EuGH: Roamingleistungen von Drittlandsanbietern

Tax News 03-05/2021

Tax News 03-05/2021

Kletterer

Der EuGH beschäftigt sich im Urteil vom 15. April 2021, SK Telecom (Rs C-593/19) mit der Verlagerung des Leistungsortes von Roamingleistungen aus dem Drittland in die EU, sofern ein im Drittland ansässiger Unternehmer die Leistungen an einem im Drittland ansässigen Kunden erbringt.

Die in Südkorea ansässige Mobilfunkgesellschaft SK Telecom erbrachte an ihre ebenfalls in Südkorea ansässigen Privatkunden Roamingleistungen eines österreichischen Mobilfunknetzes. Der österreichische Netzbetreiber stellte SK Telecom Gebühren zuzüglich 20 % österreichische Umsatzsteuer in Rechnung. SK Telecom verrechnete ihren Kunden Roaminggebühren. Der Antrag auf Vorsteuererstattung von SK Telecom wurde versagt, da sich der Leistungsort für die Roamingleistungen laut österreichsicher Finanzbehörde gem VO BGBl II Nr 383/2003 idF BGBl II Nr 221/2009 basierend auf Art 59a MwStSyst-RL aus dem Drittland nach Österreich verlagert, da die Roamingleistungen als Nutzung und Auswertung in Österreich zu qualifizieren sind und die erbrachten Leistungen keiner der inländischen Umsatzsteuer vergleichbaren Steuerbelastung im Drittland unterliegen. Das BFG folgte dieser Rechtsansicht nicht und lies den Vorsteuererstattungsantrag mit der Begründung zu, dass die VO BGBl II Nr 383/2003 idF BGBl II Nr 221/2009 zu weit gefasst ist und eine Leistungsortverlagerung nur bei in der EU ansässigen Kunden möglich ist. Der VwGH ist der Rechtsansicht des BFG nicht gefolgt und bejahte die Unionsrechtskonformität der österreichischen VO. Letztlich wandte sich das BFG an den EuGH.

Der EuGH prüfte die Frage, ob gem Art 59a MwStSyst-RL Roamingleistungen eines Drittlandsunternehmer, die an seinen ebenfalls im Drittland ansässigen Kunden erbracht werden, der sich vorübergehend in einem Mitgliedstaat aufhält und das dortige nationale Mobilfunknetz nutzt, als Dienstleistungen zu qualifizieren sind, deren „tatsächliche Nutzung oder Auswertung“ in diesem Mitgliedstaat erfolgt, wenn die Roamingleistungen im Drittland keiner der Mehrwertsteuer vergleichbaren Besteuerung unterliegen.

Eingangs führt der EuGH aus, dass Art 59a MwStSyst-RL keine Voraussetzung in Zusammenhang mit der Aufenthaltsdauer in der EU für im Drittland ansässige Personen vorsieht. Im Ausgangsfall ist daher zu prüfen, ob die Roamingleistungen – die als selbständige Leistungen zu beurteilen sind – tatsächlich in Österreich genutzt oder ausgewertet werden. Laut EuGH ergibt sich bereits „aus der Natur“ der Roamingleistungen, dass die tatsächliche Nutzung oder Auswertung „notwendigerweise“ in dem Mitgliedstaat erfolgt, in dem sich die Kunden von SK Telecom vorübergehend aufhalten. Hinsichtlich der Voraussetzung für die Anwendung von Art 59a MwStSyst-RL, dass Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrungen vermieden werden müssen, stellt der EuGH – den Schlussanträgen des Generalanwaltes Saugmandsgaard Øe folgend – fest, dass die steuerliche Behandlung der Dienstleistungen in den Mitgliedstaaten zu beurteilen ist. Das Recht des Drittlandes ist nicht zu berücksichtigen. Die von SK Telecom erbrachten Roamingleistungen sind daher in Österreich steuerbar und steuerpflichtig.

Anmerkung:

Der EuGH ist im Ergebnis den Schlussanträgen des Generalanwaltes gefolgt, hat sich aber in seinen Ausführungen insbesondere zur Auslegung der Begriffe „Nutzung oder Auswertung“ sehr kurz gehalten. Roamingleistungen werden in dem Staat genutzt oder ausgewertet, in dem sich der Kunde vorübergehend aufhält. Doppelbesteuerung, Nichtbesteuerung oder Wettbewerbsverzerrungen ist nach dem Recht der Mitgliedstaaten, nicht des Drittstaates zu prüfen.