EuGH zu Weiterverkauf von Fahrzeugwracks durch Versicherung
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Keine Mehrwertsteuerbefreiung für den Weiterverkauf von Fahrzeugwracks durch ein Versicherungsunternehmen (EuGH C-42/22 vom 09. März 2023)
Der EuGH hatte sich auf Vorlage aus Portugal mit der Frage zu befassen, ob von einem Versicherungsunternehmen bewirkte Umsätze aus dem Weiterverkauf von Fahrzeugwracks mehrwertsteuerpflichtig oder -befreit sind.
Ausgangslage
Das entschiedene Verfahren betraf die Auslegung der Begriffe nach Art 135 Abs 1 Buchst. a sowie Art 136 Buchst. a MwStSystRL, auf dem in Österreich die Umsatzsteuerbefreiungen für Versicherungsumsätze in § 6 Abs 1 Z 9 lit c UStG bzw der dafür verwendeten Lieferungen ohne Vorsteuerabzug nach § 6 Abs 1 Z 26 UStG beruhen.
Auf Vorlage aus Portugal musste sich der EuGH konkret mit der Frage auseinandersetzen, ob der Verkauf von Unfallfahrzeugwracks an Dritte durch den Versicherer aus von ihm versicherten Schadensfällen, also nach Erwerb der Fahrzeuge von Versicherten, von der Umsatzsteuerbefreiung für Versicherungsumsätze bzw für Lieferungen ohne Vorsteuerabzug, erfasst wird.
Sachverhaltsmäßig lässt sich aus dem Urteil herauslesen, dass der Versicherte und das Versicherungsunternehmen im Rahmen der portugiesischen Regelung über die Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung bei Schadensfällen, die zum Totalschaden des versicherten Fahrzeugs führen, die Möglichkeit haben, sich für die Übertragung des Eigentums an dem Fahrzeugwrack auf das Versicherungsunternehmen zu entscheiden. Hierzu hat das Versicherungsunternehmen dem Versicherten den Wert mitzuteilen, zu dem es bereit ist, das Wrack zu kaufen, damit dieser eine Entscheidung treffen kann. Falls die Übertragung erfolgt, verkauft das Versicherungsunternehmen anschließend das Wrack an einen Dritten weiter.
Urteil
Der EuGH verneinte in diesem Zusammenhang sowohl das Vorliegen eines Versicherungsumsatzes als auch einer dafür bestimmten Lieferung von Gegenständen ohne das Recht auf Vorsteuerabzug. Ebenso wenig sah er darin ein Zuwiderlaufen hinsichtlich des Grundsatzes der steuerlichen Neutralität und behandelte folglich in diesem Fall die Weiterverkäufe von Fahrzeugwracks durch das Versicherungsunternehmen als mehrwertsteuerpflichtig.
Bei Prüfung der Mehrwertsteuerbefreiung für Versicherungsumsätze führte der EuGH mit Verweis auf die bisherige Judikatur zu Versicherungsumsätzen aus, dass der Verkauf eines Gegenstandes mit der Deckung eines Risikos nichts zu tun hat. Darüber hinaus ist die Festlegung der Bemessungsgrundlage für die Mehrwertsteuer in diesem Fall ohne Schwierigkeiten, weil der Preis dem Wert des Gegenstands zum Zeitpunkt des Verkaufs entspricht.
Die Umsätze aus dem Verkauf der Fahrzeugwracks basieren auf eigenständigen Vertragsverhältnissen mit anderen Personen als den Versicherten, die daher nicht unter ein Versicherungsverhältnis fallen. Zudem ist der Verkaufsumsatz nach Ansicht des EuGH nicht untrennbar mit dem Versicherungsvertrag für das betreffende Fahrzeug verbunden, sodass diese in wirtschaftlicher Hinsicht objektiv kein Ganzes bilden, dessen Trennung wirklichkeitsfremd wäre.
Zur Prüfung der Anwendbarkeit der Mehrwertsteuerbefreiungen für die Lieferung von Gegenständen, die ausschließlich für eine steuerbefreite Tätigkeit bestimmt waren, ist aus dem Urteil hervorzuheben, dass die Wracks nach Ansicht des EuGH dafür bestimmt waren, dass sie in diesen Fällen in unverändertem Zustand und ohne vorherige Nutzung an Dritte weiterverkauft wurden, sodass diese im Rahmen der Versicherungstätigkeit nicht von Interesse waren. Somit lag keine Verwendung der Fahrzeugwracks im Rahmen der Versicherungstätigkeit vor.
Ausblick
Der EuGH hat sich explizit nur mit dem Umsatz aus dem Weiterverkauf der Unfallwracks beschäftigt.
Das BMF hält in den UStR in Rz 1931 fest, dass unabhängig vom Ausmaß der unternehmerischen Verwendung die von § 12 Abs 2 Z 2 lit b UStG betroffenen Kraftfahrzeuge nicht Bestandteil des Unternehmens sind und somit eine Veräußerung nicht steuerbar ist. Fraglich ist, ob ein Unfallwrack ein „betroffenes Kraftfahrzeug“ iSd Bestimmung sein kann. Die Beurteilung könnte im Einzelfall unterschiedlich ausfallen, weil auch Kraftfahrzeuge, die noch verkehrstüchtig gemacht werden könnten, ob der hohen Reparaturkosten als Wrack eingestuft werden. Darüber hinaus kann es einen Unterschied machen, ob der Weiterverkauf an einen Nichtunternehmer oder Unternehmer iSd UStG erfolgt, weil ein Autowrack typischerweise ein Gegenstand ist, der unter § 2 Z 1 Schrott-UStV fällt (UStR Rz 2605a).
Aufgrund der Sonderstellung des KFZ im österreichischen UStG ergeben sich anhand dieses Urteils eine Vielzahl an denkbaren Fallvarianten, die im Lichte der neuen EuGH Judikatur überprüft werden sollten. Das betrifft nicht nur die unentgeltliche Übertragung von Unfallwracks des Versicherten an die Versicherung, sondern auch – wie im vorliegenden Fall – die entgeltliche Übertragung, und anschließenden Weiterverkauf durch die Versicherung.
Wir stehen für eine Analyse und Beratung in diesem Zusammenhang gerne zur Verfügung.