Die EU-Kommission hat im Juli 2021 die Delegierte Verordnung zu Artikel 8 der Taxonomieverordnung über die Nachhaltigkeitsberichterstattung mit weiteren umfangreichen Vorgaben für Versicherungsunternehmen erlassen. Die KPMG Analyse zeigt, wie potenziell nachhaltig die österreichischen Versicherungsunternehmen aktuell agieren.

Anforderungen in der Übergangszeit

In diesem Jahr standen Versicherungsunternehmen vor der Herausforderung, erstmals quantitative Angaben hinsichtlich ihrer taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten offenzulegen. Als taxonomiefähig gelten Geschäftsaktivitäten, wenn sie sich den Taxonomiekriterien zuordnen lassen – unabhängig davon, ob die technischen Bewertungskriterien erfüllt werden. Neben mehreren investmentbasierten Key Performance Indicators (KPIs), die die Anlagestrategie des Versicherungsunternehmens beschreiben, war auch die Ermittlung eines umsatzbasierten KPIs, der den Anteil der taxonomiefähigen Wirtschaftstätigkeiten im Nicht-Lebensversicherungsgeschäft auf Basis der Bruttoprämien angibt, gefordert. Von der Offenlegung erfasst sind Versicherungsunternehmen, die bereits jetzt dem Nachhaltigkeits- und Diversitätsverbesserungsgesetz (NaDiVeG) unterliegen und damit im Durchschnitt des Geschäftsjahres mehr als 500 Mitarbeiter:innen beschäftigen.

Herausforderungen bei der Umsetzung

Die kurze Zeitspanne zwischen Veröffentlichung der Delegierten Verordnung und Offenlegungszeitpunkt verlangte den Unternehmen einiges an Anstrengungen ab. Nach einer steilen Lernkurve für den internen Wissensaufbau hinsichtlich EU-Taxonomie über die Kernbereiche hinweg und der Interpretation der Gesetzestexte erfolgte die Suche nach adäquaten Datenquellen, um eine angemessene Klassifizierung der Kapitalanlagen in kürzester Zeit zu bewerkstelligen.

Einblicke in die Ergebnisse

KPMG hat den aktuellen Stand der Anhangangaben zur Taxonomieverordnung bei den Versicherungsunternehmen in Österreich untersucht. Die Angaben basieren auf öffentlich zugänglichen Informationen, die aus den Berichten der Unternehmen generiert wurden. Die Berichte sind auf den unternehmenseigenen Webseiten zu finden.

Trotz der teils hohen Auslegungsunsicherheit bei den Vorgaben haben alle 15 Versicherungsunternehmen, die zur Veröffentlichung verpflichtet sind, die geforderten Leistungsindikatoren publiziert. Sechs Unternehmen haben die KPIs im Lagebericht ihres Geschäftsberichts integriert. Die Kennzahlen der restlichen Unternehmen wurden in den jeweiligen konsolidierten nicht-finanziellen Bericht des Konzerns einbezogen.

Bei der Ermittlung der Taxonomiequote für die Kapitalanlage griffen die Unternehmen jeweils zur Hälfte auf Buchwerte und Marktwerte zurück oder machten diesbezüglich keine Angabe. Die Berechnung der Taxonomiequote für die Versicherungstätigkeiten basiert beinahe ausschließlich auf den Prämienvolumina der acht Geschäftszweige, die grundsätzlich als taxonomiefähig eingestuft sind. Nur ein Unternehmen hat bei der Analyse die mittelbaren klimabedingten Risiken beachtet. Freiwillige Angaben, um einen besseren Überblick über die Taxonomiefähigkeit zu geben, wurden nicht getätigt.

Der investmentbasierte KPI für taxonomiefähige Wirtschaftsaktivitäten für österreichische Versicherungsunternehmen weist im Vergleich zu den Versicherungsgruppen mit österreichischer Beteiligung mit einem Mittelwert von 18 Prozent einen doppelt so hohen Wert auf. Der KPI für taxonomiefähige Versicherungstätigkeiten liegt mit einem Mittelwert von 62 Prozent in einer ähnlichen Größenordnung wie bei den Versicherungsgruppen mit österreichischer Beteiligung, die auf eine durchschnittliche Taxonomiequote von 55 Prozent kommen. Weitere Ergebnisse zeigen Abbildungen 1 und 2.

Ausblick

Die ersten Analysen zeigen noch ein heterogenes Bild bei der Erhebung und Meldung der Nachhaltigkeitskennzahlen. Auch die qualitativen Erläuterungen zur Ermittlung der Indikatoren haben noch Verbesserungspotenzial. Bis zur vollumfänglichen Offenlegung für das Geschäftsjahr 2023 bleibt den Versicherungsunternehmen nicht allzu viel Zeit, um die Umstellung von einem taxonomiefähigen in einen taxonomiekonformen Bericht sicherzustellen. Die Anforderungen an die Prozesse, Datenverfügbarkeit und Datenqualität werden steigen und erfordern eine frühzeitige und umfangreiche Analyse.