinesische Quellensteuer auf die inländische (hier: deutsche) Steuer angerechnet werden sollte. Die dafür maßgebende deutsche Rechtsnorm (§ 34c dEStG) sieht vor, dass bei der Ermittlung der ausländischen „Einkünfte“ nach deutschem Recht Betriebsausgaben abzuziehen sind, die mit den diesen Einkünften zugrunde liegenden Einnahmen (Lizenzgebühren) „in wirtschaftlichem Zusammenhang“ stehen. Die deutsche Finanzverwaltung war im Streitfall davon ausgegangen, dass der gebotene „wirtschaftliche Zusammenhang“ zwischen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben über eine projektbezogene Ermittlung hinausgehe. Dementsprechend seien sämtliche Betriebsausgaben (zB F&E-Aufwendungen), welche im Streitjahr in Zusammenhang mit derselben Einkunftsquelle (zB chinesische Lizenzen in Summe) angefallen waren, bei der Ermittlung des AHB im Streitjahr zu berücksichtigen. Im Endeffekt wären damit aus Sicht des Finanzamts im Streitjahr getragene F&E-Aufwendungen, die erst in späteren Jahren (dh nach erfolgreichem Abschluss dieser konkreten, projektbezogenen F&E-Tätigkeiten) zu entsprechenden Lizenzgebühren aus China führen hätten können, im Streitjahr AHB-mindernd anzusetzen gewesen. Der BFH hat dieser Rechtsansicht eine Absage erteilt. Denn der spezifisch zweckgerichtete Veranlassungsbezug mit den zugrunde liegenden (Lizenz-)Einnahmen würde den Abzug von Betriebsausgaben bei Ermittlung des AHB in sachlicher, aber auch in zeitlicher Hinsicht begrenzen. Folgerichtig war der AHB – entgegen der Auffassung der deutschen Finanzverwaltung – nicht zu kürzen und die chinesische Quellensteuer konnte vollumfänglich in Deutschland angerechnet werden.

Mögliche Auswirkungen auf Österreich

Das österreichische Steuerrecht verfügt zwar über keine dem deutschen § 34c dEStG vergleichbare Rechtsnorm. Allerdings bestehen sehr wohl auch in Österreich steuerrechtliche Vorschriften zur Anrechnung ausländischer Quellensteuern (insbesondere Doppelbesteuerungsabkommen bzw die zu § 48 BAO ergangene Doppelbesteuerungsverordnung, BGBl II 474/2002). Diese österreichischen Rechtsgrundlagen sehen zwar keine ausdrücklichen Regelungen zur Ermittlung des AHB bzw zur Auslegung des dabei maßgeblichen Veranlassungsbezugs zwischen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben vor. Allerdings geht die österreichische Verwaltungspraxis auf durchaus vergleichbare Art und Weise davon aus, dass bei Ermittlung der anrechnungsbegünstigten „Einkünfte“ die hiermit in erkennbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehenden Betriebsausgaben (Werbungskosten) zu berücksichtigen sind (vgl EStR 2000 Rz 7584). Insoweit könnte einiges dafür sprechen, die Entscheidung des BFH auch auf österreichische Anrechnungsfälle zu übertragen. Denn gerade bei der Anrechnung ausländischer Quellensteuern auf Lizenzgebühren stellt sich auch in Österreich regelmäßig die Frage, ob zwischen aktuell getätigten F&E-Aufwendungen einerseits und aktuell bezogenen Lizenzeinnahmen andererseits ein hinreichend „erkennbarer wirtschaftlicher Zusammenhang“ (auch in zeitlicher Hinsicht) besteht, um die Betriebsausgaben bei Ermittlung des AHB abziehen zu müssen. Da der AHB in Österreich ebenfalls veranlagungszeitraumbezogen zu ermitteln ist, wird im Sinne der deutschen Rechtsprechung vieles dafür sprechen, nur jene Betriebsausgaben bei Ermittlung des Anrechnungshöchstbetrages (dh AHB-mindernd) zu berücksichtigen, die tatsächlich – auch in zeitlicher Hinsicht – „in erkennbarem wirtschaftlichen Zusammenhang“ mit den konkret quellensteuerpflichtigen Betriebseinnahmen stehen und damit kausal für die konkreten betroffenen Betriebseinnahmen (zB Lizenzgebühren) sind. Beruhen daher etwa im aktuellen Veranlagungsjahr bezogene (quellensteuerpflichtige) Lizenzeinnahmen – ganz oder teilweise – auf F&E-Tätigkeiten der Vorjahre, so wird der AHB für die aktuell anfallenden Quellensteuern weder durch die ursächlichen Betriebsausgaben der Vorperioden, noch die (nicht ursächlichen) Betriebsausgaben der aktuellen Periode gekürzt. Für eine solche Saldierung fehlt es nämlich an dem – aus dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung abzuleitenden – zeitlichen Zusammenhang zwischen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben. Folglich werden in vergleichbaren Fällen auch nach österreichischer Rechtslage gute Argumente dafür bestehen, die Anrechnung ausländischer Quellensteuern – je nach sonstigen Rahmenbedingungen – unter Umständen in voller Höhe ausschöpfen zu können.

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