Nach der Veröffentlichung von zwei EU-Richtlinien-Vorschlägen ist die Einführung der globalen Mindestbesteuerung (Pillar II/GloBE) und fiktiven Eigenkapitalzuwachsverzinsung (DEBRA) wohl nicht mehr aufzuhalten. Für Versicherungen gilt es, sich bestmöglich darauf vorzubereiten. Welche Überlegungen dabei angestellt und welche Schritte unternommen werden sollten, ist Gegenstand dieses Beitrags.

Globale Mindestbesteuerung in a Nutshell

Die OECD und die EU haben ein umfangreiches Regelwerk zur Mindestbesteuerung von Unternehmen vorgelegt. Durch das Mindestbesteuerungsregime soll bei Konzernen mit weltweiten Umsätzen von mindestens 750 Mio Euro mittels einer Zusatzsteuer sichergestellt werden, dass diese in jenen Staaten, in denen sie tätig sind, einer effektiven Steuerbelastung von mindestens 15 Prozent unterliegen. Da es auf die Effektivsteuerbelastung ankommt, können auch Staaten mit einem nominellen Steuersatz von mehr als 15 Prozent – einschließlich Österreich – betroffen sein. Der Anwendungsbereich der GloBE-Regelungen ist weit gefasst. Auch rein national tätige Konzerne unabhängig davon, ob tatsächlich eine effektive Steuerbelastung von weniger als 15 Prozent vorliegt, müssen zukünftig die effektive Steuerbelastung ermitteln und GloBE-Steuererklärungen abgeben. Die GloBE-Regelungen sind inhaltlich komplex und unterscheiden sich signifikant vom bisherigen österreichischen Körperschaftsteuersystem. So ist zB die Ausgangsbasis nicht das nationale Unternehmensrecht, sondern der Rechnungslegungsstandard, der dem Konzernabschluss (typischerweise IFRS) zugrunde liegt. Zum Verständnis der Regelungen wird daher (noch mehr als bisher) interdisziplinäres Know-how aus der Rechnungslegung und dem Steuerrecht benötigt. Für Steuerpflichtige ergeben sich daraus große Herausforderungen.

Der weitere Fahrplan

Die finale Verabschiedung der EU-Richtlinie scheitert zurzeit noch am Veto von Ungarn. Einige Länder (darunter auch die Schweiz, Niederlande und Großbritannien) haben aber bereits unilateral beschlossen, die GloBE-Regelungen ab 1. Jänner 2024 einzuführen. Nach jetzigem Stand sind daher zwei Szenarien wahrscheinlich: Es kommt zu einer Einigung aller EU-Mitgliedstaaten, oder Länder wie Deutschland (und im Gefolge auch Österreich) führen die globale Mindestbesteuerung unilateral ein. In beiden Szenarien muss damit gerechnet werden, dass GloBE auch in Österreich bereits für das Regelwirtschaftsjahr 2024 erstmalig anzuwenden ist. Konzerne, die zur Quartalsberichterstattung verpflichtet sind, werden im Hinblick auf Nachfragen von Stakeholder:innen daher wohl bereits zum Ende des ersten Quartals 2024 gut aufgestellt sein müssen.

Die nächsten Schritte für Unternehmen

Vor diesem Hintergrund sind von den Unternehmen in kurzer Zeit mehrere Schritte umzusetzen:

Zunächst ist eine inhaltliche Analyse vorzunehmen; sich also mit den GloBE-Regelungen im Detail auseinanderzusetzen und ein Verständnis für die Funktionsweise und die erforderlichen Daten zu bekommen. Basierend darauf sollte eine Betroffenheitsanalyse durchgeführt werden. Wenn dabei ein Risiko einer Zusatzsteuer erkennbar wird, sollten die Ursachen analysiert und überlegt werden, ob Vermeidungsmöglichkeiten bestehen (zB Restrukturierungen, Bilanzpolitik etc). Daran anschließend ist abteilungsübergreifend (Rechnungslegung, Steuern und IT) abzuklären, wo welche Verantwortlichkeiten iZm GloBE liegen, ob die Administration der GloBE-Regelungen mit den verfügbaren Ressourcen bewältigbar ist, inwieweit externer Beratungsbedarf besteht und ob/wie die GloBE-Ermittlung im IT-System (zB durch einen eigenen GloBE Ledger) abgebildet werden kann. Über die Ergebnisse sollte dann die Geschäftsführung/der Vorstand informiert werden.

Im nächsten Schritt ist sicherzustellen, dass ein vollwertiger Einzelabschluss entsprechend Handelsbilanz II vorliegt. Hier kann sich zB ein Anpassungsbedarf ergeben, wenn die Rechnungslegungsgrundsätze der obersten Muttergesellschaft nicht bereits in der Handelsbilanz II der jeweiligen Geschäftseinheit, sondern erst in einem späteren Schritt auf Konzernebene vorgenommen werden. Zahlreiche Detaildaten können nicht aus der Handelsbilanz II entnommen werden, sondern müssen aus bestehenden Reportingdaten oder anderen (Vor-)Systemen entnommen und gegebenenfalls aufbereitet werden. Beim Thema Datenbeschaffung und -aufbereitung ist auch zu überlegen, wie die GloBE-Ermittlung in den bereits existierenden Reportingprozess integriert werden kann.

Die GloBE-Erklärungen sind spätestens 15 Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres einzureichen. Praktisch wird daher idR der 31. März 2026 die steuerliche Deadline sein. Die notwendigen Schritte müssen daher rechtzeitig umgesetzt werden, um eine fristgerechte Einreichung der GloBE-Erklärungen (und die damit einhergehende Berechnung der effektiven Steuerbelastung) zu gewährleisten. Die Vorlaufzeit, um rechtzeitig GloBE compliant zu sein, sollte nicht unterschätzt werden.

DEBRA

DEBRA sieht eine fiktive Eigenkapitalzuwachsverzinsung mit gleichzeitiger Kürzung des Zinsabzuges auf Fremdkapital um 15 Prozent vor. Der Richtlinien-Entwurf zielt darauf ab, die aktuell vorherrschende steuerliche Begünstigung von Fremdkapital gegenüber Eigenkapital abzumildern. Konkret werden zwei Instrumente vorgeschlagen: Das erste Instrument ist ein Freibetrag für Eigenkapital, der als steuerliche Betriebsausgabe über zehn Jahre verteilt geltend gemacht werden kann. Der Freibetrag errechnet sich aus der Differenz zwischen dem steuerlichen Eigenkapital des laufenden Steuerjahres und dem Eigenkapital am Ende des vorangegangenen Steuerjahres, multipliziert mit einem risikofreien Zinssatz zuzüglich eines Risikoaufschlags von 1 Prozent bzw 1,5 Prozent (für KMU). Das zweite Instrument sieht eine Einschränkung der Abzugsfähigkeit eines Fremdkapitalzinsüberhangs auf 85 Prozent vor.

Vom Anwendungsbereich ausgenommen sind Versicherungen. Nicht-Versicherungsunternehmen im Konzern sollten aber nach dem jetzigen Stand von der Regelung umfasst sein. Die erstmalige Anwendung der Regelung ist ab dem 1. Jänner 2024 vorgesehen.