Die Corona-Pandemie, der Ukraine-Russland Krieg und Naturkatastrophen sind einige der bedeutenden Treiber für die aktuelle weltwirtschaftliche Lage, die sich durch Unsicherheit auszeichnet und Herausforderungen wie steigende Rohstoffpreise, Lieferengpässe, Personalmangel, Nachfrageveränderungen und steigende Inflation mit sich bringt. Diese haben insbesondere direkte Auswirkungen auf die finanzielle und nichtfinanzielle Unternehmensberichterstattung.

Spätestens mit Beginn der COVID-19-Pandemie ist den Bilanzerstellern deutlich vor Augen geführt worden, wie sich Umwelteinflüsse direkt in der Bilanzierung niederschlagen und weitreichende Auswirkungen darauf haben können. Ein Patentrezept für die Bilanzierung gibt es naturgemäß nicht, ist doch jedes Unternehmen je nach Branche und Geschäftsmodell unterschiedlichen Themen ausgesetzt. Folglich ist eine individuelle Beurteilung durch die Unternehmen für die Abschlusserstellung erforderlich. Ein gemeinsamer Nenner findet sich jedoch im allgemeinen Gebot erhöhter Transparenz in Bezug auf Erwartungen an die Zukunft, diesbezügliche Risiken und dahinter liegende Annahmen.

Auswirkungen auf den Jahres- und Konzernabschluss

Die Bandbreite von etwaigen Bilanzierungsthemen, die bedingt durch die Umwelteinflüsse verstärktes Augenmerk bedürfen, reicht von der Going Concern-Beurteilung über Bewertungsthemen wie etwa Wertminderung finanzieller und nicht-finanzieller Vermögenswerte (Identifizierung und Bewertung von Wertminderungsbedarf, ECL-Berechnung, Fair-Value-Bewertung etc), Rückstellungen und belastende Verträge hin zu Ereignissen nach dem Bilanzstichtag. Durch den Kriegsausbruch können auch Themen wie Kontrollbeurteilung bei Tochterunternehmen für die Konsolidierung, Verfügungsbeschränkungen, aufgegebene Geschäftsbereiche oder Fremdwährungsumrechnung zusätzlich von Bedeutung sein.

Stets relevant und vielen Bilanzierungsthemen innewohnend sind zukunftsbezogene Annahmen, die für die Abbildung im Jahres- und Konzernabschluss getroffen werden müssen. Es ist evident, dass den Annahmen vor dem Hintergrund der dynamischen globalen Entwicklungen und den teilweise unklaren Folgen erhebliche Unsicherheiten anhaften, weshalb diesbezüglich noch mehr als sonst Transparenz und Nachvollziehbarkeit im Abschluss geboten sind.

Ein nicht zu vernachlässigender Faktor im aktuellen Geschäftsjahr spielt auch die aktuelle Inflationsentwicklung (die Inflationsrate im Euroraum wird bspw das EZB-Inflationsziel von 2,0 Prozent deutlicher übersteigen als bisher angenommen), die direkten Einfluss auf Unternehmen und deren Geschäftsmodell hat und deren Implikationen ebenfalls im Abschluss münden (zB Effekte auf Personalrückstellungen). In diesem Zusammenhang sei auch auf die signifikant hohe Inflationsrate der Türkei (die Marke von 100 Prozent der Veränderung der kumulierten Inflationsrate über einen Drei-Jahres-Zeitraum wurde zum 31. März 2022 mit 109,4 Prozent überschritten) hingewiesen. Die Türkei wird damit spätestens zum 30. Juni 2022 als Hochinflationsland gem IAS 29 eingestuft. Neben den Implikationen für türkische Unternehmen, können sich damit auch signifikante Accounting-Implikationen auf Konzernabschlüsse österreichischer Mutterunternehmen mit türkischen Tochter- oder sonstigen Beteiligungsunternehmen, deren funktionale Währung die türkische Lira ist, ergeben.

Aus den nicht abschließenden Aufzählungen wird deutlich, dass sich die globalen Entwicklungen direkt im Zahlenwerk der Unternehmen niederschlagen können, womit gleichzeitig einhergeht, dass auch das bloße Vorrollen von Anhängen und Lageberichten längst undenkbar geworden ist.

Auswirkungen auf den Lagebericht und die nichtfinanzielle Berichterstattung

Während im Anhang zum Jahres- und Konzernabschluss va der Fokus auf den Erläuterungen zum IST-Zahlenwerk liegt, ist im Lagebericht auf Geschäftsverlauf, die wirtschaftliche Lage und voraussichtliche Entwicklung und Risiken einzugehen. Die Erfüllung dieser Berichtspflichten erfordert ebenso eine unternehmensspezifische und sachgerechte Darstellung der aktuellen Entwicklungen und Auswirkungen, um eine nachvollziehbare und transparente Investorenkommunikation gewährleisten zu können.

Nicht zu vernachlässigen und nicht weniger Auswirkungen ergeben sich auch auf die nichtfinanzielle Berichterstattung. So können durch gesellschaftliche Verwerfungen als Folge der Pandemie oder des Krieges zusätzliche ökologische Risiken (wie Klimarisiken) oder soziale Risiken (Arbeitslosigkeit, Sicherheit etc) für Unternehmen bestehen. Die konsequente Aufarbeitung und Beurteilung von Ereignissen, auch hinsichtlich der nichtfinanziellen Berichterstattung ist unerlässlich, um diese Berichtspflicht (derzeit nach NaDiVeG; das Regelwerk für eine erweiterte Berichterstattung nach der sog „CSRD“ in zukünftigen Geschäftsjahren liegt vor1) zu erfüllen und gleichzeitig eine Konsistenz der Inhalte mit anderen Bestandteilen der Unternehmensberichterstattung zu gewährleisten. Die internationalen und nationalen Enforcement-Behörden werden dabei nicht müde zu betonen, dass die Konsistenz der Angaben einer ihrer Prüfungsschwerpunkte darstellt.

Unsichere Zeiten erfordern Agilität

Die sich laufend ändernden Rahmenbedingungen erfordern in vielen Funktionsbereichen einer Unternehmenslandschaft schnelles Reaktionsvermögen. Auch das grundsätzlich vergangenheitsorientierte (finanzielle) Rechnungswesen, welches vor einer immer engeren Verzahnung mit nichtfinanziellen Informationen steht, erfordert mehr denn je agiles Handeln, um auch in unsicheren Zeiten der Informationsfunktion nachkommen zu können. Agilität bedeutet im Zusammenhang mit der Unternehmensberichterstattung, dass die aus Sicht des Veröffentlichungsdatums jeweils aktuellsten verfügbaren Informationen über Einschätzungen der künftigen Entwicklungen und Risiken in die Unternehmensberichterstattung eingehen.

1 Vgl weiterführend dazu den Artikel „Einigung zur CSRD“ auf Seite 20.