Aktuelle Änderungen im österreichischen DBA-Netzwerk
Tax News 03-04/2023
Internationales Steuerrecht
Österreich verfügt über ein relativ dichtes Netz an Doppelbesteuerungsabkommen (DBA). Aktuell sind hier einige Änderungen zu erwarten. Konkret beschlossen ist dies bereits mit Südkorea (anwendbar ab 2024). Aber auch mit Deutschland stehen DBA-rechtliche Neuerungen im Raum. Last, but not least, könnte unter Umständen sogar der Bestand des mit Russland bestehenden DBA gefährdet sein.
DBA Deutschland
Das zwischen Österreich und Deutschland bestehende Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) soll einer Teilrevision unterzogen werden. Nach dem derzeit vertraulich vorliegenden Begutachtungsentwurf eines Abänderungsprotokolls sind – vermutlich mit Wirksamkeit ab 2024 – einige Anpassungen zu erwarten. Als ein wesentlicher Revisionspunkt wird die über den Fachsenat angeregte Änderung der bilateralen Grenzgängerregelung (Art 15 Abs 6 DBA) erwartet. Denn zwischen Österreich und Deutschland bestand während der COVID-19-Pandemie eine Konsultationsvereinbarung, welche unter anderem für Grenzgänger vorübergehende (mit 30. Juni 2022 ausgelaufene) Erleichterungen mit sich brachte. Konkret wurden demnach ausschließlich pandemiebedingte Homeoffice-Tage („Nichtrückkehrtage“) für die Anwendung der deutsch-österreichischen Grenzgängerregelung (bzw insbesondere deren 45-tägiger Schädlichkeitsgrenze) als unschädlich behandelt, sodass vermehrte Homeoffice-Tätigkeiten aufgrund von Lockdowns und ähnlichen Maßnahmen die steuerliche Grenzgängerregelung (Besteuerung ausschließlich im Ansässigkeitsstaat) nicht zu Fall brachten. Um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass auch nach dem Auslaufen der pandemiebedingten Sondermaßnahmen eine verstärkte Arbeitnehmertätigkeit im Homeoffice Teil des „New Normal“ geworden ist, wollen Österreich und Deutschland nun auf Ebene eines geänderten DBA dafür sorgen, dass Homeoffice-Arbeitstage für die Anwendung der Grenzgängerregelung unter bestimmten Umständen generell unschädlich sind. Eine zumindest im Ergebnis vergleichbare bilaterale Vereinbarung hatte Deutschland bereits im Juli 2022 mit der Schweiz getroffen (vgl dBMF 26.07.2022, IV B 2 - S 1301-CHE/21/10019 :016).
DBA Russland
Der Europäische Rat hat am 14. Februar 2023 unter anderem Russland in die EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete („EU-Blacklist“) aufgenommen. Mit diesem Schritt (sowie vor dem Hintergrund der übrigen westlichen Sanktionen) sieht sich Russland legitimiert, entsprechende Gegenmaßnahmen zu treffen. Konkret haben nun das Finanzministerium und das Außenministerium Russlands dem russischen Präsidenten empfohlen, ein Dekret zur Suspendierung bzw Kündigung bestehender DBA mit „unfreundlichen Staaten“ zu erlassen. Die Umsetzung dieser Empfehlung gilt durchaus als wahrscheinlich, zumindest aber als ernsthaft möglich. Damit sollten auch potenziell betroffene österreichische Steuerpflichtige das Szenario des ersatzlosen Wegfallens des DBA Russland (etwa durch eine von russischer Seite bis zum 30.06.2023 gem Art 29 DBA Russland übermittelte und damit ab 01.01.2024 gültige Kündigung) in ihre Steuerplanung einbeziehen. Zwar wäre in diesem Fall noch ein gewisser Schutz gegen Doppelbesteuerung durch Anwendung der zu § 48 BAO ergangenen Verordnung (BGBl II 474/2002) gegeben. Ein vollwertiger Ersatz für ein funktionierendes DBA wäre dies aber keineswegs. Beispielsweise würden im Falle der DBA-Kündigung die bisher abkommensrechtlich reduzierten Quellensteuersätze (zB für Dividenden, Zinsen und Lizenzgebühren) auf das nach dem jeweiligen innerstaatlichen Recht vorgesehene Niveau steigen.
DBA Südkorea
Bereits fix vereinbart und kundgemacht sind außerdem ein paar Änderungen des DBA zwischen Österreich und der Republik Korea (Südkorea). Eine wesentliche Änderung gegenüber dem Status quo besteht darin, dass künftig die abkommensrechtliche Betriebsstättendefinition dem aktuellen OECD-Musterabkommen („post BEPS“) entsprechen wird. Konkret wird zunächst der bereits bestehende Ausnahmekatalog für vorbereitende und Hilfstätigkeiten umformuliert, wobei nun vor allem eine Konzernbetrachtung im Quellenstaat anzustellen ist, um missbräuchliche Gestaltungen durch Fragmentierung von Tätigkeiten hintanzuhalten (vgl Art 5 Abs 5 DBA Südkorea neu; entspricht der „Anti-Fragmentierungs-Regel“ des Art 5 Abs 4.1 OECD-MA 2017). Außerdem werden die Regelungen zur Vertreterbetriebsstätte dem aktuellen OECD-Muster angepasst. Darüber hinaus wird nun auch – Art 9 Abs 2 OECD-MA folgend – klargestellt, dass nach einer gewinnerhöhenden Primärberichtigung von Verrechnungspreisen (zB nach einer Außenprüfung) grundsätzlich eine entsprechend korrespondierende Gegenberichtigungen im anderen Staat zu erfolgen hat. Weitere Neuerungen betreffen die Regelungen zum Informationsaustausch und zur Amtshilfe sowie die Umsetzung weiterer Vorschläge aus dem ersten BEPS-Projekt (zB die Neuformulierung der Präambel und die Aufnahme eines „Principal Purpose Tests“ iSv Art 29 Abs 9 OECD-MA 2017). Das Revisionsprotokoll (BGBl III 6/2023) ist am 10. März 2023 in Kraft getreten und seine Bestimmungen werden ab 2024 Anwendung finden.
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